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0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

Titel: 0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nennen Sie ’s Instinkt oder sechsten Sinn — jedenfalls begannen meine Rückennerven zu vibrieren, als die Tür der kleinen Snack-Bar hinter mir zuklappte.
    Es war in der 18. Straße von Manhattan an einem Julitag. Draußen weichte der Asphalt langsam auf. Mein Mund war so trocken, daß ich keine Briefmarke hätte anlecken können. Ich wollte ein kühles Bier trinken. Deshalb war ich hier.
    Ich schaute mich um. Der schlauchartige Raum war von schattigem Zwielicht erfüllt. Unter der Decke quirlte ein Ventilator nach Kräften.
    Außer einem Dutzend leise surrender Fliegen war nur noch der Barmann anwesend: Er stand hinter der Theke und starrte mich an. Die Ärmel seines weißen Hemdes waren bis zum Ellbogen emporgestreift. Der schwarze Haarwuchs auf den Unterarmen war dicht wie ein Pelz.
    Dies war der erste Barmann, den ich nicht gläserpolierend antraf. Dies war auch der erste Barmann, der nach meiner Schätzung keine Stammkunden hatte. Sein Gesicht war grob und bösartig, Die winzigen wasserhellen Augen bohrten unfreundliche Blicke in mein Gesicht. Der schlecht rasierte Unterkiefer schob sich vor, als wolle mich der Kerl mit dem Amboßkinn rammen.
    Ich ging zur Theke und setzte mich auf einen der Hocker.
    Der Barmann stand still wie ein Klotz. Nur die kleinen Augen folgten jeder meiner Bewegungen.
    »Sobald Sie sich von meinem Anblick erholt haben, dürfen Sie mir ein Bier einschenken«, sagte ich.
    »Was ist denn an Ihrem Anblick besonders?«
    Er hatte eine überraschend klare baritonale Stimme.
    »Bitte, eiskalt«, sagte ich.
    Er nickte und bückte sich. Ich sah zu, wie er mit Flasche und Glas hantierte. Die klobigen Hände waren ungeschickt und langsam. Er goß das Bier zu schnell ein. Flockiger Schaum floß über den Rand des Glases und zog sich in breiten Bahnen bis zum Sockel hinunter.
    Aber das Bier schmeckte. Ich trank und verfluchte in Gedanken die Hitze. Sie lag wie eine glühende, wabernde Schicht über der Millionenstadt, trieb Schweißperlen auf ungezählte Stirnen, verwandelte Häuser in Brutkästen und Nächte in schlaflose Quälereien.
    Ich trank drei Bier. Dann griff ich in die Tasche, um nach Kleingeld zu suchen. Als ich aufblickte, stockte meine Bewegung.
    Auf dem fleischigen Gesicht des Barmanns lag ein seltsamer Ausdruck von Spannung. Der Kerl blickte an mir vorbei zum Ausgang. Von dort kam ein schwaches Geräusch.
    Ich drehte mich um.
    Hinter der Eingangstür, die aus geriffeltem Milchglas bestand, war ein großer Schatten sichtbar. Die Tür wurde aufgedrückt, und ein Mann trat ein. Er war gut gekleidet, schlank und grauhaarig. Das Gesicht zeigte aristokratischen Schnitt und einen dünnen gepflegten Menjou-Bart auf der Oberlippe. Ich schätzte den Gentleman auf fünfzig Jahre.
    Er kam zur Theke und blickte den Barmann verwundert an.
    »Wo ist denn Smitty?«
    Der Graue hatte gerade noch Zeit, die Frage über die Lippen zu bringen. Dann weiteten sich seine Augen vor Entsetzen. Ich stand immer noch mit dem Rücken zur Theke, wirbelte aber jetzt auf dem Absatz herum.
    Der Barmann stand wieder reglos. Aber eine mattglänzende 45er Pistole lag in der haarigen Faust. Auf der Mündung steckte ein Schalldämpfer — lang, klobig, rund, offenbar selbstgebastelt und bleigrau. Die kleine kreisrunde Mündung glotzte den Grauhaarigen an.
    Meine Muskeln spannten sich wie in einem Reflex. Ich stand nur zwei Schritt von dem Barmann entfernt. Mit etwas Glück konnte ich ihn und seine Pistole im Sprung erreichen.
    Noch hatte ich mich durch keine Bewegung verraten, trotzdem schwenkte plötzlich die Waffe auf mich.
    »Keine Dummheiten, Sonnyboy. Sonst erwischt ’s dich als ersten.«
    Dann bewegte der Kerl die Hand etwas und schoß. Zweimal. In so rascher Folge, daß es wie ein einziges ,Plobb‘ klang. Es hörte sich an, als ziehe man einen Korken aus der Flasche. '
    Hinter mir ertönte ein ersticktes Gurgeln.
    Ich wollte zum Sprung ansetzen, aber die 45er war wieder- auf mich gerichtet.
    Mit dumpfem Laut fiel hinter mir der Mann zu Boden. Ich wandte den Kopf und sah den Grauhaarigen mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken liegen. Sein Gesicht war schon tot. Viel hatte der Mann nicht gefühlt, denn beide Kugeln mußten das Herz getroffen haben.
    Ich fühlte, wie mir ein Eiszapfen am Rückgrat entlangstrich.
    Ich richtete meinen Blick auf den Mörder und erwog die Möglichkeit, mich vor der Theke einfach fallen zu lassen. Für Sekunden konnte ich damit in den toten Winkel kommen. Das würde genügen, um die

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