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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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de Bracy das Urteil hinnehmen, das Ihr von ihm erwartet.«
    »Ich kenne Euch nicht, Sir,« antwortete die Lady, allen Stolz der Schönheit und des gekränkten Ansehens zu ihrer Waffe aufbietend, »und die unanständige Vertraulichkeit, mit der Ihr mich im Tone eines Troubadours anredet, dient schlecht zur Entschuldigung der Gewalttat, die Ihr als Räuber an mir verübtet.«
    »Es ist in der Tat ein Unglück für mich, daß Ihr mich nicht kennt, aber ich darf hoffen, daß der Name de Bracy nicht ungenannt geblieben ist, wo Minnesänger und Herolde ritterliche Taten gepriesen haben, Heldentaten im Turnier wie auf dem Schlachtfelde.«
    »So überlaßt es nur den Minnesängern und Herolden,« versetzte Rowena, »Euern Ruhm zu singen, es ziemt sich nicht für Eure eigenen Lippen. Aber sagt mir doch, wer von den Sängern soll den hervorragenden Sieg der letzten Nacht besingen, einen Sieg über einen alten Mann, der von ein paar furchtsamen Dienern begleitet war, und über ein unglückliches Mädchen, das mit Gewalt in das Schloß eines Räubers geschleppt worden ist?«
    »Ihr seid ungerecht, Lady Rowena,« antwortete der Ritter, indem er sich verwirrt auf die Lippen biß und einen Ton annahm, der ihm besser stand als die erkünstelte Galanterie, in der er bisher geredet hatte, »Ihr seid frei von Leidenschaft, und habt deshalb weder Verständnis noch Entschuldigung für den Wahnsinn eines anderen, selbst wenn ihn Eure eigene Schönheit hervorgerufen hat.«
    »Ich bitte Euch, Herr Ritter,« fiel ihm Rowena ins Wort, »befleißiget Euch doch nicht eines Tones, der so gemein bei herumziehenden Minnesängern geworden ist, daß sich ein Edelmann seiner nicht mehr bedienen sollte! Wie mögt Ihr solche faden Albernheiten aussprechen, von denen jeder Bänkelsänger so viel besitzt, daß er von heute bis Weihnachten damit ausreichen kann!«
    »Stolze Lady,« antwortete de Bracy, ergrimmt darüber, daß ihm seine Artigkeit nur Verachtung eintrug, »ich will dir ebenso stolz entgegentreten. Wisse denn, ich habe meine Ansprüche auf deine Hand in der Art geltend machen wollen, die meinem Charakter am meisten zusagt. Dir aber ist es lieber, wenn mit Bogen und Schwert um dich geworben wird, als mit sanfter Rede und in wohlgewählten Worten.«
    »Artige Worte,« versetzte Rowena, »die nur dazu dienen, die Gemeinheiten eines Räubers zu bemänteln, sind wie der Gürtel eines Ritters um die Brust eines Bauern. Hättet Ihr doch lieber die Sprache und die Kleidung des Räubers beibehalten, als daß Ihr die Taten des Räubers durch gezierte Rede und galantes Wesen verschleiern wollt.«
    »Euer Rat ist gut, Lady,« sagte de Bracy, »ich sage Euch denn daraufhin, Ihr werdet nie dieses Schloß verlassen, denn als Gattin des Moritz de Bracy. Auf welche andere Weise hättet Ihr wohl je Gelegenheit erhalten, zu hoher Ehre zu gelangen oder in fürstlichen Rang erhoben zu werden, als durch eine Verbindung mit mir? Wie hättet Ihr sonst aus Eurer niedrigen Umgebung eines Bauernhofes herauskommen sollen, wo Sachsen ihre Schweine hüten, die ihren Reichtum ausmachen? Wie hättet Ihr sonst einen Platz da erringen sollen, wohin Ihr gehört, in der Mitte derer, die in England die ersten an Schönheit und Rang sind?«
    »Herr Ritter,« versetzte Rowena, »das Bauernhaus, das Ihr verachtet, ist seit Kind auf meine Heimat gewesen, und wenn ich es je verlasse, so nur an der Hand eines Mannes, der das Haus und die Sitten, in denen ich groß geworden bin, nicht verachtet.«
    »Ich weiß wohl, was Ihr denkt, Lady,« antwortete de Bracy, »wenn Ihr mir vielleicht auch nicht soviel Scharfsinn zutraut. Bildet Euch nicht ein, daß Richard Löwenherz je wieder zu seinem Throne zurückkehren werde oder daß Wilfried von Ivanhoe Euch als seine Braut dem Könige vorstellen werde, dessen Liebling er ist. Diese Eure Neigung ist kindisch und hoffnungslos, denn wißt, dieser Nebenbuhler ist in meiner Gewalt, und ich brauche nur zu verraten, daß er mit unter den Gefangenen ist, so würde ihm der Haß eines Front-de-Boeuf gefährlicher werden als meine Eifersucht.«
    »Wilfried hier?« rief Rowena, indem sie sich zu gleichgültigem Tone zwang. »Das ist eine Lüge. Doch wenn es wahr sein sollte, weshalb sollte ihn Front-de-Boeuf hassen oder was hätte er anderes zu befürchten als eine kurze Gefangenschaft und die Hinterlegung eines ehrenvollen Lösegeldes, wie es die Sitte der Ritterschaft fordert?«
    »Wißt Ihr nicht, schöne Rowena, daß unser Wirt Front- de-Boeuf jeden

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