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Jetzt Plus Minus

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Titel: Jetzt Plus Minus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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einfach meinem Beispiel gefolgt waren.
    »Was ist denn nur passiert?« fragten sie mich.
    Meine Verluste in der Woche darauf betrugen 1250000 Dollar. Noch immer keine Nachricht von Jetzt plus n. Meine Makler meinten, ich brauchte Urlaub. Selbst Selene wußte inzwischen, daß ich große Verluste erlitten hatte. Seltsamerweise schien meine Pechsträhne ihre Leidenschaft für mich zu verstärken. Vielleicht wirkte ich wie eine tragische Gestalt.
    Wir verbrachten wilde Tage und noch wildere Nächte. Ich lebte in einem pulsierenden Nebel der Sinnlichkeit. Wohin wir auch kamen, wir waren der Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit. Wir strahlten jenen Glanz aus, den nur große Liebende besitzen. Wir brachten Freude in die ganze Welt.
    Ich verlor Millionen.
    Je mehr ich verlor, desto leichtsinniger spekulierte ich und desto größer wurden meine Verluste.
    Wenn das so weiterging, lief ich wirklich Gefahr, ruiniert zu werden.
    Ich mußte weg von ihr.
    Montag, 26. Oktober. Selene hat den Tiefschlafdraht genommen und wird in den nächsten zwei Stunden die Erschöpfung von drei zügellosen Tagen und Nächten ohne Ruhepause fortschwemmen. Als sie einschläft, stehe ich auf. Ich ziehe mich an. Ich packe. Ich kritzle etwas auf einen Zettel. ›Geschäftsreise. Bald zurück. Liebe, Liebe, Liebe, Liebe.‹ Ich fliege mit der Mittagsrakete nach Istanbul.
    Minarette, Moscheen, byzantinische Tempel. Ich verzichte auf den Schlafdraht und verbringe die nächsten eineinhalb Tage in normaler Ruhelage im Bett. Ich erwache, und es sind 48 Stunden vergangen, seitdem ich Selene verlassen habe. Trostlosigkeit! Bittere Einsamkeit! Aber ich fühle, wie Jetzt plus n auftaucht.
    »Notier das«, sagt er brüsk. »Kaufe 5000 FSP, 800 CCG, 150 LG, 200 T, 1000 TXN, 100 BVI. Verkaufe 200 BA, 500 UCM, 200 LOG. Ist das klar? Lies vor.«
    Ich lese ab. Dann gebe ich telefonisch meine Aufträge durch. Was die Fernschreiberabkürzungen besagen, ist mir fast gleichgültig. Wenn Jetzt plus n sagt, tu das, dann tue ich es.
    Eineinhalb Stunden später ruft mich die Vermittlung an: »Eine Miss Hughes für Sie, Sir.«
    Sie hat mich aufgespürt. Calamitas calamitatum!
    »Sagen Sie ihr, ich sei nicht hier.« Ich flüchte auf das Dach. Mit dem Hubschrauber entkomme ich. Eine Düsenmaschine bringt mich nach Tel Aviv. Ich nehme im Hilton ein Zimmer und gebe strikte Anweisung, nicht gestört zu werden. Essen nur im Zimmer, jeden Tag die Herald Tribune, sonst keine Störungen.
    Ich verfolge die Börse. Am Freitag vermag ich Jetzt minus n zu erreichen.
    »Notier das«, sage ich brüsk. »Kaufe 5000 FSP, 800 CCG, 150 LC, 200 T –«
    Dann rufe ich die Makler an. Ich schließe für Mittwoch ab. Mein Gewinn beträgt über eine Million. Ich erhole mich. Aber sie fehlt mir schrecklich.
    Ich verbringe im Hotelzimmer qualvolle Wochen der Einsamkeit.
    Montag. Die Stimme von Jetzt plus n vom Mittwoch, mit neuen Anweisungen. Ich gehorche. Beim Essen schwimmt unter dem Deckel der Suppenschüssel ein Zettel von ihr.
    ›Liebling, warum fliehst du vor mir? Ich liebe dich hoch neun. S.‹
    Ich verlasse das Hotel als Page verkleidet und fliege mit einer El AI-Maschine nach Kairo. Nervös und verkrampft schließe ich mich Touristen an, die die Pyramiden besichtigen. Die Führung erfolgt auf hebräisch; geschieht mir recht. Ich sperre mich im Hotel ein. Die Herald Tribune gibt es. Am Mittwoch übermittle ich dem Ich vom Montag Anweisungen. Ich erwarte Anweisung von meinem Ich am Freitag. Statt dessen gibt es wirre Sendungen, Lärm, Durcheinander. Was ist passiert? Wohin jetzt fliehen? Brasilia, McMurdo Sound, Anchorage, Irkutsk, Maograd? Sie wird mich finden. Sie hat ihre Quellen. Es gibt wenige Geheimnisse für einen Menschen, der den Willen besitzt, sie aufzudecken. Wie findet sie mich?
    Sie findet mich!
    Ein Zettel kommt: ›In Abu Simbel warte ich auf dich. Wir treffen uns am Freitag nachmittag dort, oder ich stürze mich bei Sonnenuntergang vom Ramseskopf ganz links herunter. Ich liebe dich. In Verzweiflung S.‹
    Ich bin besiegt. Sie wird mich in den Bankrott treiben, aber ich muß sie haben.
    Am Freitag fahre ich nach Abu Simbel.
    Sie stand auf dem Monument, verführerisch in windgezauster weißer Baumwolle.
    »Ich wußte, du würdest kommen«, sagte sie.
    »Was konnte ich sonst tun?«
    Wir küßten uns. Ihre Biegsamkeit entflammte mich. Die Sonne versank gleißend in der westlichen Wüste.
    »Warum bist du vor mir davongelaufen?« fragte sie. »Was habe ich falsch gemacht? Warum hast du

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