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Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Lukas. »Ich denke, wir warten mit der Abfahrt lieber bis Sonnenaufgang. Wenn’s auch noch so wenig Licht gibt, besser als gar nichts ist es immer noch. Was meinst du, Jim?«
    »Ich glaub’ auch«, erwiderte Jim.
    »Dann ist es wohl das beste, ich verabschiede mich jetzt«, meinte Herr Tür Tür. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß, meine Freunde. Und ich möchte lieber nach Hause kommen, ehe es Tag wird. Sie wissen ja, wegen der Fata Morgana.«
    Sie schüttelten sich die Hände und sagten sich Lebewohl, und Herr Tür Tür bat, wenn die beiden Freunde wieder einmal in die Wüste »Das Ende der Welt« kämen, dann sollten sie ihn doch ja besuchen. Jim und Lukas versprachen es. Und dann machte sich der Scheinriese auf den Heimweg nach seiner Oase.
    Die Freunde sahen ihm nach. Seine Gestalt wurde mit jedem Schritt größer und immer größer, bis er schließlich wieder riesenhaft am fernen Horizont stand. Dort drehte er sich noch einmal um und winkte, und Jim und Lukas winkten zurück. Dann schritt Herr Tür Tür weiter und wurde noch größer, aber auch undeutlicher, bis seine ungeheure Gestalt zuletzt am nächtlichen Himmel verschwamm.
    »Ein netter Mensch!« sagte Lukas und paffte heftig. »Kann einem wirklich leid tun.«
    »Ja«, meinte Jim gedankenvoll. »Schade, daß er so allein sein muß.«
    Und dann gingen sie schlafen, um für die Fahrt durch die Region der »Schwarzen Felsen« Kräfte zu sammeln. Am nächsten Morgen ging die Sonne strahlend hell über der Wüste auf. Jim und Lukas frühstückten, dann riegelten sie die Türen des Führerhäuschens fest zu, schlössen sorgfältig die Fenster und fuhren los, mitten hinein in die kohlpechrabenschwarze Finsternis.
    Es war tatsächlich, wie Herr Tür Tür gesagt hatte: Die blendend helle Sonne war bald nicht mehr zu erkennen. Nur ein matter violetter Fleck stand irgendwo hoch oben am schwarzen Himmel. Rundherum war alles vollkommen dunkel.
    Lukas knipste an einem Schalter und ließ die Scheinwerfer aufleuchten. Aber es nützte nichts. Das Licht wurde von den schwarzen Felsen aufgeschluckt, und es blieb so finster wie zuvor.
    Je länger sie unterwegs waren, desto kälter wurde es. Jim und Lukas hängten sich ihre Schlaf decken über, aber bald half auch das nichts mehr. Obwohl Lukas ganz gewaltig einheizte, drang der Frost doch immer schneidender durch die Fensterscheiben.

    Das Klagen des Windes hörte sich beinah schadenfroh an.
    Jim begann so zu frieren, daß ihm die Zähne aufeinanderschlugen.
    Es ging nur sehr, sehr langsam vorwärts. Stunde um Stunde verrann, und nach Lukas’ Schätzung hatten sie erst die Hälfte der hundert Meilen zurückgelegt.
    Jim half jetzt beim Heizen, denn Lukas kam allein gar nicht mehr nach. Immer rascher mußten sie Kohlen in das Feuerloch schaufeln, damit das Wasser im Kessel überhaupt zum Kochen kam und Dampf hergab. Emma schleppte sich von Minute zu Minute langsamer dahin. An ihrem Schornstein und den Ventilen hingen bereits dicke Eiszapfen. Lukas blickte sorgenvoll auf den Kohlenvorrat, der immer mehr und mehr zusammenschmolz. »Hoffentlich kommen wir aus«, murmelte er.
    »Wie lange reichen denn die Kohlen noch?« erkundigte sich Jim und blies sich in die erstarrten Hände. »Eine Stunde vielleicht noch«, antwortete Lukas, »oder vielleicht noch nicht mal so lange. Bei dem Verbrauch ist das schwer zu sagen.«
    »Können wir’s denn bis dahin geschafft haben?« fragte Jim schnatternd vor Kälte. Seine roten Lippen waren bläulich angelaufen.
    »Wenn nichts dazwischenkommt, vielleicht«, brummte Lukas und wärmte sich die eiskalten Finger an seiner Pfeife. Jetzt war sogar der blasse violette Fleck am Himmel verschwunden. Sie näherten sich nun also wohl dem »Mund des Todes«. Einige Minuten verstrichen noch, und dann hörten sie es plötzlich von weitem gräßlich heulen und stöhnen: »Huuuuiiiiuuuuiiiioooohhhh!«
    Es klang so schauerlich, daß es dafür einfach keine Beschreibung gibt. Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst gehört hat. Der Ton war nicht laut, aber er drang so jammervoll durch die schwarze Einsamkeit, daß es kaum zu ertragen war.
    »O jemine!« stammelte Jim, »ich glaub’, ich stopf mir lieber wieder Wachs in die Ohren.«
    Aber der Kerzenstummel war von der Kälte hart wie Stein geworden und ließ sich nicht kneten. Die Freunde mußten also die trostlosen Klagelaute aushallen. »Aaaaaaauuuuuuuuuu!«wimmerte es draußen, jetzt schon viel näher.
    Lukas und Jim bissen die

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