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Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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reparieren und Emma ein anderes Gesicht bekommt

    Die beiden Freunde standen breitbeinig vor ihrer Lokomotive, die Hände in den Hosentaschen, und schauten sich die Landschaft an.
    Vor ihnen lag das »Land der tausend Vulkane« mit Tausenden und aber Tausenden von feuerspeienden Bergen in jeder Größe. Manche ragten hoch auf wie vielstöckige Häuser, andere wieder waren nur ganz klein, ungefähr wie Maulwurfshügel. Viele befanden sich gerade in voller Tätigkeit, das heißt, sie spuckten Feuer und Flammen, andere rauchten nur still vor sich hin. Aus einigen lief oben ein glühender Schlamm heraus, sie sahen aus wie Töpfe mit überkochendem Grießbrei.
    Die Erde bebte ununterbrochen, und die Luft war erfüllt von an-und abschwellendem Grollen und Donnern. Plötzlich gab es einen heftigen Stoß, und mit lautem Krachen öffnete sich eine tiefe Erdspalte. Die ringsum liegenden Vulkane fingen an überzukochen, und der glühende Brei füllte die Kluft langsam wieder aus. Aber schon brach an einer anderen Stelle ein neuer Riß auf. In der Ferne erhob sich ein einzelner riesenhafter Gipfel. Er mochte wohl über tausend Meter hoch sein. Auch aus ihm rauchte es oben heraus.
    Lukas und Jim betrachteten eine ganze Weile stumm diese wenig anheimelnde Gegend.
    »Ich möcht’ bloß wissen«, sagte Jim endlich, »was passiert , wenn dieser große Berg da in der Mitte mal überkocht. Dann wird vielleicht das ganze Land mit glühendem Brei zugedeckt. Was glaubst du, Lukas?«
    »Schon möglich«, antwortete Lukas. Er war gerade mit ganz anderen Überlegungen beschäftigt.
    »Irgendwo muß hier also die Stadt der Drachen sein«, murmelte er, »aber wo?«
    »Ja, wo?« sagte Jim. »Das müßte man wissen.«
    »Selbst wenn wir’s wüßten«, fuhr Lukas fort, »würde uns das auch nicht viel helfen. Wie sollten wir denn hinkommen?«
    »Ja, wie?« sagte Jim. »Hier können wir nicht weiterfahren. Wir würden im glühenden Brei steckenbleiben oder in eine Erdspalte stürzen. Man kann ja nie wissen, wo sie plötzlich aufbrechen.«
    »Und selbst wenn wir das wüßten«, meinte Lukas, »würde es uns auch nichts nützen. Wir können nämlich nicht weiterfahren, weil wir keine Kohlen mehr haben.«
    »Oh!« antwortete Jim erschrocken, »daran hab’ ich gar nicht gedacht. Das is’ aber eine unangenehme Sache.«
    »Verflixt unangenehm«, brummte Lukas. »Holz scheint es hier auch nirgends zu geben. Jedenfalls kann ich nichts entdecken, was einem Baum auch nur im entferntesten ähnlich sieht.«Sie setzten sich erst einmal hin und aßen ein paar Butterbrote und tranken den Tee des Scheinriesen aus der goldenen Thermosflasche des Kaisers von Mandala. Es mochte ungefähr vier Uhr nachmittags sein, also Teezeit. Außerdem verspürten sie sowieso einen großen Appetit, weil sie ja nicht zu Mittag gegessen hatten.
    Als sie fertig waren, Lukas sich eine Pfeife ansteckte und Jim den Deckel auf die Thermosflasche schraubte, kam es ihnen plötzlich vor, als hätten sie ein Geräusch vernommen.
    »Pst!« sagte Jim, »hör mal!« Sie lauschten. Und da war es wieder. Es klang, als weinte irgendwo ein kleines Schwein. »Das hört sich an wie eine Stimme«, flüsterte Jim.
    »Stimmt«, sagte Lukas, »wie ein Ferkel oder so was. Wollen doch mal sehen, was los ist.«
    Sie standen auf und gingen dem Ton nach. Bald hatten sie die Stelle gefunden. Der Klagelaut kam aus einem Vulkan ganz in der Nähe. Aber dieser Vulkan schien erloschen. Er sprühte kein Feuer, es kam kein glühender Brei heraus, er rauchte nicht mal.
    Jim und Lukas kletterten auf den Hügel hinauf, der ungefähr so groß war wie ein kleines Haus, und schauten von oben in das Kraterloch hinein. Das Weinen war jetzt ganz deutlich zu hören. Sogar ein paar Worte konnten die Freunde verstehen:
    »Ach, ich kann nicht mehr, ich kann einfach nicht mehr! Ooooh, ich armer Wurm … !«
    Aber zu sehen war nichts, es war stockfinster im Innern des Vulkans.
    »Hallo!« rief Lukas hinunter, »ist da jemand?«
    Jetzt war es plötzlich totenstill. Auch das Jammern hatte aufgehört.
    »Hallo, hallo!« rief Jim mit heller Stimme, »wer is’ denn da? Wer hat da eben ›armer Wurm‹ gesagt?«
    Zunächst blieb es still, aber plötzlich ertönte ein fürchterliches Gekreisch. Im Innern des Vulkans polterte und rumorte es ganz entsetzlich. Die beiden Freunde traten ein wenig zurück, falls vielleicht doch Feuer oder glühende Lava herauskäme. Aber es geschah nichts dergleichen, sondern es erschien ein dicker Kopf

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