Jakobsweg
bellota" - ein geröstetes Graubrot, eingerieben mit Knoblauch und Tomate und belegt mit Unmengen köstlichem Schinken - gegönnt. War das lecker!! Dazu ein letzter Blick in die Süddeutsche von gestern. Heute Abend will ich zur Messe in die Kathedrale "Santa Maria la Real de Pamplona". Außerdem: viele SMS aus Mallorca und Deutschland, alle machen sich Sorgen, dass ich verloren gehen könnte.
Wie geplant war ich gestern Abend in der Kathedrale, es war sehr anrührend, wenn ich auch die katholische Liturgie nicht wirklich verstehe. Dafür aber die Sprache. Es war eindrucksvoll, wie andächtig die Menschen gelauscht haben. Um 21.15h war ich zurück, habe mir eine heiße Dusche genehmigt und ein geschmuggeltes kaltes Bier aus der Dose (in allen Herbergen eigentlich STRENGSTENS VERBOTEN!!!). Danach bin ich gleich ins Bett, ich wollte ja heute Morgen schon früh starten, außerdem musste ich die Herberge um 7.30h verlassen. Um 7h Frühstück mit meinen Herbergseltern, deren allerletzte Peregrina (Pilgerin) für dieses Jahr ich war, die Casa Paderborn schließt heute und wird erst im kommenden Frühjahr wieder geöffnet. Nach einem Abschiedsfoto, guten Ratschlägen und einer Umarmung habe ich mich auf den Weg begeben - meinen Jakobsweg, den ich schon so lange im Kopf habe, für dessen Inangriffnahme es aber an allem gefehlt hat. Ich bin ängstlich und unruhig, voller Erwartung und doch auch voller Zweifel: ob ich es wohl schaffen werde?? Alles, was ich weiß, ist angelesen - den Rest hat mir Martina erzählt, die im letzten August von Astorga aus gelaufen ist.
Bei strömendem Regen bin ich losgegangen, an der Magdalenenbrücke vorbei, über die die Pilger seit Jahrhunderten(!) diese alte Stadt betreten, durch das berühmte Frankentor, dann an der Stadtmauer entlang, quer durch die Stadt und kleine und große Parks -Richtung Uterga. Habe mich in der "letzten Apotheke vor dem großen Abenteuer" noch mit Magnesium und Kalzium eingedeckt - ich bin derart schlecht trainiert, das brauche ich bestimmt. Trotz meiner so sorgfältig ausgesuchten Kleidung war ich nach einer guten Stunde schon pitschnass. Ich hatte grad eben die Universität passiert und war in eine Bar eingekehrt, um einen Cafe zu bestellen und ein kleines Panecillo. Plötzlich ein Riesenknall , körperlich schmerzend, ohrenbetäubend im wahrsten Sinne des Wortes - man kann es nicht beschreiben. Tassen und Gläser flogen, Flaschen fielen um, Menschen lagen auf dem Boden, alles schrie durcheinander - es war schrecklich. Keiner wusste, was passiert war. Als sich alle ein wenig beruhigt hatten, haben sie sofort von der ETA gesprochen. Sie sollten Recht behalten, wie ich eine Stunde später erfahren habe - die Nachrichten waren danach tagelang voll damit. Es war einfach furchtbar. Nach ein paar Tagen hingen an jeder Ecke die Steckbriefe der gesuchten Etarrista. Wie soll der Pilger da zur ersehnten und gesuchten Ruhe kommen???
Ich bin vor lauter Angst mit dem letzten Bus aus der Stadt und nach Uterga gefahren, wo ich, wie gestern geplant, in der "Albergue Camino del Perdon" ein Zimmerchen genommen habe. Danach ging offenbar gar nichts mehr, großräumige Absperrungen überall, selbst in diese kleine Pension kamen am späten Abend uniformierte und zivile Beamte der Guardia Civil und haben sich alle Anmeldungen und Ausweise zeigen lassen.
Als erstes habe ich an die ganze Familie SMS geschrieben, bevor sie aus dem Fernsehen von dem Attentat erfahren. Keiner hat es geglaubt, erst als sie die Nachrichten gesehen haben. Ich glaube, nun machen sich alle ein wenig Sorgen. Über der Stadt hängt noch immer eine dicke Qualmwolke, sagen die Dorfjungs, die in Pamplona arbeiten und hier ihr Feierabendbier trinken. Es war wirklich knapp, keine 250 mtr liegen zwischen dem Parkplatz der Universität, auf dem die Bombe explodierte und dem kleinen Cafe - der liebe Gott möge verhüten, dass ich so etwas noch einmal erleben muss. Sechs Wochen später werde ich wissen, dass meine Reise begleitet war von Ereignissen rund um die Terrororganisation...
Uterga also ist ein winziger Ort, etwas weniger als 200 Einwohner, hübsche kleine Häuser mit riesigen, jetzt verblühten Hortensien in großen Kübeln überall.
Morgen um 8 hat Nini ihre theoretische Führerscheinprüfung. Mein kleines Mädchen ist groß. Was sagt man dazu - und mehr als die Hälfte der Zeit war ich nicht da, bzw. oft nur per Telefon oder Brief oder in den Ferien. Trotzdem liebt sie mich so sehr, meine "Kleine" - und ich
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