Julia Extra Band 0349
einer Verpackung bückte.
„Was ist das eigentlich alles?“
„Bergungsgeräte. Fotoausrüstung. Sonargerät. GPS.“
„Sie sind ein Plünderer?“ Absichtlich gebrauchte Honor das abfällige Wort für einen Bergungsexperten und beobachtete genau, wie er reagierte.
Du lieber Himmel, was mache ich, wenn er einer ist? Sie waren vom fünf Mann starken Polizeiaufgebot der Inselgruppe weit entfernt.
Seine Miene verhärtete sich. „Ich bin Meeresarchäologe.“
„Was ist der Unterschied?“
„Der Unterschied besteht darin“, sagte er, während sie Ausrüstungsgegenstände aus dem Schlauchboot weg von der Flutlinie schleppten, „dass das eine von der australischen Regierung gemäß dem Gesetz über historische Schiffswracks genehmigt ist, während das andere bloß Diebstahl ist.“
„Sie sind Schiffswrackjäger?“
Er lächelte strahlend. „Ich bin Schiffswracksucher.“
Mit zusammengekniffenen Augen musterte Honor ihn. „Sie sehen nicht wie ein Archäologe aus.“ Wirklich nicht. Er sah wie der Star einer Unterwäschewerbekampagne aus.
„Und Sie sind keine Meerjungfrau.“
„Wie bitte?“
„Nichts.“ Er streckte die Hand aus. „Robert Dalton. Rob, für meine Freunde.“
Honor nahm sie und nickte. „Robert. Ich bin Honor Brier.“
Sein Lächeln wirkte jetzt ein bisschen angestrengt.
„Und was machen Sie hier draußen im Indischen Ozean, Honor Brier? Das ist so ziemlich der letzte Ort, an dem ich eine Frau zu treffen erwartet habe.“
„Wegen der malaiischen Sage, nach der Frauen auf dieser Insel nicht leben können?“
„Nein. Weil sie angeblich unbewohnt ist.“
„Ich lebe acht Monate im Jahr hier. Ich überwache die Eiablage der Meeresschildkröten und untersuche die Tölpelkolonien.“
Er stellte noch eine Kiste auf die Dünenspitze. „Acht Monate lang? Auf einer Insel ohne Süßwasser und Versorgungseinrichtungen?“
Und ohne Menschen. Er brauchte es nicht auszusprechen. Er war nicht der Erste, der sie darauf hinwies. Honor zuckte die Schultern.
„Und was machen Sie?“
Sie sprach langsamer, weil sie sich fragte, ob sein gutes Aussehen vielleicht auf Kosten der Intelligenz gegangen war. „Ich überwache die Eiablage der Schildkröten und untersuche …“
„Die Tölpel, ich weiß. Ich meinte, was machen Sie sonst, um sich die Zeit zu vertreiben?“ Rob ergriff die Seile. „Eins, zwei, drei … anheben!“
Zusammen trugen sie das leere Schlauchboot den Strand hoch.
„Nichts sonst. Das ist alles. Ich tue meine Arbeit.“
Er starrte Honor an. „Allein?“
„Ja.“ Bis jetzt.
Er stieß einen Pfiff aus. „Wer hat denn an Ihnen etwas auszusetzen?“
„Niemand! Ich wollte auf diese Insel kommen. Ich finde es wunderbar hier.“ Und hier war sie der Stelle am nächsten, wo … Honor konnte gerade noch an sich halten, bevor sie in Gegenwart dieses Blödmanns auch nur an die beiden dachte. „Ihr Zeug müsste bis morgen sicher sein. Für heute Nacht ist kein Unwetter vorausgesagt.“
Honor ließ ihre Seite des Schlauchboots los, holte den zweiten Sack, der an der Wasserkante lag, und wankte, so würdevoll sie im einsinkenden Sand konnte, zu dem Pfad zwischen den dicht stehenden Kokospalmen.
Als sie sich umdrehte, sah sie Robert Dalton auf seine Ausrüstung im Wert von mehreren Tausend Dollar blicken, die schutzlos an ihrem Strand lag. Dann verzog er das Gesicht und folgte ihr.
Honor hatte nie vorgehabt, irgendjemandem ihr kleines Lager zu zeigen.
In der vorletzten Saison hatte sie den Pfad vom Strand zum Camp mit Muschelschalen eingesäumt. Sie hatte einen Haufen Geld für ein Designerzeltüberdach ausgegeben – eines mit van Goghs „Sonnenblumen“ drauf. Obwohl es auf einer tropischen Insel ziemlich seltsam aussah, gefiel ihr die persönliche Note.
Sie hatte sogar erwogen, einen Bodendecker zu pflanzen, um den feinen Sand zu binden, der in alles eindrang, sich dann aber dagegen entschieden. Pulu Keeling war zwar Australiens kleinster Nationalpark, doch für ihn galten dieselben Vorschriften wie für die größten Parks auf dem Festland. Einen Garten anzulegen war ein absolutes Naturschutz-Tabu. Also lebte Honor mit dem Sand. Überall.
Fasziniert sah sich Rob um. Die Insel war ihr Zuhause, ihre Zuflucht, und er hatte sie unverschämt abgetan, als wäre sie nicht ein Paradies mit üppiger Pflanzenwelt, kristallklarem Wasser und vielen wild lebenden Tieren.
„Das sieht ja ziemlich komfortabel aus“, sagte er.
„Ich habe hier alles, was ich brauche.“ Es
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