Julia Bestseller Band 146
Wohnzimmer die Jacke abgestreift hatte. Und es gab keinerlei Entschuldigung für die Art und Weise, wie sie ihn angefleht hatte, sie ins Schlafzimmer zu tragen!
Aber hatte er sich auch nur einen Deut besser verhalten? „Du gemeiner Mistkerl“, flüsterte sie und zog die Knie an, damit sie ihren Kopf darauf legen und verbergen konnte.
Leo war geneigt, ihr zuzustimmen. Er benahm sich wie ein Schuft, wenn er ihr die alleinige Schuld an allem gab, was zwischen ihnen passiert war. Er richtete sich auf und wandte sich der Tür zu. Wäre ich doch bloß heute Morgen in Athen geblieben …, dachte er.
Zwei Telefone meldeten sich zeitgleich mit lautem Klingeln. Er zog sein Handy aus der Tasche und erwartete, auf dem Display Ricos Namen zu lesen. Doch es war Juno, seine Assistentin.
„Ich hoffe, es ist wichtig“, eröffnete er das Gespräch, während er die Schlafzimmertür hinter sich ins Schloss fallen ließ.
Bei dem Geräusch hob Natasha den Kopf. Sie war allein. Er hatte sie wie ein Häuflein Elend auf seinem Bett zurückgelassen und war gegangen.
Hastig sprang sie vom Bett, unendlich verletzt und zum zweiten Mal an diesem furchtbaren Tag von einem Mann gedemütigt.
Sie musste hier weg! Fast hätte sie laut aufgeschrien, als sie sich umschaute und ihre Schuhe nirgends finden konnte. Jetzt wurde ihr klar, was der dumpfe Laut war, den sie gehört hatte, als Leo sie in die Arme gehoben hatte.
Sie taumelte auf die Tür zu. Ohne jemandem zu begegnen, schaffte sie es ins Wohnzimmer. Die so lange zurückgehaltenen Tränen brannten wieder in ihren Augen, als sie ihre achtlos auf dem Boden liegende Jacke erblickte.
Mit zitternden Händen griff sie danach, schlüpfte hinein und schloss alle Knöpfe. Während sie noch mit den Schuhen beschäftigt war, erschien Leo auf der Türschwelle.
Das Handy in ihrer Handtasche begann zu klingeln.
Natasha beugte sich vor, hob die Tasche auf und zog ihr Telefon heraus. Dann warf sie das schmale Gerät mit aller Kraft auf den Eichenboden.
Das Klingeln verstummte.
Wie das Echo eines Trommelwirbels hallte die folgende Stille durch den Raum. Und noch immer stand Leo auf der Türschwelle und blockierte ihren einzigen Fluchtweg.
„Bitte“, stieß sie schließlich hervor. „Lass mich durch.“
Schweigen. Er sagte nichts. Rührte sich nicht. Irgendetwas an seiner Haltung, wie er sie mit über der Brust gekreuzten Armen aus schmalen Augen ansah, weckte Natashas Misstrauen.
„Was ist los?“, fragte sie.
Wie, überlegte Leo, wird sie wohl reagieren, wenn ich sie beschuldige, eine Diebin zu sein?
„Ich bin nur neugierig“, meinte er ruhig. „Wohin willst du?“
Innerlich fühlte er sich alles andere als ruhig. Innerlich fühlte er sich so betrogen und aufgewühlt, dass er keine Ahnung hatte, wie es ihm gelang, noch an sich zu halten!
Ricos kleine Komplizin … wer hätte das gedacht? Offensichtlich war Miss Steif und Prüde nicht ganz so prüde, wenn es darum ging, ihre hübschen gierigen Finger nach dem Geld auszustrecken, das Rico ihm gestohlen hatte.
„Zu Rico?“, schlug er vor, als er keine Antwort erhielt.
„Nein!“ Sie war eine wirklich gute Schauspielerin. „Nach Hause. In mein Apartment.“
„Du hast keinen Schlüssel.“ Schließlich hatte er Rasmus ihren Schlüsselbund in der Tiefgarage zugeworfen, damit er ihren Wagen nach Hause fuhr.
„Ich bitte den Hausmeister, mich hereinzulassen.“
„Oder deine liebe Schwester“, sagte Leo. „Ich vermute, sie wartet bereits auf dich.“
Ob Cindy auch in den Betrug verwickelt war?
Er ließ seinen Blick über Natashas Körper wandern. Die Knöpfe der Jacke waren wieder bis zum Hals geschlossen, als habe das leidenschaftliche Intermezzo niemals stattgefunden. Nur die offen auf ihre Schultern fallenden Haare und die von den wilden Küssen geröteten Lippen waren als stumme Zeugen übrig geblieben.
„Was kümmerte es dich?“, fragte Natasha. „Es ist ja nicht dein Problem“, fuhr sie steif fort. „Ich verstehe auch nicht, warum du mich überhaupt hergebracht hast.“
„Du brauchtest einen sicheren Platz, um dich zu sammeln.“
„Sicher?“, stieß sie hervor. „Kaum hattest du mich durch die Haustür gezerrt, da bist du doch schon über mich hergefallen!“
Sein gleichgültiges Schulterzucken versetzte sie erst richtig in Wut. Auf immer noch wackligen Beinen marschierte sie auf ihn zu. Sie war sich bewusst, dass er jeden ihrer Schritte mit Argusaugen verfolgte. Und sie ahnte, dass sie die Tränen nicht
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