Jerry Cotton - 0528 - Ich gegen die Bestie von Long Island
aber ich gebe dir die Chance, aus dieser Burg zu verschwinden. Du wirst New York verlassen, auf Nimmerwiedersehen, und zwar noch heute!«
»Bei dir ist wohl ’ne Sicherung durchgebrannt, was?« fragte Beekman wütend.
Wells grinste nicht mehr. Sein Gesicht sah ernst und drohend aus. »Noch heute!« wiederholte er.
»Ich denke nicht daran! Ich will mit Grace sprechen, und zwar sofort! Sie steckt doch hinter dieser Intrige, nicht wahr? Allein hättest du nicht den Mut aufgebracht, dich so keß in den Vordergrund zu spielen! Sie ist die Geldgeberin, nicht wahr? Sie läßt jetzt die Puppen tanzen!«
»Was geht dich das an?« knurrte Wells. Es machte ihn wütend, daß Beekman die Wahrheit kannte. »Grace hat meine Entscheidung gebilligt. Das Syndikat kann sich nicht zwei konkurrierende Führer leisten, deshalb mußt du gehen!«
»Und wenn ich bleibe?«
Wells zuckte mit den Schultern und stand auf. »Ich bin ermächtigt worden, Gilbert in diesem Falle grünes Licht für seinen Job zu geben.«
Beekman blickte Redham an. »Das ist doch nicht wahr!« sagte er halblaut.
Redhams Züge verrieten nicht die kleinste innere Regung. Er war wie aus Stein gemeißelt, kalt und reglos. Beekmans Schultern sackten nach unten. »Das könnt ihr mit mir doch nicht machen!« murmelte er.
»Wir sind keine Unmenschen«, behauptete Wells und holte zwei dicke Umschläge aus seinem Anzug. Er legte sie auf den Tisch. »Hier sind zehntausend Dollar. Das ist eine einmalige Abfindung für die Dienste, die du zu Herbs Zeiten dem Syndikat geleistet hast. Du bekommst das Geld nur, wenn du uns versprichst, nie wieder in dieser Stadt aufzutauchen.«
»Was hättet ihr davon, wenn ich untertauchte?«
Wells grinste. »Du wirst der Magnet sein, der die Aufmerksamkeit des FBI auf sich zieht. Dein Verschwinden wird uns entlasten.«
»Du scheinst die Burschen für reichlich naiv zu halten«, höhnte Beekman.
»Sind wir uns einig?« fragte Wells, dessen Stimme jetzt barsch und befehlend klang.
Beekman blickte erst die beiden Geldumschläge und dann die auf ihn gerichtete Pistole an. Er nickte kurz und nahm die Umschläge vom Tisch. »Ja, wir sind uns einig«, erklärte er. »Und damit du es weißt: Diesem Syndikat möchte ich keine Stunde länger angehören. Eine Organisation, die von Weibern kommandiert wird und Platz für Feiglinge und Verräter hat, ist nicht die Gang, in der ich mich wohl fühlen könnte!«
Wells war in Hochstimmung, als er in seine Wohnung zurückkehrte. Erst jetzt fühlte er sich als wirklicher Boß des Syndikats. Nichts konnte mehr schiefgehen. Natürlich würde es noch ein paar Schwierigkeiten geben, aber die gehörten nun mal zum Handwerk.
Da war zum Beispiel die Sache mit Fuller.
Wells lachte in sich hinein. Sollten sie doch kommen und ihn verdächtigen! Er besaß für die fragliche Zeit ein Alibi. Und auch für Redham und Webster waren vorsichtshalber zwei Zeugen gekauft worden. Sie würden bestätigen, daß die Männer zur fraglichen Zeit im Hinterzimmer eines Lokals gepokert hatten.
Vielleicht war es ganz gut, daß die Aktion Fuller auf diese Weise einen reichlich unerwarteten Abschluß gefunden hatte. Er, Dicky Wells, hatte niemals politische Ambitionen gehabt, obwohl er nicht bestreiten konnte, daß es vorteilhaft war, wenn man einen Draht zum Gouverneurspalast hatte.
Nun, das Syndikat war bislang ohne dieses Plus ausgekommen, es würde auch in Zukunft auf derlei Dinge verzichten können. Wells hatte schon sehr konkrete Vorstellungen davon, wie sich das Vermögen der Organisation sichern und vermehren ließ. Grace würde begeistert sein, wenn sie erst einmal merkte, was wirklich in ihm steckte!
Bis jetzt war er mehr oder weniger Herb Ryders Handlanger gewesen. Ab sofort wollte er seine eigenen Pläne forcieren und verwirklichen. Und später, irgendwann einmal, wenn die turbulenten Ereignisse der letzten Tage keinen Menschen mehr interessierten, würde er Grace heiraten.
Sie hatte es ihm versprochen! Ohne diese Zusage hätte er es gar nicht fertiggebracht, seinem Boß das Gift in den Whisky zu schütten.
Ja, er hatte viel riskiert, aber auch viel gewonnen. Kein Zweifel: Der hohe Einsatz hatte sich gelohnt.
Es klingelte. Wells ging zur Tür und öffnete. Vor ihm stand Martha Hyers.
Wells’ gute Laune fiel in sich zusammen. Er hatte zwar mit dem Besuch der Frau gerechnet, aber das machte die Konfrontation mit einer Erpresserin nicht erträglicher. »Kommen Sie herein«, sagte er barsch und führte die
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