Julia Extra Band 0293
einem Anwalt aus New Haven gelöst.“
„Mom!“
Doch Helena war zu sehr von ihren eigenen Ideen begeistert, um die Proteste ihres Sohnes zu hören. Glücklicherweise suchte Rosie sich diesen Moment aus, um an die Tür zu klopfen.
„Jemand möchte Sie sehen. Er sagt, es sei wichtig“, flüsterte sie.
„Mom“, sagte Elias in den Hörer. „Mom, ich muss auflegen. Ich habe jetzt einen Termin.“
„Aber die Präsidentin …“
„Auf Wiederhören, Mom.“ Er knallte den Hörer auf die Gabel und starrte das Telefon wütend an. Dann wandte er sich an Rosie. „Schicken Sie ihn herein.“
Rosie blickte sich zu einem Mann an der Rezeption um. „Mr. Antonides hat jetzt Zeit für Sie.“ Sie trat zur Seite, und ein schlaksiger, lässig gekleideter Antonides schlenderte in Elias’ Büro.
„Hi, Bruderherz! Wie läuft’s?“
„Peter?“
Sein Bruder trug ausgeblichene Jeans mit Löchern an den Knien und ein grellrotes Hawaiihemd, auf das bunte Palmen gedruckt waren. Ein Dreitagebart zierte sein Kinn, das schwarze Haar war zerzaust und schon länger nicht mehr geschnitten worden.
„Schau nicht so überrascht. Ich habe dir doch gesagt, ich will mit dir sprechen, aber du rufst ja nie zurück.“
„Ich bin beschäftigt.“
Seit ungefähr drei Jahren hatten sich die Geschwister nicht mehr gesehen. Vor zehn Jahren war Peter nach Hawaii aufs College gegangen, und bei seinen gelegentlichen Besuchen in der Heimat hatte Elias im Familienunternehmen aufzusuchen, keinen hohen Platz auf seiner Prioritätenliste eingenommen.
Beim letzten Mal hatte Peter ihn in seiner Wohnung besucht und gefragt, ob er ihm Geld leihen könnte – Geld, das er immer noch nicht zurückgezahlt hatte.
Jetzt ließ sich Elias auf den Sessel hinter seinem Schreibtisch sinken und bedeutete seinem Bruder, in dem auf der anderen Seite Platz zu nehmen. Er strich glättend über einige Unterlagen auf seinem Schreibtisch, griff dann nach einem Stift, rollte ihn zwischen den Fingern hin und her und wartete darauf, dass Peter ihm endlich den Grund seines Kommens verriet.
Aber der war offensichtlich noch nicht dazu bereit. Er schritt im Raum umher, jonglierte mit Elias’ gläsernem Briefbeschwerer, tippte mit den Fingern gegen den Türpfosten und steckte schließlich die Hände tief in die Hosentaschen.
„Ich habe an einem Surfbrett gearbeitet.“
An einem Surfbrett zu arbeiten, kam Elias wie ein Widerspruch in sich vor. Zu surfen und das Segel in den Wind zu halten, machte schlicht und einfach Spaß.
Doch er schwieg und ließ Peter erzählen, wie er, während er sein altes Brett repariert hatte, auf eine bahnbrechende neue Idee gekommen war.
„Ich zeige dir, was ich meine“, sagte Peter. Er ging ins Empfangszimmer und kehrte mit einer großen quadratischen Mappe zurück, die er auf Elias’ Schreibtisch öffnete.
Darin befanden sich viele Zeichnungen, überraschend detailliert und mit Zahlen, Pfeilen und Angaben über Geschwindigkeit und Windkräfte versehen. Peter schien ihm jeden einzelnen Punkt erklären zu wollen, inwiefern das neue Modell schneller und leichter zu manövrieren, wie einfach es herzustellen und erst recht zu verkaufen sei. Nach einer halben Stunde hielt er inne und blickte Elias an.
„Also?“, fragte er. „Was hältst du davon?“
Elias, der in Überlegungen versunken war, wie er Tallie heute Nacht in seine Wohnung einladen könnte, blinzelte. „Halten? Von was?“
„Von dem Surfbrett.“ Seinem Bruder gelang es kaum, seine Ungeduld zu zügeln. „Hast du mir denn gar nicht zugehört?“
„Doch, natürlich.“ Nun, irgendwie. Elias zuckte die Schultern. „Es ist … interessant.“
„Möchtest du es tun?“
„Was tun?“ Sicherlich bat sein Bruder ihn doch nicht, mit ihm surfen zu gehen.
„Ach du meine Güte, Elias! Ich bin den ganzen Weg von Honolulu gekommen, um dir die Pläne zu zeigen …“
„Pläne? Für was? Um ein Surfbrett zu bauen?“
„Ja, verdammt noch mal.“
„Dann, verdammt noch mal, will ich es nicht tun.“
Es war Peters Pech, dass Elias seine gesamte Familie gerade satt hatte. Seinen Vater, der nur Golf spielen und segeln wollte, seine Mutter, die nur Enkelkinder wollte, die er ihr verschaffen sollte, Cristina, die bereits ein Kind erwartete, von dem niemand etwas wissen durfte, und jetzt auch noch Peter, Mr. Super-Surfer, der nur zu Besuch kam, wenn er etwas wollte. Und der ihm zu allem Überfluss eine lahme Idee präsentierte, die zu nichts anderem gut war, als noch mehr Geld
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