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Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war

Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war

Titel: Joel 1 - Der Hund der unterwegs zu einem Stern war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sein darf, das ist eine tote Mama.
    Manchmal denkt er auch, er könnte so antworten, wenn ihn jemand fragt oder ärgern will. Er hat ausprobiert, wie das klingt.
    »Meine Mama ist tot.«
    Aber das kann man auf verschiedene Art und Weise sagen. Man kann es so sagen, daß es klingt, als ob sie bei einem dramatischen Flugzeugabsturz in einem fernen Land umgekommen wäre, während sie mit einem wichtigen Auftrag unterwegs war. Man kann es auch so sagen, als ob sie bei einem Kampf mit einem Löwen umgekommen wäre. »Meine Mutter ist tot«, könnte er sagen.
    Das klingt dann so, als ob ihm das eigentlich egal wäre. Aber als er an diesem Morgen das Foto neben dem Kopf von seinem schlafenden Papa findet, weiß er, daß sie nicht tot ist. Und er weiß, daß er herausfinden muß, was geschehen ist.
    Jeden Abend vorm Einschlafen denkt er sich verschiedene Geschichten über sie aus, von denen er träumen kann, bis er einschläft. Ihm gefällt die Geschichte am besten, in der er sich vorstellt, sie sei eine Galionsfigur am Bug eines Schiffes mit drei hohen Masten und vielen gesetzten Segeln.
    Abwechselnd sind er selber und Papa Samuel Kapitän auf dem Schiff, das fast immer Schiffbruch erleidet, aber schließlich den gefährlichen Riffen unter Wasser entrinnt. Das ist ein guter Traum, weil er sich so viele verschiedene Schlüsse ausdenken kann.
    Aber manchmal, wenn er schlechter Laune ist, läßt er das Schiff sinken und die Galionsfigur in viertausend Meter Tiefe begraben. Während sich die erschöpfte Besatzung auf eine unbewohnte Insel an Land rettet, läßt er seine Mama einfach so in der Meerestiefe verschwinden. Samuel Island oder Joel Island. Niemals heißt die Insel, auf die sie sich retten, Jenny Island.
    Oft läßt er das Schiff sinken, wenn Otto ihn geärgert hat.
    Obwohl er auf der Hut und immer darauf vorbereitet ist, daß ihm jemand auf dem Schulhof unangenehme Fragen stellt, hat Otto ein heimtückisches Talent, sich immer dann anzuschleichen, wenn er keine gute Antwort parat hat.
    Otto ist älter und ein Sitzenbleiber. Er hat eine Krankheit, von der niemand weiß, was es eigentlich ist. Manchmal kommt er mehrere Monate nicht in die Schule, und wenn er noch länger wegbleibt, muß er die Klasse wiederholen. Ottos Papa ist Heizer, und wenn man Glück hat, nimmt Otto einen mit, und man kann sehen, was im Lokschuppen passiert.
    Aber Joel gehört nicht zu denen, die mitkommen dürfen. Er und Otto fauchen sich meistens wie Katzen an. »Wenn ich Mutter wäre und einen Sohn wie dich hätte, war ich auch abgehauen«, sagt Otto plötzlich, so laut, daß alle, die auf dem Schulhof in der Nähe sind, es hören können.
    Joel hat keine Ahnung, was er antworten soll. »Meine Mutter ist Galionsfigur«, sagt er. »Aber du weißt wahrscheinlich nicht mal, was das ist.« Die Antwort, die er gar nicht vorbereitet hat, ist offenbar eine gute Antwort, denn Otto sagt nichts mehr. Nächstesmal halt ich das Maul und lang ihm eine, denkt Joel. Wahrscheinlich bezieh ich dann Prügel. Otto ist älter und größer. Aber vielleicht schaff ich es ja, ihn zu beißen…
    In der nächsten Stunde haben sie Erdkunde. Frau Nederström kommt aus dem Lehrerzimmer, wo sie in den Pausen Tee kocht und Kreuzworträtsel löst. Sie hat einen Klumpfuß, und sie ist Joels Lehrerin, seit er eingeschult wurde.
    Einmal hat er sich über sie lustig gemacht, indem er hinter ihr hergeschlichen ist und ihr Hinken nachgeahmt hat. Plötzlich hat sie sich umgedreht und ihn angelächelt. »Das machst du richtig gut«, hat sie gesagt. »Ich geh ja tatsächlich genauso.«
    Wenn sie keinen Klumpfuß gehabt hätte, könnte Joel sie sich gut als Mama vorstellen. Aber Frau Nederström ist mit einem Vermessungsingenieur verheiratet und hat eigene Kinder.
    Erdkunde ist Joels Lieblingsfach. Er vergißt nichts von dem, was Papa Samuel ihm erzählt hat. Er weiß, wo Pamplemousse und Bogamaio liegen, aber er weiß nicht genau, wie man die Namen ausspricht. Keiner in der Klasse weiß so viel über die Welt wie er. Über Schweden hat er vielleicht nicht besonders viel gelernt. Aber von allem, was hinter den dunklen Wäldern, hinter dem Meer liegt, davon weiß er mehr als die anderen.
    Sobald sie sich gesetzt haben, hebt Otto die Hand.
    Joel bemerkt es nicht, weil Otto in einer Bankreihe hinter ihm sitzt.
    Frau Nederström nickt ihm zu.
    »Möchtest du nach Hause gehen?« fragt sie. »Ist dir nicht gut?«
    Otto meldet sich selten, außer wenn er krank geworden ist. Aber jetzt will er

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