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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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hätte ein Stück von Front- de-Boeufs versteinertem Herzen!«
    Während ihm solche Erwägungen durch den Sinn gingen, erklang plötzlich jenes Horn, das mit weitschallendem, kühnem Klange auch die anderen Bewohner des Schlosses geschreckt hatte und störend in die Pläne der Habsucht und Wollust eingriff. 

Einundzwanzigstes Kapitel.
    Während dieses in den andern Teilen des Schlosses vorging, erwartete die Jüdin Rebekka ihr Schicksal in einem hohen, abgelegenen Turme. Sie war von zwei verkleideten Räubern geführt worden und fand in der kleinen Zelle eine alte Frau, die ein sächsisches Lied vor sich hinmurmelte, zu welchem ihre auf dem Boden tanzende Spindel den Takt gab. Die Alte erhob ihr Haupt, als Rebekka eintrat, und sah die schöne Jüdin mit dem feindseligen Blick an, wie ihn Alter und Unglück auf Jugend und Schönheit zu werfen pflegen. –
    »Du mußt fort von hier, alte Unke,« sagte einer der Männer, »unser edler Herr befiehlt es, und dieses Gemach einem schönern Gaste überlassen.« –
    »So werden treue Dienste belohnt,« schrie die Alte, »ich weiß die Zeit, wo mein Wort den besten Mann in Waffen aus Sattel und Dienst gehoben hätte und nun muß ich fort auf den Befehl eines Flegels, wie du bist.«
    »Gute Frau Urfried,« sagte der Mann,«sprich nicht darüber, sondern steh auf und packe dich. – Unsers Herrn Gebote müssen schnell erfüllt werden. Du hast deine Zeit gehabt, alte Dame, doch deine Sonne ist längst untergegangen. Du hast zu deiner Zeit einen guten Schritt gehabt, aber jetzt kannst du nur humpeln. Komm, humple mit mir.«
    »Mögen Euch die Hunde zerreißen,« sagte die Alte, »und ein Hundestall euer Grab werden. Der böse Zernebock soll mir Glied für Glied zerreißen, wenn ich diese Halle verlasse, bis ich den Hanf von meinem Rocken abgesponnen habe.«
    »Verantworte es vor unserm Herrn, alter Hausdrache,« sagte der Diener und ging. Rebekka blieb mit dem alten Weib, in dessen Gesellschaft man sie so unfreundlich gezwungen hatte, allein. »Welche Teufelstat haben sie nun vollbracht?« sagte die Alte vor sich hin, indem sie der Jüdin von Zeit zu Zeit einen boshaften Blick zuwarf; »es ist leicht zu erraten. – Glänzende Augen, schwarze Locken, eine Haut weiß wie das Papier, ehe es der Schreiber mit Tinte färbt – ja, es ist leicht zu erraten, warum sie die in den einsamen Turm sperren, wo ein Schrei so wenig gehört wird, wie fünfhundert Klafter tief unter der Erde. Du wirst Eulen zu Nachbarn haben, meine Schöne; ihr Geschrei wird ebenso weit hin klingen, als das deine und ebenso beachtet werden. – Ausländisch obendrein,« setzte sie hinzu, Rebekkas Kleidung und Turban bemerkend. »Aus welchem Lande bist du? – eine Sarazenin? eine Ägypterin? – Warum antwortest du nicht, kannst du nur weinen und nicht reden.«
    »Zürne mir nicht, gute Mutter,« sagte Rebekka.
    »Du brauchst nicht mehr zu sagen,« sagte Urfried, »den Fuchs erkennt man an der Spur, die Jüdin an der Sprache.«
    »Um der ewigen Barmherzigkeit willen,« rief Rebekka. »Was wird das Ende der Gewalttätigkeit sein, die mich hierher führte? Will man mir, um meines Glaubens willen, das Leben nehmen, so will ich es hingeben.«
    »Dir das Leben nehmen, Schätzchen?« antwortete die Alte, »was könnte ihnen das für ein Vergnügen machen? – Verlasse dich darauf, dein Leben ist nicht in Gefahr. Man wird dich so behandeln, wie man einst eine edle Sachsentochter behandelt hat; eine Jüdin, wie du, darf sich nicht beklagen, daß es ihr nicht besser geht, sieh mich an. – Ich war so jung und noch einmal so schön wie du, als Front-de-Boeuf, der Vater dieses Reginald mit seinen Normannen das Schloß stürmte. Mein Vater und seine sieben Söhne verteidigten ihr Erbteil von Stufe zu Stufe, von Gemach zu Gemach, da war kein Zimmer, keine Treppe, wo nicht Blut floß. Sie fielen bis auf den letzten Mann, und ehe ihre Leichname erkalteten und ihr Blut erstarrte, war ich schon eine Beute und der Spott des Siegers geworden.«
    »Ist denn keine Hilfe möglich? kein Mittel zur Flucht?« fragte Rebekka; »ich wollte deinen Beistand reichlich vergelten.«
    »Denke nicht an die Flucht,« sagte die Alte, »von hier ist kein Ausweg, als durch die Pforten des Todes, und es wird spät, spät,« setzte sie, das graue Haupt schüttelnd, hinzu, »ehe sie sich uns auftun; doch es tröstet mich, daß die, so wir auf der Erde zurücklassen, ebenso elend sind, als wir selbst. Leb wohl, Jüdin! – Jüdin oder Heidin, dein

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