Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles
Wege über den Ibañeta-Pass überquerten, ist vor allem dem geschickten Marketing der am Fuß des Ibaneta-Passes gelegenen Ortschaft Saint-Jean-Pied de Port zuzuschreiben, die nicht müde wurde, den preisgünstigen Luxus und die Vorteile ihres Pilgerhospizes anzupreisen.
Obgleich bei aufkommenden Zweifeln an der Echtheit einer Reliquie diese von den Pilgern des Mittelalters nicht länger aufgesucht wurde, galt dieses erstaunlicherweise nicht für Compostela. Triftige Gründe hierfür haben sich mir bis heute nicht erschlossen, obwohl mir bewusst ist, dass im Mittelalter ausgenommen der damals alles beherrschenden Furcht vor der Hölle (Heilsangst) die Beweggründe zur Jakobspilgerschaft ähnlich unseren heutigen gewesen sein dürften. Hinzukommen dürfte damals noch der Wissensdurst, der auf dem völkerübergreifenden Jakobsweg hinreichend gestillt werden konnte. „Reisen bildet“ oder „Wer eine Reise tut, kann was erzählen“ sagen wir heute noch.
Mit Erfindung des Buchdrucks und der dadurch ermöglichten raschen Verbreitung reformatorischer Gedanken, nach denen die Pilgerschaft nunmehr als eine rein geistige zuhause und nicht länger als eine körperliche, wegmäßige definiert wurde, kam die Jakobspilgerschaft in evangelisch gewordenen Gebieten zum Erliegen. Auch die Gegenreformation tat diesem keinen erheblichen Abbruch. So wurde z.B. im römisch-katholischen Österreich, Böhmen und Ungarn die Wallfahrt (Fränkisch: wallen= wandern) untersagt oder allenfalls nur innerhalb der eigenen Landesgrenzen zugelassen. Selbst das katholische Frankreich begann, das Pilgern ins Ausland durch Reglementierungen kräftig zu behindern. Vielleicht war der Niedergang der Jakobspilgerschaft und ihres Weges auch Ausfluss dessen, dass fast zeitgleich im Jahre 1492 a.d. unter den katholischen Königen Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon die Reconquista mit kampfloser Übergabe der letzten iberisch-maurischen Herrschaft Granada beendet und Amerika mit seinen Schätzen von Kolumbus bzw. Americus entdeckt worden war.
Dass die internationale Jakobsbewegung nunmehr allerdings um sehr vieles bescheidener bis in unsere Tage hinein fortbesteht, kann über den offenkundigen Verlust ihrer global völkerverständigenden Funktion (Aufkommen der Nationalstaaten) und damit eines gemeinsamen Bewusstseins aller Menschen des Abendlandes nicht hinwegtäuschen. In späteren Jahren wandte sich die Pilgergunst vor allem den neuen Marienverehrungsstätten Lourdes und Fatima zu. Auch veränderte sich in der Neuzeit die Art und Weise des Wallfahrens mit deren Motorisierung; das historische Pilgern auf seinen Wegen geriet hierbei in Vergessenheit.
Erst in jüngster Zeit haben sich die Menschen des Jakobsweges wieder erinnert und seine Bedeutung für sich selbst wiederentdeckt. So auch ich. Wie alle Pilger versuchte auch ich in mein Innerstes einzutreten, um den Schritten meines Unterwegseins durch Raum und Zeit einen Sinn zu geben, um mich in Verantwortung vor der Welt für das Jenseitige außerhalb des Erfahrbaren und Gegenständlichen zu öffnen und so die Vergänglichkeit und Bedeutungslosigkeit der Güter dieser Welt gegenüber dem letztendlich wahren Sinn unseres irdischen Daseins, der Suche nach Gott, erfahren zu können. Denn Paradies und Hölle können beides durchaus irdisch sein. Sie sind bei uns, wo immer wir auch hingehen.
Danksagung
Auch heute noch bin ich mir dessen bewusst, dass ich meine Pilgerreise ohne die Hilfe so vieler mir bekannter wie unbekannter Menschen nicht und vor allem nicht so zufrieden stellend realisieren hätte können, gleich, ob sie wohlwollend passiv oder tatkräftig aktiv, ob sie im Vorfeld, während meiner Wallfahrt selbst oder erst im Nachhinein erfolgten. So hatte mir mein Kollege z.B., der neben seinem Arbeitsgebiet auch meines vertretungsweise zu bewältigen hatte, nach Rückkehr an meinen Arbeitsplatz anerkennend mit den Worten auf die Schulter geklopft: „Gut gemacht, Herr Kollege!“ Bis auf einen einzigen Geschäftspartner hatten alle anderen verständnisvoll meinem persönlichen und überwiegend schriftlichen Ersuchen entsprochen, während meiner Abwesenheit sämtliche mich betreffende Bearbeitungsvorgänge soweit möglich bis zu meiner Rückkehr hintanzustellen, um so zur Arbeitsentlastung meines Vertreters beizutragen. Betreffend einer einzigen Beschwerde über meine obige Bitte erteilte mir mein Chef einen Anpfiff in Form eines sanftmütigen Hinweises, dass es so
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