Ivanhoe
Templer allein mit seinem Arme zum Ende zu bringen. Fast wider seinen Willen Hab ich ihn hierher begleitet.«
»Wie steht es in York? Werden uns die Rebellen Widerstand leisten?«
»Nicht mehr als der Dezemberschnee der Julisonne. Sie sind auseinandergegangen und kein anderer Bote kam, uns diese Kunde zu überbringen als Prinz Johann selber.«
»Der elende freche Verräter!« rief Ivanhoe. »Hat ihn Richard ins Gefängnis werfen lassen?«
»Nein, er ist ihm begegnet, als ob sie sich nach einem Jagdausflug träfen. Er deutete auf sich und seine Bewaffneten und sagte: »Bruder, du siehst mich hier mit ein paar ergrimmten Gesellen, es wäre wohl besser, du gingst zu unserer Mutter, versichertest sie meiner Kindesliebe und bliebest dort, bis sich die Gemüter beruhigt haben.«
Aus den nun folgenden gerichtlichen Untersuchungen interessiert den Leser nur, daß Moritz de Bracy über die See entkam und unter Philipp von Frankreich Dienste nahm, daß Philipp von Malvoisin und sein Bruder Albert, Präzeptor von Templestowe, hingerichtet wurden, obgleich Waldemar Fitzurse, der doch die Seele der Verschwörung gewesen war, mit Verbannung davonkam und Prinz Johann, für den die Verschwörung unternommen worden war, nicht einmal Vorwürfe von seinem gutmütigen Bruder erhielt.
Trotzdem bedauerte niemand das Schicksal der beiden Malvoisins, die ihren Tod wohl verdient hatten, durch manche Untat der Grausamkeit, Falschheit und Tyrannei.
Kurz nach diesen Geschehnissen wurde Cedric der Sachse an den Hof Richards entboten, nach York, wohin der Monarch seine Residenz verlegt hatte, um diese Grafschaft, die der Ehrgeiz seines Bruders aufgewiegelt hatte, zu beruhigen. Cedric seufzte und schüttelte wiederholt den Kopf, aber er folgte dem Rufe. Richards Rückkehr hatte alle seine Hoffnungen auf die Wiederherstellung der sächsischen Dynastie zerstört. Wenn sich die Sachsen auch früher von einem Bürgerkrieg Erfolg hatten versprechen können, so war es doch klar, daß unter der unbestrittenen Herrschaft Richards nichts unternommen werden konnte. Er war wegen seiner persönlichen guten Eigenschaften und seines kriegerischen Ruhmes bei dem Volke beliebt, obgleich seine Regierung oft zu sorglos und oberflächlich, bald zu despotisch, bald wieder zu nachsichtich und mild war. Wenn sich nun auch Cedric noch gegen die Erkenntnis sträubte, so mußte er doch einsehen, daß sein Plan, die Sachsen wieder zu vereinen, indem er Athelstane mit Rowena vermählte, jetzt nicht mehr auszuführen war, weil eben die beiden betreffenden Personen nicht damit einverstanden waren. Diese Wendung hatte er bei seinem Eifer für die Sache der Sachsen nicht vorausgesehen; und als endlich die beiderseitige Abneigung Athelstanes und Rowenas offen und deutlich zutage trat, da war es ihm unbegreiflich, daß sich zwei Sachsen aus königlichem Blute ihrer Verbindung widersetzen konnten aus rein persönlichen Gründen, während doch für das Wohl der Nation, für die Sache des Volkes eine solche Verbindung ein Segen gewesen wäre. Aber es war nichts daran zu ändern. Rowena ihrerseits hatte nie ein Hehl aus ihrer Abneigung gegen Athelstane gemacht, nun äußerte aber auch Athelstane fest und bestimmt, daß er nie Ansprüche auf die Hand der Rowena erheben werde. Selbst die eingewurzelte Starrsinnigkeit Cedrics konnte gegen diese Hindernisse nichts ausrichten. Wenn er auf der Verbindung hätte bestehen wollen, so wäre ihm nichts andres übrig geblieben, als das widerstrebende Paar, an der einen Hand den Mann, an der anderen die Frau, zum Altar zu schleppen.
Trotzdem hatte er noch einen letzten energischen Versuch mit Athelstane machen wollen, und er fand diesen wiederauferstandenen Sproß des sächsischen Königshauses in einen heftigen Streit mit der Geistlichkeit verwickelt. Wie es schien, hatte nach seinen Drohungen, den Abt von St. Edmund umzubringen, teils infolge der trägen Gutmütigkeit seiner Natur, teils infolge der Bitten seiner Mutter, die es wie alle Damen der damaligen Zeit mit der Geistlichkeit hielt, seine Rachsucht sich daran ein Genüge sein lassen, daß der Abt und seine Mönche drei Tage bei magerer Kost in die Gefängnisse von Conningsburgh gesperrt wurden. Wegen dieser Grausamkeit drohte der Abt, ihn zu exkommunizieren, und er setzte eine große Liste von den Leiden und Beschwerden auf, an denen er und seine Getreuen in Magen und Eingeweiden seit der tyrannischen Einkerkerung krankten. Auf diesen Streit und die Mittel und Wege, die er
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