JFK - Staatsstreich in Amerika (German Edition)
Uhr in einen Bus ein, den er wegen eines Verkehrsstaus nach sechs Minuten schon wieder aufgibt, um dann ein Taxi zur North Beckley Avenue zu nehmen, wo sich seine Pension befindet. Er steigt zwei Blocks vor seiner Adresse aus, geht dann zu Fuß dorthin, verlässt sein Domizil gegen 12:59 Uhr aber sogleich wieder und marschiert anschließend eine Viertelstunde Richtung Westen, wo er an der Kreuzung Patton Street/10th Street angeblich auf J.D. Tippit in seinem Streifenwagen trifft, der ihn nach der Beschreibung im Polizeifunk (30 Jahre, schlank, 178 cm, 165 Pfund) angeblich erkennt und anspricht. Woraufhin Oswald dann gegen 13:14 Uhr, so die Geschichte weiter, vier Schüsse auf ihn abgibt, um dann, sechs Blocks weiter, ins Kino zu gehen, wo er um 13:40 Uhr verhaftet wird – dank des Tipps des Schuhverkäufers Johnny Brewer, dem ein »nervöser« Mann vor seinem Laden auffällt, der dann ins Kino geht.
Wir wissen nicht, wie viele Männer um die 30 von durchschnittlicher Größe und Gewicht zu dieser Zeit in Dallas lebten – es dürften ein paar tausend gewesen sein –, und können zugunsten dieser offiziellen Geschichte annehmen, dass ein aufmerksamer Polizist wie Tippit auf jeden von ihnen achtete, der ihm auf der belebten Straße auffiel. Warum aber ein ausgebuffter Killer und Scharfschütze, der kurz zuvor in fünf Minuten zwischen zwei Aufenthalten im Pausenraum den Präsidenten ermordet hat, der bei der Konfrontation mit einem Sheriff direkt danach seelenruhig bleibt und gemütlich Cola trinkt, dann nach Umwegen mit Bus und Taxi lange Fußmärsche unternimmt, um daraufhin in einem ganz anderen Stadtteil und weit entfernt vom Tatort in Panik zu geraten, weil ihn ein Streifenpolizist anspricht, weshalb er in aller Öffentlichkeit umgehend auf ihn schießt – diese Geschichte macht absolut keinen Sinn. Die sehr vage Personenbeschreibung über den Polizeifunk und der vage Hinweis auf einen nervösen Verdächtigen, der in ein Kino ging, das ist offenbar alles, was die Polizei zu diesem Zeitpunkt weiß. Im Protokoll der Festnahme allerdings (Zeitstempel: 1.40 pm, 70 Minuten nach den Schüssen auf JFK) steht schon alles: »This man shot and killed President John F. Kennedy and Police Officer J.D. Tippit. He also shot and wounded Govenor John Connally.« 20
Es fällt schwer, mehr noch: es ist ein Ding der Unmöglichkeit, diese blitzschnelle Identifizierung als Doppelmörder auf die exzellenten Qualitäten der Polizei in Dallas zurückzuführen. Hätte Oswald seine Festnahme länger als zwei Tage überlebt und sich mit einem Anwalt vor Gericht verteidigen können, wäre er höchstwahrscheinlich sowohl für den Mord an Kennedy als auch für den Mord an Tippit freigesprochen worden. Denn außer dem einen dubiosen Augenzeugen für einen Mann am Fenster des TSBD – Howard Brennan – und den sich widersprechenden Augenzeugen für die Schüsse auf Tippit gibt es eigentlich nichts Belastendes, vor allem keine forensischen Beweise. Auf Oswalds angeblich im TSBD gefundenen Mannlicher-Carcano wurden keine Fingerabdrücke gefunden, ein Ohrstäbchentest, ob aus dem Gewehr kürzlich gefeuert wurde, ist nicht durchgeführt worden, ein Nitrattest, mit dem Schmauchspuren an der Wange eines Gewehrschützen aufgespürt werden können, verlief bei Oswald negativ, der 38er Revolver, den Oswald bei seiner Festnahme im Kino bei sich trug, konnte nicht den im Körper von Tippit gefundenen drei Kugeln zugeordnet werden, die zudem von verschiedenen Munitionsfabrikanten stammten (was für die Zeugenaussagen von zwei Tätern spricht).
Jeder halbwegs kompetente Strafverteidiger hätte aus diesen unbestrittenen Tatsachen genug Honig saugen können, um einen Freispruch für den Angeklagten zu erreichen – doch Oswald erlebte seinen Gerichtsprozess nicht mehr. Bei seinen insgesamt sieben Verhören von Freitagmittag bis zum Sonntagmorgen im Polizeirevier von Dallas wurde ihm nicht nur ein Rechtsbeistand verweigert, seine Aussagen wurden – und das ist angesichts der Tragweite dieses Falls geradezu grotesk – auch nicht aufgezeichnet. Begründung des örtlichen Polizeichefs: Wir hatten kein Tonbandgerät im Haus! Und so liegen, außer ein paar später aufgetauchten handschriftlichen Notizen von Captain Fritz und den von Roger Craig wiedergegebenen und im WR manipulierten Worten Oswalds so gut wie keine Informationen über dessen Stellungnahmen zu den Mordvorwürfen vor.
Bis auf die zwei entscheidenden Sätze, die der zu einer Pressekonferenz
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