Jürgen Klopp: Echte Liebe
Mannschaft auf die Beine bekommen. Auf dem Bolzplatz in Glatten, in der Nähe wohnt die Familie Schweizer, wird nicht mehr gebolzt, der Trik guckt immer, ob da einer für den SV dabei ist. Und? Kopfschütteln.
Die Kinder haben einfach zu viel Schulunterricht, auch am Nachmittag, und nach der Schule andere Termine. Stress halt. Haas erinnert sich, dass »wir entweder gebolzt haben, oder trainiert«. Jeden Tag war Fußball. Hausaufgaben? »Wenn es ging, gar nicht«, lacht Haas. Und wenn es doch sein musste, dann hopplahopp. Nach dem Bolzen sind Klopp und seine Spezis einfach bei den Schweizers in den Keller gestiegen, und haben sich bedient. Sprudel. Bei der Meisterfeier in Glatten hat er sich nochmal bei den Schweizers bedankt. Wer weiß, was ohne den Sprudel wäre …
»s’Klopple« hat Talent
Dass das »Klopple« Talent hat, zeigt sich rasch. In der D-Jugend ist es jedem klar. Beim Bolzen läuft es so wie überall, die Spieler werden gewählt, und wer am Anfang gewählt wird, ist einer von den Guten. Jürgen ist Anfang, Jens nicht. Man trifft sich am Brunnen, Ball auf dem Gepäckträger, Lederbälle sind kein Problem, anders als zu Gerhard Triks Zeiten, eine Generation vorher. Da waren Lederbälle und Fahrräder noch nicht jedermanns Sache.
Wenn da einer ist, der es kann, merkt man ja erst, wie schlecht man selbst ist. Haas nickt, aber entscheidend ist, »dass er das einen nie hat merken lassen. Er hat zwar beim Spiel geschimpft, aber das macht jeder in diesem Alter, und er wurde nie persönlich«. Bis heute ist der Klopp nicht der Typ, der Stress sucht, er kommt mit jedem klar, er gibt niemandem das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Er kann sich durchsetzen, macht das aber auf seine Art. Deutlich und nett. Den Trainer des VfB hat er kritisiert, den des SV Glatten nicht. »Der Vater war meistens dabei, mit dem hat er strittige Fragen diskutiert«, sagt Haas. Auch als der Sohn für den FSV Mainz in der Zweiten Liga spielt, fährt der Vater regelmäßig hin und brüllt Kommandos auf den Platz. »Markante Stimme«, sagt Haas.
Kapitän Klopp
Als Mannschaftskapitän der C-Jugend »strahlte Klopp Sicherheit aus«, sagt Haas. Er war eine »zentrale Figur«, auf ihn konnte man sich »in jeder Situation auf dem Platz verlassen«. Er war »immer anspielbar« und »weder als Fußballer, noch durch die Art seines Auftretens als Mensch, irgendwie angreifbar«. Wenn ein Spieler wie Haas das Gefühl hatte, dass es heute schief geht, dann guckte er zu Klopp hinüber, und der vermittelte genau dieses Gefühl nicht. So was kann hilfreich sein. Und was konnte der Klopp nicht gut? »Verlieren«, antwortet Haas prompt. Da flogen schon mal Böller in die Ecke, das erinnert an den Trainer Klopp, der seine Emotionen raushaut.
Vespa, orange
Das »Klopple« hatte ein Mofa, orange, eine Vespa. »Meines war schneller«, sagt Haas, »das hat ihn geärgert, aber das hat er sportlich genommen.« Natürlich wurden »Rennerles« gefahren, die Mofas waren frisiert. Und Astrid Wissinger erinnert sich an einen aus ihrer Altersgruppe, der bei einem Unfall einen Arm verlor. »Da hatte der noch ein Mordsglück«, sagt sie.
Auf den Gedanken, dass der Mittelfeldspieler Jürgen Klopp, der in der C-Jugend eine Menge Tore schoss, in der Bezirks- und Verbandsauswahl spielte, mal Fußballprofi werden könnte, ist Haas nicht gekommen. Auch nicht, als der Klopp zum TuS Ergenzingen wechselte, in die A-Jugend, die einen guten Ruf hatte, weil sie mit Wolfgang Baur einen guten Trainer hatte. Zum TuS Ergenzingen ging noch einer mit, der Jürgen Haug, Norbert Klopp chauffierte die beiden zum Training. Im Auto: immer Einzelkritik. Zu dieser Zeit Vereins- und Schulwechsel: Der kleine Klopp war einer von drei Glattemern, die aufs Wirtschafts-Gymnasium in Dornstetten gingen. Die ersten ein, zwei Jahre, hielten die Beziehungen zu den Gleichaltrigen in Glatten, dann spürte Haas »einen Bruch«. Nicht der letzte. Das hat nichts damit zu tun, wie man miteinander umgeht, und welche Gefühle man füreinander hegt.
Haas hat seinen Sohn beobachtet, wie der auf Jürgen Klopp als TVoder Baumarkt-Werbefigur reagiert. Wir nehmen einen Schluck Weizenbier und überlegen, wie die Firmen heißen, für die Klopp wirbt. Wir kommen nicht drauf. »Er reagiert wie auf jede andere Werbefigur«, sagt Haas. Für seinen Sohn gibt es nur diesen Klopp. Den Unerreichbaren auf der Dortmunder Bank und im Fernsehen. Für Vater Haas ist das anders. Da gibt es zwei. »Wenn er im Fernsehen
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