Jakobsweg
einer relativ schlaflosen Nacht - es war unglaublich laut in Estella - Richtung Los Arcos gestartet. Ich bin kaum aus dem Bett gekommen, Höllenmuskelkater, kein Cafe, kein Frühstück. Bin, wie im "OUTDOOR" beschrieben, Richtung Ayegui gelaufen und davor in einer Tankstelle "eingekehrt" - ist doch mal was anderes als das "PINOS" in Sol de Mallorca - hihi. Der Cafe war der leckerste überhaupt, wahrscheinlich weil ich sooo lange keinen hatte. Hab mir ein Sandwich und Müsliriegel gekauft und plötzlich stand Martin aus Quebec wieder vor mir. Wir sind dann ein Stück zusammen gelaufen, aber für mich ist es tatsächlich besser, allein zu gehen!!
Meinen eigenen Rhythmus zu laufen und auch mal anzuhalten und zu schnaufen. Meist setze ich nur Schritt vor Schritt - Gedanken habe ich bisher nur sehr wenige. Sie drehen sich um alles mögliche, um diesen Weg und die unendlich scheinende Zeit, die ich habe, um ihn zu bewältigen.
Aber zurück: Ab Kloster "Santa Maria la Real Irache", das ist eine alte Benediktinerabtei, ist Martin dann allein weitergelaufen, aber erst nachdem wir uns gegenseitig vor dem Weinbrunnen der Bodegas Irache fotografiert haben. Es fließen Tinto und Agua in Strömen und umsonst. Die alte Bodega gehörte ursprünglich zur Abtei und die "neuen" Betreiber haben im Sinne benediktinischer Gastfreundschaft diesen Fuente de Irache installiert. Jeder Pilger auf dem Jakobsweg darf sich dort kostenlos bedienen. Ist das nicht eine tolle Idee?
Der Weg ab Ayegui ist wunderschön, man hat einen Blick über die gesamte Hochebene, sieht in der Ferne die Berge - endlich war das Wetter wieder einmal schön. Ich habe es genossen, zwischendurch immer mal angehalten und nur geschaut, die Landschaft auf mich wirken lassen. Und plötzlich ist mir klar geworden, wie viel Lärm nur ich ganz allein mache: meine Schuhe auf dem steinigen Weg, mein Pilgerstab, die Geräusche des Rucksacks, der sich bewegt, mein Atem. Und welche Ruhe herrscht, wenn man stillsteht. Unfassbar... Sicher ein Pluspunkt, wenn man so spät im Jahr aufbricht. Sonst sollen immer Menschenmengen unterwegs sein.
Nach Stunden war ich dann in Azqueta, wo es, trotz anders lautender Informationen, doch eine Bar gibt, ganz neu, welch ein Segen! Dort hab ich dann wunderbarerweise festgestellt, dass mein Ausweis noch in Estella im Safe des Hotels liegt. Ich war völlig fertig, die beiden Mädels in der gerade eröffneten Bar haben für mich bei der Senora Cristina angerufen und nach meinem Pass gefragt. Der lag auch fein säuberlich da... Also habe ich mich, den Tränen nah, die 15 km in vier langen Stunden zurückgequält und glücklicherweise meinen Pass bekommen, die alte Dame hat auf mich gewartet. Von Estella aus bin ich dann mit dem Taxi nach Los Arcos zur Herberge gefahren, die war aber leider seit Oktober geschlossen. Glücklicherweise war aber der 2. Versuch, ein Bett in einem Hostal zu bekommen, ein Treffer. Hostal "Suetxe", eine Sidreria mit nur vier Zimmern, eines war noch frei. Heißeste Dusche, dicke Klamotten an und ruckzuck ab ins Bett, zum Aufwärmen. Warm angezogen bin ich anschließend, so wie die spanischen Pilger aus dem Hostal, in die Kirche Santa Mari'a (heißen hier alle Kirchen Santa Maria?) marschiert und hab da an der täglich stattfindenden Pilgermesse teilgenommen. Es ist unfassbar, wo die vielen Leute herkommen, den ganzen Tag siehst du keinen Menschen und die Messen am Abend sind voll. Plötzlich saß Martin wieder neben mir, wir haben uns vor der Kirche verabschiedet und auch in den nächsten Wochen nicht mehr gesehen. Hoffentlich gelingt ihm alles und er kommt zu einer guten Entscheidung. Er ist verheiratet, dabei sehr jung, zwei Kinder gibt es auch - und das traurige Ende einer viel zu früh eingegangenen Ehe scheint nah zu sein. Er ist wirklich hier, um sich über seine Gefühle klar zu werden und eine Entscheidung zu treffen. Danach bin ich in mein Hostal und habe mir ein gutes Essen gegönnt, es gibt ein sehr kleines aber "ambitioniertes" Restaurant im ersten Stock. Der Ort hat nur 1.200 Einwohner, aber kochen wollen sie da wie die ganz Großen. Jedenfalls hätte ich es besser lassen sollen, hab' es leider überhaupt nicht vertragen.Die zum Haus gehörende Kneipe war rummsvoll, zu jedem Glas gibt es eine kleine hausgemachte Tapa, die Leute waren unheimlich nett. Erstmal haben sie alle komisch gekuckt, aber nach kurzer Zeit hat mich der ein oder andere angesprochen. Das ist toll, wenn man den ganzen langen Tag allein
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