Jenseits von Raum und Zeit
Riesen zu sagen, was ich davon hielt. Und da sah ich sein Haus, das sich in hundert Yard Entfernung gegen die mächtigen Baumstämme lehnte.
Ich brauchte nur einen Tag, um zur Tür zu kriechen, aber mir war es,als würde ich mich hundert Meilen weit über zerbrochene Flaschen wälzen. Die Tür widersetzte sich lange meinen Bemühungen, sie zu öffnen, aber dann konnte ich doch mein Gewicht dagegendrücken, und sie schwang auf, und ich stürzte auf den Bretterboden. Danach kroch ich unter unsäglichen Schmerzen zu der übergroßen Medizinkammer des Riesen, öffnete sie und taumelte hinein. Ich stürzte zu Boden, hörte, wie die Diagnostikanlage sich automatisch einschaltete, spürte die Geräte, die sich über mir bewegten. Und dann wußte ich eine lange Zeit nichts mehr.
24.
Diesmal kam ich mit klarem Kopf zu mir. Ich hatte Hunger und fühlte keine Schmerzen mehr. An meinem Bein befand sich eine Gehstütze. Ich blickte mich nach meinem Gastgeber um, aber ich war allein in dem großen Raum. Keine Flamme loderte vom Herd empor, aber im Haus war es angenehm warm. Vor einiger Zeit hatten ein paar Wohltäter eine Heizanlage mit automatischem Klimaregler installiert, damit der Riese es immer schön gemütlich hatte, wenn das Feuer einmal ausgehen sollte.
Ich fand auf den Regalen etwas zu essen und probierte nach vielen Tagen zum erstenmal wieder meine Zähne aus. Es tat weh, aber auch wohl. Danach ging ich zum Sprechgerät, tun mich mit der Monitor-Station zu verständigen und dem Universum meine Geschichte zu erzählen. Doch dann erinnerte ich mich, daß noch ein paar Details dieser Geschichte fehlten.
Ich ging zur Tüf und hatte irgendwie das Gefühl, Johnny Thunder würde draußen Holz hacken, damit er nicht aus der Übung kam. Aber alles, was ich sah, waren die Schneemassen, die Kulissen der Riesenbäume, der graue Himmel, der tief und schwer wie nasses Segeltuch über mir hing. Doch dann entdeckte ich noch etwas anderes, einen länglichen Schneehügel, zwischen dem Haus und dem Waldrand.
Das Geräusch des festgefrorenen Schnees, der unter meinen Füßen knirschte, klang fast wie eine Explosion durch die Stille, als ich zu dem langgestreckten Berg ging.
Er lag auf dem Rücken, die offenen Augen starrten in den Himmel, von Eis überkrustet. Seine Arme waren angewinkelt, als würde er ein Baby tragen. Der Schnee war über ihn geweht wie eine Decke, die seinen Schlaf wärmen sollte. Der Hund lag neben ihm, ein erfrorener Wächter.
Lange blickte ich den Riesen an, und in meinem Innern regten sich Worte, die eine gewaltige Stimme brauchten, um die riesige Kluft zu überbrücken. Die Kluft zwischen mir und dem Ort, an dem er jetzt weilte, die Kluft, die größer war als das Universum. Aber dann sagte ich nur: »Du hast es überstanden, Johnny. Wir waren die Klügeren. Aber du hast zu Ende geführt, was du dir vorgenommen hast.«
25.
Ich drückte auf die Sendetaste. Jetzt würde ich die Sensation ins Universum schreien, die Dombeck und seine Mannschaft wie eine Kanonenkugel vernichten würde. Aber dann begann eine kluge, diskrete Stimme in mir zu flüstern. Der Bande den Garaus zu machen, das hätte mir äußerst wohl getan, wenn ich eine Leiche gewesen wäre. Erfroren mit einem triumphierenden Hohnlächeln auf den Lippen, die Nase hoch aus dem Schneegrab gereckt … Ich hätte sie sogar in den entlegensten Winkel des Universums gejagt, wenn ich damit Johnny Thunder sein Frostparadies hätte erhalten können, wenn ich an die Intrige dachte, die sie gegen mich angezettelt hatten.
Aber ich lebte, und Johnny war tot. Und meine Tausende warteten noch immer auf mich. Und daß ich die Fracht so lange hatte warten lassen, konnte ich leicht an Hand der Risse erklären, die der große, böse Skorpion meinem Anzug verpaßt hatte. Johnny würde ein Held sein. Man würde ihm ein großes schönes Denkmal errichten. An irgendeinem Fleck im Universum, der niemals einem Bagger zum Opfer fallen durfte. Dafür würde ich sorgen.
Und schließlich handelte ich so, wie meine Klugheit es mir befahl. Ich erzählte ihnen, was sie hören wollten. Daß die Männer in Sicherheit waren und daß der Riese als Held gestorben war, wie es sich für einen Riesen gehörte. Und dann machte ich es mir bequem und wartete auf das Rettungsschiff.
26.
Ich kassierte. Seither habe ich mich aus dem Berufsleben zurückgezogen. Ich sage das, weil ich vor mir selbst nicht zugeben will, daß ich keine Aufträge mehr übernehmen möchte.
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