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Jerry Cotton - 0577 - Staatsempfang fuer einen Moerder

Jerry Cotton - 0577 - Staatsempfang fuer einen Moerder

Titel: Jerry Cotton - 0577 - Staatsempfang fuer einen Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Ridge«, meldete sich der Mann am Telefon.
    »Ich bin’s, Liebling.« Die Stimme des Mädchens klang wie gehetzt. »Ich habe Angst.«
    James Ridge umspannte den Telefonhörer fester. Viola sprach aus, was ihn selbst seit Tagen quälte.
    Nur durfte das kein Mensch wissen. Nicht einmal Viola. Ein CIA-Mann in seiner Position fürchtete sich nicht. Angst gehörte einfach nicht zu seinem Gefühlsrepertoire. Wenn sie wirklich einmal durchbrach, wurde man mit ihr fertig, und damit basta.
    »Angst vor wem?« fragte er.
    »Vor dem Fremden. Er ist mir bis vor das Haus gefolgt. Schon gestern war er hinter mir her. Jetzt steht er drüben und schaut zu meinen Fenstern herauf.«
    »Wie sieht er aus?« wollte Ridge wissen.
    »Ganz alltäglich. Trotzdem fürchte ich mich vor ihm. Kannst du nicht herkommen, James?«
    »Ich bin im Dienst, Liebling. Wenn der Kerl frech werden sollte, rufst du am besten die Polizei an.« Er zwang sich zu einem Lachen und spürte, daß es nicht sehr überzeugend ausfiel. »Es ist deine Schuld, Viola. Du wirkst auf Männer wie ein Magnet. Dein Gesicht, deine Figur, dein Gang — davon kommt man nicht los. Ich kann ein Lied davon singen.«
    »Das hier ist etwas anderes, James. Es ist kein Flirt und kein Kompliment. Ich fühle es wie eine Bedrohung. Es macht mir Angst.«
    Ridge blickte auf seine Uhr. Es war fünfzehn Minuten nach drei. »Um sechs bin ich bei dir. Einverstanden?«
    Die Tür öffnete sich. Ridges Sekretärin trat ein. Zögernd blieb sie neben dem stählernen Karteischrank stehen. Ridge bedeutete ihr mit einer Handbewegung zu bleiben.
    »Beeil dich, Liebling«, sagte Viola am anderen Leitungsende. »Versuche, früher zu kommen. Ich warte auf dich. Hast du deine Tablette schon geschluckt?« James Ridge lächelte unlustig. Viola meinte es zwar gut mit ihm, aber es störte ihn trotzdem, wenn sie auf diese Weise seine Krankheit erwähnte. Er holte die flache Schachtel aus seinem Anzug. Er entnahm ihr eine Tablette, fühlte sich dann fast wie ein alter, pflegebedürftiger Herr. Lieber Himmel, das bißchen Kalkmangel war schließlich völlig unproblematisch. Er mußte nur regelmäßig seine Tabletten nehmen.
    »Dir zuliebe schlucke ich sie gleich jetzt«, sagte er. »Bis später!«
    Er warf den Hörer auf die Gabel und holte sich einen Papierbechei und zapfte ihn voll mit Eiswasser aus dem durchsichtigen Glasbehälter. Er spülte die Tablette hinunter.
    »Eilige Unterschriften, Miß Forrester?« fragte er.
    »Ja«, meinte die Sekretärin und legte die Mappe auf seinen Schreibtisch. »Ich habe das Schreiben an die… Mein Gott, was ist denn mit Ihnen, Sir?«
    James Ridge starrte ins Leere. Er spürte, wie eine feurige Lohe aus seinem Magen emporstieg und mit ihrer sengenden Glut nach jedem Nerv griff. Er hielt sich an dem Wasserbehälter fest. Seine Knie gaben plötzlich nach. Er riß den Mund auf, weil er keine Luft mehr bekam.
    Der Wasserbehälter stürzte um. Der Glasballon zerbarst auf dem dunkelgrünen Linoleumboden. Die Sekretärin stieß einen schrillen Entsetzensschrei aus. James Ridge brach in die Knie, dann kippte er mit dem Oberkörper vornüber in die messerscharfen Scherben.
    Er spürte weder ihre Kälte noch die tiefen glatten Einschnitte in seine Hand. Das Brennen in seinen Eingeweiden überwucherten alle anderen Empfindungen. Es ebbte nur langsam ab — im gleichen tödlichen Rhythmus, wie das Leben seinen Körper verließ.
    Drei Minuten später war James Ridges Vorgesetzter zur Stelle. Er erfaßte das Geschehen mit einem Blick. Er trat ans Telefon und wählte eine Nummer, die er im Kopf hatte. Sein Anruf galt dem District Office des FBI.
    »Mr. High, bitte«, sagte er mit rauh klingender Stimme.
    ***
    Er lehnte an der Hauswand und ließ mich herankommen.
    »He«, sagte er leise, als ich mit ihm auf gleicher Höhe war. »Willst du mal ’ne Leiche sehen?«
    Ich stoppte. Der Frager war ungefähr in meinem Alter. Er trug einen violetten Anzug mit hellen Nadelstreifen. Es wäre leichter gewesen, die Freiheitsstatue zu übersehen, als das knallige Muster seiner Krawatte. Er war blaß und hatte dunkle brennende Augen. Es war eines jener Gesichter, wie sie von einer Jugend in den Slums geprägt werden: hart, illusionslos und irgendwie ausgelaugt.
    Die Straße war trotz der späten Stunde ziemlich belebt, aber mir schien es plötzlich so, als wären wir ganz allein auf der Welt, nur er und ich.
    Ich starrte ihn an. Obwohl er meinen Blick erwiderte, hatte ich das Gefühl, daß wir

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