Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
Leben war einfach, ich lief nicht Gefahr, noch einmal verlassen zu werden oder jemand anderen zu verlassen. Und dann kamst du, und ich wusste vom ersten Moment an, dass du mein Leben total auf den Kopf stellen würdest. Du bist einfach unter dem Schild hindurchgeschlüpft, immer wieder. Jedes Mal, wenn ich glaubte, meine Verteidigung würde stehen, hast du es geschafft, mich zu überrumpeln. Die Art, wie du so selbstverständlich durchs Leben gehst, ist eine seltene Gabe, aber auch sehr beängstigend für einen Mann, der seinen eigenen Weg verfolgen will.“
„Lass mich raten. Dieser Mann bist du, richtig?“
„Richtig. Und ich gebe offen zu, dass ich mich nicht auf dich einlassen, nicht an diesen Punkt gelangen wollte, wo wir jetzt sind. Denn ich wusste, wenn irgendetwas mit uns schiefgeht, dann wird einer von uns verlieren. Etwas sehr Bedeutsames würde sich ändern. Dein Leben, mein Leben. Hoffnungen, Träume. Ich habe so viel an meine erste Frau verloren und wollte diesen Ort hier nicht auch noch verlieren. Deshalb, solange du Red warst, bliebst du …“
„Unpersönlich? Nichts, was du verlieren konntest?“
„Richtig. Ich kann von hier weggehen und ein neues Leben beginnen. Und das wäre dann wirklich ein neues Leben, und nicht die Konsequenz von Sieg oder Niederlage.“
„Kannst du nicht hier ein neues Leben beginnen?“
„Kann ich?“
„Ich verstehe dich nicht. Es gibt doch nichts, was dich davon abhalten könnte, das zu tun, was du willst.“
„Doch, du verstehst mich sehr gut, Erin . Du bist vielleicht nur noch nicht bereit, es laut auszusprechen. Also beantworte mir diese Frage. Warum nennst du mich immer noch Coulson?“
„Weil ich nicht wusste, dass du anders genannt werden möchtest.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht der Grund.“
„Dann aus Gewohnheit, wie ich schon sagte.“
Sie zog sich das dünne Laken bis an den Hals hoch und wollte von ihm abrücken, doch er hielt sie fest. Der Gedanke an ihren nackten Körper lenkte ihn derart ab, wie er es noch bei keiner anderen Frau erlebt hatte. „Sprich die Worte aus, Erin. Du musst sie sagen. Wir beide müssen sie hören.“
„Was soll ich denn sagen? Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst. Und was soll die alberne Frage, warum ich dich so und nicht anders nenne? Ich muss jetzt gehen, mein Architekt wartet und …“
„Sag es mir, Erin.“ Diesmal klang seine Stimme bewusst hart.
Sie schaute hoch zur Decke und hoffte, so die Tränen zurückhalten zu können, die ihr in den Augen brannten. Dann holte sie tief Luft. „Ich nenne dich Coulson, weil es dann nicht so weh tut, wenn du mich verlässt. Denn wenn ich dich anders nenne, liefere ich mich einer Situation aus, die ich nicht kontrollieren kann und die mich verletzen könnte.“
„Aber warum?“
„Jemandem zu vertrauen und enttäuscht zu werden, das tut mir mehr weh, als der Krebs es je vermocht hatte. Damals, als ich nicht wusste, ob ich überleben oder sterben würde, war der Schmerz über das Verlassen werden viel größer als alle schmerzhaften Behandlungen, die ich über mich ergehen lassen musste. Ich besitze die Liebe des wunderbarsten Menschen auf der Welt, aber selbst die kann diese traumatische Erfahrung nicht auslöschen. Deshalb …“ Sie blinzelte gegen die Tränen an, die nun endlich flossen. „Wenn ich mich nicht verwundbar mache, dann …“
„Dann bricht niemand wieder dein Herz.“
Sie nickte.
„Aber du vertraust deinem Vater und hast eine Beziehung zu ihm, obwohl du sehr wohl verwundbar bist.“
„Weil er mich ausgesucht hat. Er wusste alles über mich. Wusste, dass ich sterben konnte. Wusste, dass meine Behandlung ihn eine Unsumme kosten würde. Trotzdem wollte er mich. Keiner sonst wollte mich, nicht meine richtigen Eltern, nicht meine Freunde … sie sind alle von mir weggegangen. Aber mein Vater ist immer auf mich zugegangen, weil er mich wollte.“
„Weiß er, dass du diesen Schmerz nie verwunden hast?“
„Nein. Das würde ich ihm nie gestehen, um ihn nicht zu verletzen.“
„Oder hast du Angst, dass auch er dich verlassen könnte, wenn er es wüsste? Aus Enttäuschung darüber, dass er dir deine Ängste nicht hatte nehmen können?“
Ihre Unterlippe zitterte. Tränen liefen ihr übers Gesicht, aber sie blieb stumm. Sie hatte keine Worte mehr. Was hätte sie auch sagen sollen, nachdem Coulson in ihrer Seele lesen konnte wie in einem Buch?
„Was deine Eltern dir angetan haben, war schrecklich und unverzeihlich. Ich
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