Jack vs Chris
aus.
Töten mit dem Effekt, publik, jedoch niemals erwischt zu werden.
Ich kann verstehen, dass sie weg will, dieser Engel mit dem haselnussbraunen Haar. Es erinnert mich an etwas, an jemanden, lange ist es her. Ihre Augen waren hellbraun, genau wie ihr Haar. Das Lächeln gutmütig und mit einer Spur von Anstrengung versehen. Einst nannte ich sie Mutter, bis man es mir verbat.
Meine Gedanken schweifen ab, das ist nicht gut. Volle Konzentration! Die tosende See wartet auf mich.
Freitag, der einzige Tag, an dem man Caracasa allein lässt, wenn auch nur zum Frisör und in ein Café. Dort trifft sie sich zum Brunch mit Freundinnen, auch wenn ich bezweifle, dass es ihre sind. Gerade Mitte zwanzig, ist ihr Mann fast doppelt so alt. Eine geschäftliche Beziehung, aus der sie entfliehen will und ich werde ihr behilflich sein. Soll sie mir nur einen Moment schenken, einen Augenblick auf dem See mit dem tobenden Sturm.
Meine Maskerade steht, als Fahrer trete ich hier auf und weiß, es wird keiner merken. Ich bin perfekt in meinem Handwerk und weiß es zu beherrschen.
Der schwarze Jeep hält vor dem Salon, als Caracasa gerade nach draußen tritt. Verwundert sieht sie zu mir, dem Fahrer, und seufzt schwer, bevor sie einsteigt.
Gut erzogen, verschwiegen und folgsam, ja, so müssten alle Frauen sein.
Ich lenke den Wagen aus der Stadt heraus, sehe Caracasas Blick im Rückspiegel. Ihre Stirn in Falten gelegt sieht sie den näherkommenden Wald.
Doch es kommt kein Wort über ihre Lippen, was mir ein Lächeln beschert.
Eine halbe Stunde lenke ich den Jeep durch den Wald, bis ich stoppe und wortlos von meinem Gast fordere, auszusteigen.
Die zarte Gestalt gleitet in dem weißen Kleid aus dem Auto und sieht sich irritiert um. Ihr Blick bleibt an mir hängen, und dann scheint es ihr erst bewusst zu werden.
„Folge mir!“, fordere ich nun doch mit Worten.
Alles habe ich vorbereitet, lediglich zwei Tage dafür benötigt.
Eine kleine Waldhütte heißt uns Willkommen. Das Feuer im Kamin knistert vor sich hin, die recht kühle Waldluft wird von der Wärme der Hütte draußen gehalten. Schweigend folgt mir Caracasa, auch wenn sie immer wieder die Stirn runzelt.
Nicht mehr lange wird das Leid ihr Leben beherrschen. Ich werde sie erlösen, schnell, nicht qualvoll, wenn sie mir nur einen Augenblick schenkt.
Drei Stunden sitzen wir uns nun gegenüber, die Sonne steht am höchsten Punkt. Wieso sieht sie mich nicht mit diesem gewissen Blick an? Das Einzige, was ich sehe, ist Furcht, Nervosität und dieser hilfesuchende Blick.
„Sieh mich noch einmal so an!“, fordere ich sie rau auf.
Ihr Körper zuckt zusammen, die Muskulatur verspannt und ihr Blick trägt nichts, außer Furcht. „Wie?“, haucht sie mit ihrer zarten, melodischen Stimme.
„Ich möchte den Sturm sehen, wie bei unserem ersten Augenkontakt!“, erkläre ich ungehalten und zerre sie auf die Beine.
„Ich bat um Hilfe, trug keinen Sturm in mir! Ihr müsst euch täuschen!“, wagt Caracasa mir zu widersprechen.
Ich habe mich noch nie getäuscht, weiß um meine Wahrnehmung und was ich gefühlt habe. „Hilfe? Die wirst du erhalten, denn ich habe dich aus deinem Gefängnis befreit und du wirst nur dahin zurückkehren, wenn ich das will. Zeig mir den Sturm in der See!“ Eindringlich versenke ich den Blick in ihren.
Meine Hände umfassen ihr Gesicht, während sie versucht mir zu entkommen. Ob meiner Berührung, oder doch nur meinem Blick, vielleicht auch beidem, kann ich nicht sagen. Es fühlt sich an wie ein Tanz, wir drehen uns im Kreis.
Erinnerung, der See ist vor mir, der Sturm wirbelt umher. Das Herz schlägt hart in meiner Brust und verlangt nach mehr. Will hineintauchen, mich in den Sturm stürzen und darin versinken. Ein Hauch ist es, der meine Lippen trifft.
Geschockt öffnen sich meine Augen, die sich ungewollt geschlossen haben, und erfassen die Situation. Meine Lippen schweben über denen von Caracasa. Ihre blauen Augen, des Schockes wegen geweitet, blicken mich an. Blau, es ist ein einfaches Blau, kein See, kein Sturm.
Langsam gleitet meine Hand in die Gesäßtasche, findet dort ein Klappmesser. Ihre Lippen gespannt, zum Sprechen bereit, die Augen weiterhin groß, dringt das Messer in ihre Brust ein.
„Ich habe mich geirrt!“, entfährt es mir, als sie den letzten Atemzug in ihre Lungen saugt und in meinen Armen zusammensackt.
Sie hat ihn mir nicht geschenkt, nicht einmal einen Augenblick dieser Gefühle
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