Jenny und der neue Vater
willkommen zu sein? Bei ihrem Mann Alexander war das schon lange nicht mehr so gewesen. Seine ständigen Anfälle von Eifersucht hatten mittlerweile jedes Gefühl von Zuneigung in ihr absterben lassen.
Aber in diesem Augenblick fühlte sie sich wieder als Frau – als begehrenswerte Frau. Und Kirsten fand, es war ein prickelndes, sehr erregendes Gefühl. Und dennoch hatte sie ein schlechtes Gewissen und große Verlegenheit, als sie sich jetzt verabschiedete.
Björn starrte ihr hinterher, Sehnsucht im Blick. Warum mussten die besten aller Frauen immer schon vergeben sein?
*
Jenny war in letzter Zeit auffallend bedrückt, das war für Björn in den letzten Tagen nicht mehr zu übersehen gewesen. Doch es war nicht seine Art, sich in die Probleme anderer Leute einzumischen. Aber das Mädchen erweckte Mitleid in ihm. Und als sie still und blass in eine Ecke gekuschelt dasaß, konnte er einfach nicht mehr darüber hinweggehen. Er setzte sich neben sie, und Jenny schaute kaum auf, obwohl sie unendlich froh darüber war, dass er neben ihr saß. Aber sie wusste nicht sofort die rechten Worte zu finden, um ihrem großen Freund zu erzählen, was sie bedrückte.
„Weißt du, Jenny, als ich so alt war wie du, da starb mein Großvater. Er war mir immer ein guter Freund, und es traf mich tief, dass er von einem Tag auf den anderen nicht mehr da war. Aber ich hatte einen guten Freund, mit dem ich darüber reden konnte. Und das hat mir sehr geholfen.“
„Ja“, sagte sie leise. „Ein guter Freund ist jemand, mit dem man über alles reden kann. Und auch jemand, der manchmal eine Antwort gibt. Ich habe mit allen meinen Freunden aus den Büchern geredet, aber keiner davon konnte mir antworten.“
„Aber sie leben in deiner Phantasie.“
„Natürlich“, erklärte sie bestimmt. „Aber ich weiß auch, dass das kein richtiges Leben ist, und dass man immer noch jemanden braucht, der wirklich ist. Wissen Sie, Herr König, das alles ist gar nicht so einfach, denn ich bin ja noch ein Kind und kann die Erwachsenen gar nicht immer verstehen.“
„Und was verstehst du nicht?“, forschte er sanft. „Wenn ich dir helfen kann, will ich das gerne tun.“
Jetzt ließ Jenny das Buch sinken und schaute ihn offen an. „Das ist so – Mama und Papa vertragen sich nicht mehr. Und deswegen sind Mama und ich zu Oma gezogen. Ich mag meine Oma eigentlich, aber sie ist manchmal sehr anstrengend, weil sie gar nicht immer versteht, was ich gerade sage oder denke. Und dann redet sie dauernd auf Mama ein, dass sie doch einen Fehler macht und wir besser nach Hause gehen sollten. Männer wären nun einmal so. –Wie sind Männer denn so?“, erkundigte sie sich jetzt mit großen Augen.
Unwillkürlich musste Björn auflachen. „Das ist eine schwierige Frage, Jenny. Und ich bin mir gar nicht sicher, ob deine Oma so recht hat mit ihrer Behauptung, denn ich glaube, dass Männer verschieden sind, ebenso wie Frauen oder auch Kinder wie du.“
„Aber Papa hat immer mit Mama geschimpft, und er ist schrecklich eifersüchtig – dabei weiß ich nicht mal, auf wen. Und Mama hat viel geweint, aber meistens nichts gesagt. Und jetzt will sie von Papa nichts mehr wissen. Ist er vielleicht eifersüchtig auf mich?“
Diese in aller Unschuld vorgebrachte Frage stürzte Björn ein wenig in Verlegenheit. Doch er spürte die Angst, die hinter diesen Worten lauerte.
„Nein, ich glaube ganz bestimmt nicht, dass dein Vater auf dich eifersüchtig ist. Warum denn auch? Du bist doch ebenso seine Tochter wie die deiner Mutter. Aber was einen Vater nun überhaupt dazu bringt, das weiß ich nicht.“
„Na, vielleicht sollte ich ihn dann mal fragen“, überlegte Jenny. „Aber mal ganz ehrlich, ich möchte nicht mehr gerne bei Oma bleiben. Dauernd redet sie davon, dass die Mädchen zu ihrer Zeit sich ganz anders benommen haben. Und überhaupt, ihrer Meinung nach habe ich zu wenig Freunde, und ich lese zuviel, und ziehe mich zu sehr zurück – sie ist mit nichts zufrieden, was ich tu.“
Björn lachte die Kleine aufmunternd an. „Wichtig ist aber doch, wie deine Mutter darüber denkt, oder nicht?“
Jenny nickte. „Mama hat nichts dagegen, dass ich viel lese. Und eine Freundin habe ich doch auch, wir gehen mal ins Kino oder schwimmen. Aber sie ist ja auch noch ein Kind, so wie ich. Und manchmal braucht man eben jemanden, mit dem man anders reden kann. So wie wir jetzt“, setzte sie altklug hinzu.
Björn strich ihr sanft über die Wange. „Ich bin
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