Jürgen Klopp: Echte Liebe
fielen die Gewinne von zwei Deutschen Meisterschaften und der Champions League sowie der Einzug ins Finale des UEFA-Pokals. Klopp also auf Dauer ein Borusse? Kein so unrealistisches Szenario, findet auch sein Lehrmeister: »Vielleicht wird Jürgen mit seinen Spielern in Dortmund alt«, mutmaßt Wolfgang Frank. 50
Es wird Skat »gekloppt«.
Zorc, Watzke und Klopp – dieses Triumvirat gibt ein beeindruckendes Bild von professioneller Geschlossenheit ab. Eines, das symbolisiert: »Zwischen uns passt kein Blatt Papier.« Widersprüchlichkeit durch öffentlich artikulierte Meinungsvielfalt gibt es nicht. Alle drei haben den Verein auf eine gemeinsame Linie eingeschworen. Auch menschlich ist das Verhältnis zwischen den Führungskräften hervorragend. Diese Harmonie drückt sich nicht zuletzt in regelmäßigen Skatabenden zuhause bei der Familie Klopp aus, zusammen mit Watzke und seiner Frau. Dann wird den ganzen Abend über alles außer Fußball geredet, über Gott und die Welt geplaudert. Schon mehrfach fanden diese Treffen anfangs der Woche statt, dann, wenn man glauben könnte, Vorgesetzter und Angestellter hätten nach dem Spiel am Wochenende genug voneinander. Doch das ist ein Trugschluss. Vielmehr macht Watzke keinen Hehl daraus, dass er Klopp am liebsten noch lange Zeit beim BVB sähe.
»Klopp als Bundestrainer würde wunderbar funktionieren.«
Für Frank Dopheide, der sich in diesem Buch bereits über die Werte von Jürgen Klopp äußerte, wäre er als Bundestrainer die Idealbesetzung. Einen Job bei einem internationalen Topklub sieht der Markenexperte dagegen kritisch:
Viele sehen Klopp eines Tages als Bundestrainer, Sie auch, Herr Dopheide?
Das würde wunderbar funktionieren, denn die Nationalmannschaft verkörpert Werte wie Heimat, Sicherheit und Familie, für die auch Klopp steht. Und durch das Sommermärchen von 2006 hat die Nationalelf für sich Werte wie Leichtigkeit, Humor und Offenheit entdeckt. Daher würde das jetzt super passen. In der »Vor-KlinsmannÄra«, also vor 2004, wäre das noch schwieriger gewesen, weil es damals sehr funktional nach Logik, Disziplin, Pflicht und Askese ablief – da waren wir noch die »Rumpelfußballer«. Aber so, wie sich die Marke Nationalmannschaft entwickelt hat, würde das mittlerweile zu einhundert Prozent passen, keine Frage.
Und als Trainer im Ausland? Würde das auch passen?
Die großen internationalen Topvereine wären schwierig, weil sie nichts mehr von Freundschaft, Familie, Treue und Heimat verkörpern. Sie sind oft von Investoren übernommen und sind total auf Erfolg dressiert. Zugleich gehen viele der traditionellen, fundamentalen Werte verloren. Welcher europäische Topverein ist in sich noch verortet? Es müsste ein ähnlicher Kern sein, wie er beim BVB und eben auch bei Klopp vorliegt – und zu dem er idealerweise noch seine ureigene Leichtigkeit hinzufügen kann. Aber das bieten weder Real Madrid, noch der FC Barcelona, noch Manchester United. Nein, mir fällt kein geeigneter internationaler Topverein ein. Ein kleinerer Klub würde von den Werten her eher passen, doch ob Klopp seine sportlichen Ansprüche zurückschrauben möchte?
Als Mittfünfziger in Rente?
Doch wäre Bundestrainer tatsächlich der geeignete Job für einen Mann, der auf den Trainingsplatz gehört – und das möglichst täglich? Mit dann 47 Jahren, wenn sein aktueller Vertrag ausläuft, nur noch alle paar Wochen zwei Länderspiele zu betreuen? Nur unregelmäßig für wenige Tage mit der Mannschaft arbeiten zu können? Heute ist es schwer vorstellbar, dass Klopp darin alsbald seinen Reiz finden wird.
Genug der Worte von außerhalb. Was sagt eigentlich der Betroffene selbst zu seinen Vorstellungen? Auf die Frage nach einem möglichen Lebensentwurf antwortete Klopp im April 2011 ganz anders, als womöglich von Außenstehenden erwartet: »Es kommt vor, dass wir zuhause darüber sprechen, was in zehn Jahren ist. Es wäre schon cool, dann dazustehen und zu sagen: ›Danke, war geil, hat Spaß gemacht ohne Ende, reicht.‹ Und dann 30 Jahre Zeit zu haben. Ich habe gar nichts gesehen von der Welt, habe nicht viel Urlaub gemacht.« 51
Mit Mitte 50 in Fußballrente? Zuzutrauen wäre es Jürgen Klopp, so konsequent wie er seinen Weg bisher gegangen ist. Schon zuvor hatte Klopp ganz ähnliche Worte gewählt: »Die Ruhe in mir zu spüren, (…) dass es mir scheißegal ist, ob am Wochenende irgendeine Fußballmannschaft gewonnen hat oder nicht. (…) Das fände ich schon cool, wenn wir das
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