Jerry Cotton - 0514 - Terror im Raketencamp
des Einsatzkommandos, während er ein schwarzes Tuch über den Toten breitete.
»Doch«, meinte ich.
Meine Stimme klang rauh und belegt. »Das war der Wissenschaftler Bert Chase. Alle hielten ihn für verrückt. Aber er war es nicht. Seine einzige Verrücktheit war, daß er die Zusammenhänge eines brutalen Verbrechens kannte. Das brachte ihm den Tod.«
Zur gleichen Zeit traf auch Lieutenant Baxter ein.
»Sie sind schon hier?« fragte er mich und blickte vielsagend auf meinen Mustang. »Ich würde mir mal einen Hubschrauber kaufen, vielleicht kommen Sie dann noch schneller weg.«
»Sie haben schon bessere Vorschläge gemacht, Baxter«, gab ich mißgelaunt zurück, denn ich war im Moment wirklich nicht zum Scherzen aufgelegt.
»Weswegen kümmert sich eigentlich das FBI um diesen Fall? Woher wußten Sie eigentlich, daß hier ein Toter liegt, Cotton?« erkundigte sich der Beamte.
»Von dem Ermordeten selbst«, erklärte ich ihm ruhig. »Er rief meine Dienststelle an, bevor er erschossen wurde. Die Funkleitstelle hörte die Schüsse durch das Telefon. Sie wurden vermutlich aus einem Wagen abgefeuert.«
»Hatten Sie eine Ahnung, was Chase sagen wollte?«
»Er wollte gerade den Mörder von Mike Carter nennen.«
Lieutenant Baxter fluchte laut und kräftig. Er hatte einen sehr beachtlichen Wortschatz.
»Wie war es möglich, daß Chase Sie anrufen konnte? Meines Wissens saß der Mann doch seit zwei Tagen in der Irrenanstalt, weil er an Verfolgungswahn litt. Hat in allen Zeitungen gestanden!«
Es dauerte eine Weile, bis ich dem Lieutenant alles erklärt hatte, dann sagte ich schließlich:
»Ich werde einmal zu der Anstalt fahren. Vielleicht hat man dort eine Erklärung für uns.«
***
Der Warteraum der privaten Nervenheilanstalt Gittbourg war äußerst komfortabel eingerichtet. Hübsche Krankenschwestern in schneeweißer Kleidung waren eine Augenweide für den Besucher.
Die Anstalt lag in einer Querstraße zur Kensington Road. Allerdings grenzte sie mit ihrem Park an die Straße.
Es dauerte eine Weile, bis ich zu Doktor Lucia Armstrong, der Leiterin dieser Klinik, vorgelassen wurde. Die Ärztin mochte etwa dreißig Jahre alt sein, vielleicht auch älter, aber das sah man ihr nicht an. Ich hatte nie zuvor eine so hübsche und attraktive Ärztin gesehen.
»Was führt einen FBI-Mann in mein Haus?« erkundigte sie sich höflich und begrüßte mich überschwenglich.
»Ich wollte mich nach Bert Chase erkundigen«, sagte ich offen.
Lucia Armstrongs gut geschnittenes Gesicht spiegelte keinerlei Überraschung wider. Nur Erstaunen und Bedauern trat in ihre Augen, als ich den Namen des toten Wissenschaftlers nannte.
»Der Ärmste«, seufzte sie. »Er ist uns entflohen. Wahrscheinlich wird er mit der Freiheit nicht mehr fertig werdeh. Sein Zustand ist äußerst bedenklich!«
»Seit wann ist er verschwunden?«
»Wir vermissen ihn seit etwa sieben Stunden. Am besten ist, Sie sprechen einmal mit seinen Wärtern. Die können ihnen alles genau schildern. Hätte es Schwester Berta nicht gerade gesprächsweise erwähnt, wüßte ich noch gar nicht, daß er entflohen ist.«
Die Ärztin drückte auf einen Knopf. Im gleichen Augenblick betrat eine Krankenschwester das Zimmer. Sie war ebenfalls auffallend hübsch.
»Schwester Berta, das ist Mr. Cotton vom FBI, führen Sie ihn in die geschlossene Abteilung zu den Wärtern. Sagen Sie den beiden, sie möchten Mr. Cotton alle Auskünfte geben, die er haben möchte.«
Mit einem freundlichen Lächeln erhob sich Lucia Armstrong.
»Mr. Cotton, ich habe mich sehr über Ihren Besuch gefreut. Ich hoffe, daß sie mit meinen Informationen etwas anfangen können. Mehr weiß ich leider nicht. Jetzt ruft mich wieder die Pflicht.«
Ich bedankte mich bei ihr und folgte der Schwester. Die Türen, die zur geschlossenen Abteilung führten, hatten keine Griffe. Schwester Berta öffnete sie immer mit einer besonderen Klinke, die sie in ihrem etwas kurz geratenen Kittel mit sich führte.
»Sehen Sie selbst«, sagte sie ruhig und wies auf eine Zelle.
Ich trat vorsichtig näher. Irgendwie hatte diese Anstalt etwas Unheimliches für mich. In dem kleinen Raum saß ein Mann, der mit Puppen spielte und sich anscheinend sehr freute, mich zu sehen.
»Bist du endlich gekommen, Napoleon, um mich zu befreien? Hast du etwa deswegen Elba verlassen?«
Seine schrille, kichernde Stimme drang mir bis ins Herz. Ich war erschüttert. Dieser Mann schien äußerlich völlig gesund, hätte er nicht gesprochen,
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