JULIA ARZTROMAN Band 26
Freunde ihrer Familie dabei. Einige Dorfbewohner kannten Ben aus der Notaufnahme des Krankenhauses und sprachen ihn an.
Fröhlich plaudernd merkten sie kaum, dass die Schlange immer kürzer wurde, und dann waren sie dran. Lucy nahm zwei Teller und reichte Ben einen, ehe sie sich zum Grill umwandte. Ihr sank das Herz in die Zehenspitzen. Sie hatte gehofft, dass ihr Vater inzwischen gegangen war, weil er noch anderes zu tun hatte. Aber da stand er neben Kate und häufte fertige Steaks und Burger aufeinander. Jetzt hob er den Kopf und hielt inne, in der Hand eine lange Gabel mit einem aufgespießten Würstchen.
Ben sah ihn an und nickte. Ein knapper Gruß, nur angedeutet. „Dr. Roberts, Mrs. Althorp.“
Lucys Puls beschleunigte sich. Natürlich wären sie sich irgendwann über den Weg gelaufen. Aber als die Männer einander beäugten wie zwei Kampfhähne in der Arena, fragte sie sich beunruhigt, ob Ben nicht doch recht gehabt hatte. Vielleicht hätte er lieber nicht kommen sollen.
Einen schrecklich langen Moment fürchtete sie, dass ihr Vater eine Szene machen würde. Doch er reichte Kate die Gabel, murmelte etwas, das Lucy nicht verstand, wandte sich brüsk ab und marschierte davon.
„Ihm ist gerade eingefallen, dass er noch etwas zu erledigen hat“, sagte Kate entschuldigend, konnte ihnen aber nicht in die Augen sehen.
Ben schüttelte den Kopf und wandte sich mit einem gezwungenen Lächeln an Lucy. „Tut mir leid, ich habe keinen Hunger mehr“, sagte er, während er ihr seinen Teller in die Hand drückte. „Viel Spaß noch.“
Mit langen Schritten bahnte er sich seinen Weg durch die Menge Richtung Ausgang.
Lucy blickte Kate entsetzt an. „Warum tut Dad das?“, fragte sie hilflos.
„Ich weiß es nicht. Es tut mir so leid, Lucy. Soll ich dir etwas auffüllen?“
Unschlüssig sah sie wieder über den Parkplatz, wo die Wagen dicht an dicht standen. Ben passierte gerade das Tor zur Harbour Road. Noch konnte sie ihn einholen …
„Entschuldige, ich muss gehen.“ Sie stellte die Teller auf den Stapel zurück und rannte los, quer über den Parkplatz, ohne Rücksicht auf ihre High Heels.
Lucy erreichte Ben, als er sein BMW-Cabrio rückwärts aus der Parklücke setzte. Atemlos riss sie die Beifahrertür auf. „Ben, warte!“
„Wozu?“ Seine Augen waren ausdruckslos. „Es war eine dumme Idee, ich hätte nicht kommen sollen. Ich verschwinde.“
„Ich auch.“ Kurz entschlossen glitt sie auf den Sitz und zog die Tür zu. „Wir sollten irgendwohin fahren. Schließlich müssen wir etwas essen, und schick gemacht haben wir uns auch. Wäre doch schade drum, oder?“
„Heute Abend bin ich bestimmt kein guter Begleiter.“
„Ach was“, tat sie unbekümmert. „Aber wir können uns auch Fish and Chips holen, wenn du willst.“
Ben schwieg. Sie hielt den Atem an. Dann lachte er rau auf und stellte den Motor ab. „Na gut. Lauf los und kauf zwei Portionen. Hier …“ Er drückte ihr zwanzig Pfund in die Hand. „Ich warte so lange.“
Lucy eilte über die Straße, zurück zum Festplatz. Am Pommesstand war es ruhig, weil alle sich vor dem Grill drängten, und sie wurde schnell bedient. Das Wechselgeld steckte sie in die Spendenbüchse der Penhally Bay Independent Lifeboat Association, der lokalen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
So schnell ihre hohen Absätze es zuließen war sie wieder bei Ben. Er saß da und blickte aufs Meer hinaus. Rasch setzte sie sich neben ihn. „Den Rest habe ich der PBILA gespendet“, verkündete sie.
Ben bedachte sie mit einem schiefen Lächeln. „Das passt ja. Wohin jetzt?“
„Wo es ruhig ist?“
„Dann weiß ich genau das Richtige“, erklärte er geheimnisvoll und startete den Motor. Der schnittige BMW glitt die Harbour Road entlang, vorbei an Menschengruppen und Festbesuchern, die zum Platz schlenderten. Kaum hatten sie den Ortsausgang erreicht, drückte Ben das Gaspedal durch.
Pfeilschnell sausten sie an der Küste entlang. Die Sonne stand tief über dem Horizont, aber sie hatten sie im Rücken und damit freie Sicht auf die im Abenddämmerlicht vor ihnen liegende Straße.
Lucy fasste ihre langen, im Fahrtwind wirbelnden Locken mit einer Hand zusammen, ehe sie sich Ben zuwandte. „Wohin fahren wir?“, rief sie, um das satte Brummen des Motors und den pfeifenden Wind zu übertönen.
„Zu meinem Lieblingsplatz, einem Aussichtspunkt. Wenn wir uns beeilen, sehen wir noch den Sonnenuntergang.“
Er nahm den Blick nicht von der Straße, und Lucy
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