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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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glühendem Eisen und siedendem Öl?«
    »Nichts frag ich danach!« schrie der Jude, den die Vaterliebe in Verzweiflung trieb. »Tu dein Ärgstes!« Meine Tochter ist mein Fleisch und Blut und mir tausendmal teurer als diese Glieder, die du grausam bedrohst. Kein Silber will ich dir geben, ich könnte es dir denn in geschmolzenem Zustande in den geizigen Hals träufeln. – Nein, nicht einen Silberling will ich dir geben, Nazarener, und könnte ich dich damit erretten von der ewigen Verdammnis, die dir dein ganzes Leben gesichert hat. Nimm mein Leben, wenn du willst, und sieh, wie ein Jude inmitten seiner Qualen noch einen Christen verachtet!«
    »Das wollen wir sehen!« rief Front de-Boeuf. »Denn bei dem heiligen Kreuze, das der Abscheu deiner Rasse ist, du sollst die schärfste Folter erleiden, die sich durch Feuer und Stahl schaffen läßt. – Entkleidet ihn, Sklaven, und legt ihn auf den Rost!«
    Die Sarazenen machten sich ans Werk, als vor dem Schlosse ein zwiefaches Hornsignal erklang. Der Ton drang selbst bis in den Kerker, und gleich darauf riefen laute Stimmen nach Front-de-Boeuf. Dieser wollte sich nicht über seiner höllischen Beschäftigung antreffen lassen und gab den Sklaven ein Zeichen, daß sie dem Juden die Kleider wieder zuwerfen sollten, dann ging er mit ihnen hinaus.
    Isaak war allein, er konnte nur Gott danken für die Errettung aus der Not oder jammern über das voraussichtliche Schicksal seiner Tochter, ob nun seine persönlichen oder seine väterlichen Gefühle stärker sein mochten.

Zwanzigstes Kapitel.
    Das Gemach, wohin Lady Rowena geführt wurde, zeigte Spuren von roher Pracht und rohem Zierat, und es ließ sich wohl für einen besonderen Beweis von Achtung und Wohlgemeintheit ansehen, daß man ihr hier ihren Aufenthalt angewiesen hatte. Front-de-Boeufs Gemahlin, für die man dieses Gemach anfangs hergerichtet hatte, befand sich längst nicht mehr unter den Lebenden. Das bißchen Zierat, mit dem sie es geschmückt hatte, war längst in Staub zerfallen oder vergessen. An den Wänden hingen stellenweise die Tapeten in Fetzen, stellenweise waren sie vom Sonnenlichte verblichen, stellenweise durch den Zahn der Zeit zerstört. Aber so verfallen auch das Gemach war, so hielt man es doch für das beste im Schlosse und für am besten geeignet zur Aufnahme der sächsischen Erbin. Hier konnte sie, während die Darsteller dieses schlimmen Dramas die Rollen unter sich verteilten, über das ihr vom Schicksal verhängte Los grübeln. Diese Verteilung der Rollen geschah in einem Kriegsrate, der von Front-de-Boeuf, de Bracy und dem Tempelritter gehalten wurde. Es setzte, ehe über die verschiedenen Vorteile, die jedem von ihnen aus diesem kühnen Unternehmen anheimfallen sollten, schlimmen Streit, der auch so bald nicht geschlichtet wurde. Aber endlich wurde durch sie festgesetzt, welches das Schicksal ihrer unglücklichen Gefangenen sein sollte.
    In der Mittagsstunde erschien de Bracy, zu dessen Gunsten im Grunde das Unternehmen ins Werk gesetzt worden war, bei Lady Rowena, um seine Ansprüche auf ihre Hand geltend zu machen. Die Zwischenzeit hatte de Bracy nicht ausschließlich zu diesem gemeinsam mit seinen Bundesgenossen gehaltenen Kriegsrate verwendet, sondern auch dazu, sich dem Geschmack der Zeit gemäß herauszuputzen. Sein grüner Jagdrock und seine Larve waren verschwunden und in langen zierlichen Flechten hing sein reiches Haar auf den reich verbrämten Rock nieder. Sein Bart war sorgfältig gestutzt. Das Wams reichte bis halb über die Schenkel, und der Gürtel, an dem ein Schwert hing, war mit reicher Goldstickerei verziert. Die Schuhe waren, der abenteuerlichen Form jener Zeit entsprechend, lang, absonderlich gedreht und gekrümmt wie die Hörner eines Widders. Diese Kleidung eines Gecken der damaligen Zeit wurde in ihrer auffallenden Vornehmheit durch eine hübsche Gestalt und ein geziertes Benehmen noch unterstützt. Er nahm zum Gruße das Sammetbarett ab und lud die Lady in artigen Worten ein, Platz zu nehmen. Als sie stehenblieb, zog er den rechten Handschuh aus und wollte sie zu einem Sessel führen, aber Rowena lehnte durch eine Handbewegung diese Höflichkeit ab.
    »Wenn ich mich in der Gewalt meines Kerkermeisters befinde,« sagte sie, »und den Umständen nach kann ich gar nichts anderes annehmen, so kommt es einer Gefangenen zu, ihr Urteil stehend anzuhören.«
    »Schöne Rowena,« entgegnete de Bracy, »Ihr steht vielmehr vor Euerm Gefangenen, und von Euern schönen Augen wird

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