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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Gebiet verpflanzen, das für ihre Herden zu klein war, hieß nur auf Jahre hinaus endlosen Zwist mit den Nachbarn im Reservat stiften, den andere Bezirkskommissare würden zu entwirren und zu schlichten haben.
    Als aber die zweite Forderung der Squatter, sie beieinanderzulassen, zur Sprache kam, erklärten die Vertreter der Staatsgewalt, dafür liege kein praktischer Grund vor.
    Oh, richtet nicht nach Nützlichkeit, dachte ich, des ärmsten Bettlers arme Habe ist schon Überfluß – und so fort. Mein Leben lang schien mir’s ein Prüfstein für den Rang der Menschen, sich zu fragen, wie sie sich zum König Lear verhalten hätten. Mit König Lear war nicht zu rechten, ebensowenig wie mit einem alten Kikuju, und er forderte von vornherein von jedem zuviel, aber er war ein König. Gewiß hat der afrikanische Eingeborene sein Land den Weißen nicht mit einer großmütigen Gebärde übergeben, sein Fall liegt also etwas anders als zwischen dem alten König und seinen Töchtern; die Weißen haben das Land in ihr Protektorat übernommen. Aber ich konnte nicht vergessen, daß noch vor kurzem, zu einer Zeit, in die die Erinnerung reichte, die Eingeborenen des Landes ihren Grund und Boden unbestritten besaßen und noch nichts von den Weißen und ihren Gesetzen gehört hatten. In der schwankenden Ungewißheit ihres Daseins war die Erde ihnen ein unverrückbarer Halt. Manche von ihnen waren von den Sklavenhändlern fortgeschleppt und auf Sklavenmärkten verhandelt worden, aber andere waren daheim geblieben. Die Verschleppten in ihrer Verbannung und Knechtschaft lebten allenthalben im weiten Umkreis des Orients in der Sehnsucht nach dem heimischen Hochland, denn es war ihr Land. Der alte, dunkle, klaräugige Eingeborene von Afrika und der alte, dunkle, klaräugige Elefant sind gleichen Wesens; sie ruhen fest auf ihrer Erde, gewichtig, voll von den Eindrücken der Umwelt, die sich langsam in ihrem dämmrigen Geiste angesammelt und verdichtet haben, sie sind selbst Ausdrucksgebärden des Landes. Sie könnten wohl, der eine wie der andere, verstört dastehen, ob der großen Veränderungen, die sich ringsum begeben haben, und uns fragen, wo sie sich befänden, und wir müßten ihnen antworten mit den Worten Kents: »Sir, in Eurem Königreich.«
    Schließlich, als ich schon zu fürchten begann, ich würde mein Lebtag nach Nairobi und zurück fahren und auf Staatsämtern verhandeln müssen, erfuhr ich unversehens, mein Antrag sei bewilligt worden. Die Regierung war bereit, ein Stück des Dagoretti-Waldreservats den Squattern meiner Farm einzuräumen. Hier konnten sie nicht weit von ihrem vorigen Wohnsitz sich nach Gefallen ansiedeln und nach der Auflösung der Farm ihr Gesicht und ihren Namen als Gemeinschaft bewahren.
    Die Nachricht von dieser Entscheidung, wurde auf der Farm mit tiefer, stummer Erregung entgegengenommen. Es war unmöglich, den Mienen der Kikuju abzulesen, ob sie die ganze Zeit hindurch an den Ausgang der Sache geglaubt oder ob sie gezweifelt hatten. Kaum war sie geregelt, brandete ein wortreiches Wirrsal von verwickelten Fragen und Vorschlägen auf mich ein, das zu klären ich mich weigerte. Sie blieben auch weiterhin bei meinem Hause; sie sahen mich nun in einem neuen Licht. Schwarze haben so viel Instinkt für Glück, sie glauben dermaßen daran – vielleicht keimte nach ihrem eigenen Erfolg die Hoffnung in ihnen auf, daß nun alles wieder gut werden und ich weiter auf der Farm bleiben würde.
    Für mich selbst bedeutete die Sicherung des Schicksals der Squatter eine große Erleichterung, ich habe selten eine so tiefe Befriedigung empfunden.
    Und dann überkam mich, drei Tage danach, das Gefühl, daß meine Arbeit im Lande nun getan sei und daß ich gehen könne. Die Kaffee-Ernte auf der Pflanzung war eingebracht, die Aufbereitung stand still, das Haus war leer, die Squatter hatten ihr Land. Die Regenzeit war vorüber, und das junge Gras stand schon hoch auf der Steppe und in den Bergen.
    Der Plan, den ich anfangs gefaßt hatte, in allen geringfügigen Dingen nachzugeben und mir das Lebenswichtige vorzubehalten, war fehlgegangen. Ich hatte mich bereit gefunden, mein Eigentum Stück für Stück fahrenzulassen, gleichsam als Lösegeld für mein eigenes Leben, aber als die Zeit kam, da ich nichts mehr besaß, erwies sich’s, daß ich selbst für das Schicksal, das sich seiner Last entledigte, die leichteste Bürde war.
    Der Mond war voll in jenen Tagen und schien ins leere Zimmer und zeichnete das Muster der

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