Jagt das rote Geister-Auto!
wissen Sie, paßte so gut auf Zeckel, daß wir dachten: Fragen
wir ihn mal. Nun, er war’s. Aber er schwimmt in der Reue wie Rindfleisch in der
Suppe. Beinahe hätte er geheult — so furchtbar wurmt ihn das Gewissen. Nur mit
der Sicherstellung der Beute ist es nichts. Die hat er angeblich verloren.“
„Nicht angeblich“, schnappte Zeckel, „sondern
echt. Sie können ja Haussuchung bei mir machen, Herr Kommissar.“
Glockner sah die Jungs an und
unterdrückte ein Lächeln.
„Hm, eigentlich sollte ich euch... Aber
es ist ja gutgegangen. Setzen Sie sich auf den Stuhl dort, Zeckel. Sie geben
also zu, daß Sie Frau Heinze beim Central-Kino überfallen haben?“
Zeckel nickte. „Ja, habe ich. Es kam
plötzlich über mich. Ich hatte Schnaps getrunken aus der Taschenflasche. Ich
war verwirrt. Ich bin nicht verantwortlich für meine Tat. Da gibt es doch
mildernde Umstände, nicht wahr?“
„Ihre Tat ist ein schwerer Raubüberfall“,
erwiderte Glockner. „Mit Freiheitsberaubung. Erheblicher Sachschaden ist
entstanden, falls Frau Heinzes Eigentum sich nicht noch findet. Und dazu Ihre
Vorstrafen. Zweimal waren Sie bereits flüchtig. Vorigen Sommer wollten Sie sich
ins Ausland absetzen, um Ihrer Haftstrafe zu entgehen. Das bedeutet, daß ich
sie jetzt hierbehalten muß. Sie bleiben in Untersuchungshaft. Vorläufig. Aber
jetzt erzählen Sie mal.“
Zeckels Wulstlippen zuckten. Er sah
Marga Heinze an.
„Es tut mir leid“, murmelte er. „Ehrlich!
Gegen Sie persönlich habe ich ja nichts. Aber... ach, ich weiß auch nicht.
Vielleicht bin ich nicht ganz dicht. Also, Herr Kommissar, es war so...“ Er
räusperte sich.
„Ich lauerte in der Einfahrt zum Hof.
Als die Frau vorbeikam, habe ich sie hinterrücks gepackt. Äh... auf den Hof
habe ich sie gezerrt und ihr den Mund zugehalten. Einen Klebstreifen habe ich
draufgepappt — auf den Mund — und sie dann beraubt. Die Armbanduhr habe ich
genommen, zwei Ringe und die Krokus-Tasche. Dann habe ich zu ihr, der Frau,
gesagt...“ Er laberte. Ab und zu sah er Frau Heinze an. Glockner hatte sich
zurückgelehnt und hörte zu.
Tim schob die Brauen zusammen.
Irgendwas störte ihn an dem Bericht. Erst als Zeckel fast fertig war, dachte
Tim: Das ist es! Er ist so bescheuert, daß er keine eigenen Worte findet. Er
benutzte meine, sogar meine Sätze, nur daß er’s aus seiner Sicht schildert.
Würde ich an seiner Stelle reden, wäre es kein Unterschied. Na ja, Zeckel ist
eben so wenig von der Bildung gestreift, daß er sich sprachlich nicht auf
eigene Füße stellen kann. Kommt davon, wenn man nur als Zoffie rumhängt und die
Kneipen bevölkert.
Während später alles zu Protokoll
genommen wurde, warteten Frau Heinze und die TKKG-Bande in einem Nebenraum.
Tim spürte, wie die Peinlichkeitsröte
ihm ins Gesicht stieg — so überschwenglich bedankte sich die Frau.
„Ihr müßt mir versprechen“, bat sie, „daß
ihr mich morgen besucht. Morgen nachmittag, ja? Und zwar in der Firma, wo ich
arbeite. Mein Chef hat Verständnis, wenn ich euch rumführe und alles zeige. Ich
bin Chefsekretärin. Es ist eine Fertighaus-Firma. Bruchseidl und Co. Kennt ihr,
ja. In der Megapet-Allee. Wir sind das größte Unternehmen auf dem Markt.“
„Gibt’s dort eine Kantine?“ fragte
Klößchen. „Wo man Schoko-Torte und Kakao kriegt? Wenn ja, dann können Sie mit
mir rechnen, Frau Heinze.“
4. Karl und das Geisterauto
Der Nebel zog sich zusammen, hüllte die
Großstadt ein, kroch über frühlingskahle Felder und Wiesen, erreichte die
Dörfer und sorgte dafür, daß auf den Autobahnen ringsum alles im Schritt fuhr —
ausgenommen die lebensmüden Raser mit ihrem Spatzengehirn im Oberstübchen und
dem heißen Ofen unter der Sitzfläche.
Die TKKG-Bande beendete den Tag.
Gaby blieb bei ihrem Vater, der sie und
ihr Klapprad im Wagen nach Hause brachte.
Zeckel saß in einer Zelle und konnte
nachdenken über seine Schlechtigkeit.
An der Ecke, wo die Wege sich trennten,
winkte Karl seinen Freunden zu und rief: „Gute Nacht! Bis morgen! War wieder
Spitze. Schöne Alpträume, Willi! Träum mal wieder von Gaby, Tim, sonst ist sie
beleidigt.“
Klößchen erwiderte nichts. Das scharfe
Tempo kostete ihn all seine Puste.
Tim fuhr freihändig, weil am Kragen
seiner Windjacke der Reißverschluß klemmte, mit dem er beschäftigt war. Er rief
eine Antwort, lachend. Aber Karl war schon abgebogen auf seinen einsamen
Heimweg. Eine Nebelbank schob sich zwischen den Gedächtniskünstler und
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