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Jugend

Jugend

Titel: Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Conrad
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Art Jack London zu gelten«. Dagegen amüsierte ihn der ungenierte Bärenaufinder und Talmiabenteurer Edgar Wallace sehr, und er führte häufig Zitate aus den erfundenen afrikanischen Geschichten dieses Phantasten im Munde. Vielleicht hielt er ihn für einen echten Don Quichotte – und der stand ihm näher als ein Held oder als ein bloßer Stilist. »Stilist« zu sein galt diesem subtilen, empfindlichen Sprachkünstler als niedrigster Maßstab, den er zu vergeben hatte und den er zum Beispiel dem bekannten Abenteuererzähler Stevenson zuerteilte. Einem Stilisten fiel alles leicht, weil er nichts ernst nahm. Conrad jedoch kosteten seine Bücher of Jahre. Er verbesserte unausgesetzt. Dreißig ganze Zeilen im Tag war ein guter Durchschnitt für ihn. Viele hielten ihn deshalb für faul – was er seelenruhig hinnahm, mit der durchaus nicht puritanischen Erklärung: »Ich liebe die Arbeit nicht. Kein Mann tut das. Aber ich liebe, was in der Arbeit steckt: sich selbst zu finden.« In diesem Wunsch, sich selbst zu finden, liegt die innere Verbindung zwischen seinem Seemannsleben und seiner Dichtung. Auch das Schreiben galt ihm als »Mannesprobe«, deren einziger Lohn in der vollkommenen Liebe zum Werk lag. War das Werk getan, so interessierte es ihn nicht sonderlich mehr. Er konnte Dinge, die er geschrieben hatte, so sehr vergessen, daß er sogar seine Autorschaf ableugnete.
    Conrad besaß ein außerordentlich tiefes Gefühl für die Vergeblichkeit jeder menschlichen Anstrengung. Sich selbst nannte er einmal »eine Art von inspiriertem Humbug«. Der Schatten, der auf seine Jugend gefallen war, verließ ihn nicht. Er ist nie so weit Engländer geworden, um an die Wirkung einer dünkelhafen Moral zu glauben, und belustigte sich zeitlebens an diesem typisch englischen Spleen. Die Welt verbessern zu wollen – das war ihm schon als Knaben donquichottisch erschienen. Was er von solchen eingebildeten Möglichkeiten hielt, zeigt folgender Ausspruch: »Die Menschheit im allgemeinen ist weder schuldig noch unschuldig. Sie existiert einfach, das ist Unglück genug. Menschen sterben und leiden für ihre Überzeugungen, und wie sie zu diesen Überzeugungen gekommen sind, macht nicht das geringste aus … Die Intelligenz selbst ist ein Ding, das von keinem besonderen Vorteil ist – außer für uns selbst, um uns mit ihr zu quälen. Denn sobald man sie gebraucht, tauchen die Fragen nach Recht oder Unrecht auf, und das sind Lufgespinste, die nicht die geringste Beziehung zu den entscheidenden Realitäten des Lebens haben … Es gibt allerdings auch Gefühle, und indem wir uns ihnen überlassen, entgehen wir zwar weder dem Tod noch dem Leiden, die unser allgemeines Los sind, aber wir werden fähig, sie in Frieden zu ertragen.« Conrad erblickte seine Aufgabe in der getreuen Schilderung dieses Schauspiels, »das man mit Anbetung oder Haß, wenn man will, aber nie mit Verzweif lung betrachten sollte«. Bekenntnisse liebte er nicht. Rousseau tat er als »naiven Moralisten« ab, der keine Ahnung von der Kunst des Erzählens gehabt habe. »Die Eingebung«, meinte er, »kommt von der Erde, nicht von dem kalten, unerschütterlichen Himmel. Nur durch seine Werke zeigt ein Romanschrifsteller sich selbst. Aber jeder, der seine Gedanken zu Papier bringt, kann einfach von nichts anderem reden, wofern er nicht ein Moralist ist, der im allgemeinen kein Gewissen hat – dasjenige ausgenommen, das er mit so unendlicher Mühe zum Nutzen der anderen hervorkehrt.«
    Hier hat man den ganzen Conrad mit seinem Abscheu vor Verschwommenheiten, die sich moralisch maskieren. Für ihn gab es nur ein einziges Tema, über das zu reden sich lohnte. Es kehrt in all seinen Büchern wieder, weil es zugleich die Aufgabe bezeichnet, für die er sein Leben eingesetzt hatte. Wenn man will, kann man es den Kampf der menschlichen Natur gegen die Gewißheit der Vernichtung nennen. Dieses Tema schien ihm der Besinnung wert – nicht, als ob er wie ein echter Angelsachse gehof hätte, durch die Tat etwas ändern zu können, denn daran glaubte er so wenig wie an die Möglichkeit, Polen zu befreien. »Sie vergessen«, schrieb er einmal an einen Freund, »daß wir Polen gewohnt sind, ohne Illusionen in den Kampf zu gehen. Es ist ganz englisch, sich nur in einen Kampf einzulassen, um ihn zu gewinnen. Wir dagegen sind in diesen letzten hundert Jahren wiederholt in die Schlacht gezogen mit der einzigen Chance, aufs Haupt geschlagen zu werden. Aber Sie haben wohl Ihre ganze Geschichte

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