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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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Whitefell House, Wiltshire, Frühjahr 1833

Kapitel 1

    »Du kannst schließlich nichts dafür, dass du so schrecklich aussiehst!« Das blonde, zwölfjährige Mädchen winkte ungeduldig mit der Hand. Was für ein begriffsstutziges, dummes Ding war dieses schmutzige Mädchen doch nur! Verstand sie denn nicht, dass sie mit ihr kommen sollte? Doch die Kleine zögerte weiterhin, zu schüchtern, auch nur den Blick zu heben. »Ich zeige dir auch meine schönste Puppe«, lockte Isobel listig. Sie würde das Mädchen schon noch dazu bringen, ihr zu folgen. Schließlich bekam sie fast immer ihren Willen. Das wäre ja gelacht!
    »Aber sie werden mich nicht hineinlassen!«
    Immerhin hatte sie nun endlich den Mund aufgemacht.
    »Unsinn! Wenn ich sage, du darfst hereinkommen, dann darfst du hereinkommen. Schließlich bin ich Isobel de Burgh.« Isobel reckte selbstbewusst das Kinn.
    »Ich weiß!«, die Kleine wagte nun einen vorsichtigen Blick auf die beeindruckende, in ein mit Spitzen und Schleifen versetztes weißes Kleid gewandete Gestalt des Mädchens vor ihr. »Ich habe dich schon öfter gesehen, wenn du draußen im Garten warst.«
    »Hast du mich etwa beobachtet?«, fragte Isobel mit gespielter Empörung. Insgeheim schmeichelte ihr der Gedanke, von den Landarbeiterkindern neidisch bewundert zu werden. Die Kleine sank förmlich in sich zusammen vor Scham. Offensichtlich hatte sie sie tatsächlich heimlich beobachtet. Schuldbewusst betrachtete das schmächtige Mädchen intensiv die Spitzen seiner mit Schlamm bespritzten Holzpantinen.
    »Du brauchst dich nicht zu schämen. Die anderen Kinder hier auf dem Gut machen das auch«, tröstete Isobel sie generös. »Aber nun komm endlich!«
    Eingeschüchtert setzte sich das Kind in Bewegung und trottete folgsam hinter Isobel her.
    »Wie heißt du eigentlich?«, fragte Isobel neugierig. Sie hatte das Mädchen noch nie auf dem Gut gesehen. Vielleicht war sie die Tochter des kürzlich neu eingestellten Feldpflegers ihres Vaters. Der alte Rapkin hatte sich im Winter zur Ruhe gesetzt und ihrem Vater den Mann als fleißig und vertrauenswürdig empfohlen. So war dieser Neue, Thomson hieß er wohl, erinnerte sich Isobel, aus dem Munde ihres Vaters gehört zu haben, mit Sack und Pack in das Haus vom alten Rapkin eingezogen, das eine dreiviertel Meile vom Herrenhaus entfernt auf den Besitzungen ihres Vaters stand.
    »Kathleen«, wisperte das schmutzige, unansehnliche Geschöpf, »aber daheim nennen mich alle Cathy.«
    »Und warum bist du so furchtbar schmutzig, Cathy?«, fragte Isobel nun mit leichtem Spott in der Stimme. »Hast du keine Mama, die dir sagt, dass du dich waschen sollst?«
    Cathy senkte einmal mehr schuldbewusst den Blick. »Nein«, stotterte sie, »meine Mama ist im Himmel. Sie ist vor vier Jahren gestorben, als unser Billie auf die Welt kam.«
    »Oh, das tut mir leid! Meine Mama ist auch schon lange tot«, meinte Isobel leichthin. Sie konnte sich an ihre Mutter, die wohl sehr schön gewesen sein musste, wenn sie den Erzählungen von Mrs Branagh Glauben schenken konnte, nicht erinnern. Sie war ein Jahr nach ihrer Geburt an einer Lungenentzündung gestorben. Isobels Vater, der ehrenwerte Mr Francis de Burgh, hatte daraufhin nicht erneut geheiratet. Ihre Mutter war bereits seine zweite Frau gewesen. Auch seine erste Frau war vorzeitig gestorben. Aus dieser Ehe war ein Sohn hervorgegangen, inzwischen erwachsen und Offizier bei der East-India-Trading-Company. Daniel war lange nicht mehr zu Hause gewesen. Er verstand sich nicht gut mit seinem Vater, der zwar kein herrisches Wesen hatte, aber zuweilen doch recht dickköpfig sein konnte. Nur ihr gegenüber zeigte sich der Vater ungewöhnlich nachgiebig und las ihr fast jeden Wunsch von den Augen ab. Ein Umstand, den Isobel durchaus für ihre Zwecke zu nutzen wusste.
    Inzwischen hatten die beiden Kinder die weitläufigen Gartenanlagen des Herrenhauses durchquert. Cathy blickte unsicher zu den Erkern und Türmchen des wuchtigen Gebäudes auf, das aus weißem Kalkstein erbaut in der Abendsonne des noch kühlen Frühlingstages aufleuchtete. Das Haus wirkte, obwohl sie nun schon Zeit gehabt hatte, sich an seinen Anblick zu gewöhnen, immer noch wie ein Märchenschloss auf sie. Und nun sollte sie es betreten? Sie wagte kaum zu hoffen, dass ihr dieser geheime und ebenso ungeheuerliche Wunsch erfüllt werden sollte. Sicher würde man sie davonjagen. Warum hatte sie sich auch nicht noch gesäubert, als sie beschlossen hatte, wieder einmal einen

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