Julia Extra Band 0354
abstützte, trat ein so erschrockener Ausdruck in ihre Augen, dass er sich auf einmal vorkam wie Beelzebub persönlich. Doch schon einen Augenblick später hatte sie wieder ihre gelassene Maske aufgesetzt und erwiderte herausfordernd seinen Blick.
„Dann schießen Sie mal los“, forderte sie ihn forsch auf. „Worum geht es?“
„Ich will einfach mit Ihnen reden. Und da wir die allgemeine Aufmerksamkeit bereits auf uns gezogen haben, sollten wir das Beste daraus machen.“
„Okay, reden wir also.“
„Ich muss zugeben, dass ich Sie bei unserer ersten Begegnung unterschätzt habe.“
Ella gelang es nicht, ihre Überraschung zu verbergen. „Tatsächlich?“
„Ich hatte Sie anfangs für eine Traumtänzerin gehalten, weil mir nicht klar war, dass sich mit Mode ein echtes Vermögen machen lässt, wenn man es richtig anfängt.“
„Sie geben also zu, dass Sie von dieser Branche keine Ahnung haben?“
Er kam noch etwas näher. „Wenn Verabredungen mit Models nicht mitzählen, lautet die Antwort ja.“
Ella presste den Rücken so fest gegen die Wand, als wollte sie mit ihr verschmelzen. Um Blaises intensivem Blick auszuweichen, wandte sie leicht den Kopf zur Seite und fixierte einen imaginären Punkt hinter seiner Schulter. In dieser Haltung war die dunkelrosa Narbe, die sich über die linke Seite ihres Nackens bis zum Haaransatz zog, deutlich zu sehen. Sie wirkte, als wäre sie noch nicht richtig verheilt und würde immer noch wehtun, was aber unmöglich der Fall sein konnte, da der Unfall bereits mehr als zehn Jahre zurücklag. Es war kein schöner Anblick. Er ließ die makellose, cremig weiße Haut um die Narbe herum in den Hintergrund treten und schien Blaises gesamte Aufmerksamkeit zu fordern.
So wie alles an Ella …
Als er die Hand hob und sanft mit den Fingerspitzen der unebenen Linie folgte, entzog sie sich seiner Berührung und trat abrupt von der Wand weg. „Tun Sie das nie wieder“, sagte sie scharf und wollte sich an ihm vorbeidrängen, doch Blaise versperrte ihr den Weg. „Warum nicht?“
„Weil Sie kein Recht dazu haben! Sie mögen mein Geschäftsdarlehen gekauft haben, aber nicht mich .“
„Das ist mir durchaus bewusst, Ella“, erwiderte er ruhig.
„Was ist es dann? Morbide Neugier? Man nennt so etwas Brandnarben, und ich habe sie mir vor elf Jahren bei einem Feuer im Haus meiner Eltern zugezogen. Ich hatte angenommen, dass Sie das längst irgendwo gelesen haben. Falls nicht, kann ich Ihnen ganz besonders den Artikel im Courier empfehlen.“
Ella schlug das Herz bis zum Hals, ihr krampfte sich der Magen zusammen. Sämtliche Situationen, in denen sie sich seit dem Feuer verunsichert oder unzulänglich gefühlt hatte, standen ihr plötzlich wieder gnadenlos lebendig vor Augen. Am liebsten hätte sie sich auf dem Absatz umgedreht und fluchtartig den Klub verlassen, aber damit hätte sie nur unerwünschte Aufmerksamkeit erregt. Die meisten der anwesenden Gäste beobachteten sie bereits, und Ella wusste, dass auch Reporter darunter waren. Sie hatte keine Lust, am nächsten Tag in der Zeitung zu lesen, dass sie sich mit Blaise Chevalier gestritten hatte und danach wie eine beleidigte Leberwurst abgerauscht war.
Sie war eine Powerfrau und lief niemals vor etwas weg!
„Aber wahrscheinlich war es nur die Macht der Gewohnheit“, fügte sie mit einem kalten Lächeln hinzu. Sie wollte, dass er sich genauso bloßgestellt fühlte wie sie. „Nachdem Sie sich schon so lange einfach nehmen, was Ihnen nicht gehört, ist Ihnen sicher nicht einmal der Gedanke gekommen, ich könnte etwas dagegen haben.“
Das Glitzern in seinen Augen gefror zu goldenem Eis. „Ich nehme mir nur, was nicht gut bewacht wird, Ella. Wenn Sie nicht so hohe Schulden gemacht hätten, besäße ich jetzt nicht die geringste Macht über Sie.“
„Verstehe. Und wenn Ihr Bruder besser aufgepasst hätte, hätten Sie ihm nicht die Verlobte ausgespannt. Die beiden standen damals kurz vor ihrer Hochzeit, oder?“
„Wie ich sehe, haben Sie sich gründlich über mich informiert“, stellte Blaise mit ausdrucksloser Miene fest.
Ella hatte in der Tat das Internet nach Informationen über ihn durchforstet. Als sie auf die Geschichte mit seinem Bruder gestoßen war, hatte sie förmlich in ihrer Empörung gebadet, weil ihr das die Möglichkeit gab, Blaise zu verachten. Das war bedeutend sicherer, als all die anderen verwirrenden Empfindungen zuzulassen, die er in ihr auslöste.
„Stimmt“, bestätigte sie. „Und dabei habe
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