Julia Extra Band 356 - Ebook
Rolle. Das Einzige, was zählte, war der Auftrag. Um ihn zu bekommen, würde er alles andere opfern. Alles!
Entschlossen sah er Vasilii in die Augen. „Ich habe Sie um einen früheren Zeitpunkt für unser Treffen gebeten, weil ich mit Ihnen sprechen wollte, ohne dass Alena dabei ist“, begann er.
Als Alena ihren Namen hörte, versteifte sie sich.
Vasilii sah sein Gegenüber stirnrunzelnd an. „Sie kennen meine Schwester?“
Die Frage hing im Raum, als sollte Kiryl eine Gelegenheit bekommen zu widersprechen – eine letzte Chance für einen Rückzieher. Doch mit aller Macht erstickte er die leise innere Stimme, die ihm das einflüsterte.
„Ja“, erwiderte er und fuhr fort: „Alena glaubt, dass sie sich in mich verliebt hat. Um genauer zu sein, sie glaubt, dass wir füreinander geschaffen sind und dass uns nichts und niemand mehr trennen kann.“
Ein wildes Funkeln trat in Vasiliis silbergraue Augen. War es Wut? Wenn ja, dann verschwand dieses Gefühl schnell wieder und machte einer kühlen Distanziertheit Platz.
„Ich verstehe. Und ich gehe davon aus, dass Sie meine Schwester in diesem Glauben bestärkt haben. Aus Gründen die, wie ich annehme, nichts damit zu tun haben, dass Sie ihre Gefühle zufälligerweise erwidern.“
„Das ist korrekt“, entgegnete Kiryl kühl. Er war froh, dass Vasilii die Situation so schnell erfasst hatte. Allerdings hatte er von einem so erfolgreichen Geschäftsmann auch kaum etwas anderes erwartet.
Was sie gehört hatte, traf Alena wie ein Schlag. Fassungslos lauschte sie auf der anderen Seite der Tür Kiryls kalter Stimme. Er sprach, als wäre sie eine Fremde für ihn, als würde die Liebe und Hingabe, die sie ihm aus freien Stücken geschenkt hatte, ihm nichts bedeuten. Aber das konnte nicht sein! Nach allem, was zwischen ihnen passiert war – wie war das möglich?
„In Ihrer E-Mail haben Sie erwähnt, dass Sie etwas Geschäftliches mit mir besprechen wollen“, hörte sie jetzt Vasilii sagen.
„So ist es“, bestätigte Kiryl. „Und es handelt sich um eine Sache von größter Wichtigkeit für mich.“
„Wichtiger als Alenas Liebe zu Ihnen?“
Vasiliis Frage traf genau in den Kern von Alenas Verwirrung. Während sie auf Kiryls Antwort wartete, hielt sie den Atem an und betete, dass er etwas sagen würde, das ihre aufgewühlten Gefühle beruhigte.
„Dass sie mich so sehr liebt, ist ein großes Glück für mich.“ Erleichtert atmete sie aus, wollte schon die Tür aufreißen und sich in seine Arme stürzen, als er fortfuhr: „Denn nur diese Liebe ermöglicht mir, Ihnen ein geschäftliches Angebot zu machen.“
Was für ein Angebot? Wovon redete er überhaupt? Alena verstand kein Wort, und ihr war plötzlich eiskalt ums Herz. Sie hatte das Gefühl, als würde eine dunkle Macht nach ihrem Herz greifen und es langsam zerdrücken. Am liebsten wäre sie ins Zimmer gestürzt und hätte Kiryl zur Rede gestellt, doch sie war unfähig, sich zu rühren. So musste sie ohnmächtig weiter dem Gespräch lauschen.
„Was für ein geschäftliches Angebot?“ Der warnende Unterton in Vasiliis Stimme war nicht zu überhören.
Dennoch sprach Kiryl ungerührt weiter. „Wie Sie bestimmt wissen, sind wir beide inzwischen die letzten Konkurrenten um den Auftrag für den neuen Containerhafen. Da Ihr Vermögen größer ist als das meine und Ihre gesellschaftliche Stellung unangefochten ist, sind Ihre Chancen entsprechend besser.“
„Sie meinen, weil ich mehr Geld und einen besseren Ruf habe als Sie?“, entgegnete Vasilii.
Alena konnte es nicht fassen. Was war es, das Kiryl unterstellte? Dass Vasilii die verantwortlichen Stellen bestechen würde, um den Auftrag zu bekommen? Dann hatte er offensichtlich nicht zugehört, als sie ihm von ihrem Halbbruder erzählt hatte. Nichts war ihm in geschäftlichen Dingen wichtiger als Ehrlichkeit, und nichts hasste er mehr als Korruption.
„Genauso ist es“, bestätigte Kiryl. „Deshalb habe ich beschlossen, Sie in meine Strategie mit einzubeziehen. Lassen Sie uns offen reden. Alena glaubt, dass sie mich liebt. Nichts, was Sie sagen oder tun, wird daran etwas ändern. Ich kann mit ihr machen, was ich will. Falls Sie versuchen, diese Verbindung zu zerstören, wird Ihnen das übel bekommen. Sollte ich sie vor die Wahl stellen, würde sie sich immer für mich entscheiden.“
Alena. Alena, die ihn mit so viel Liebe in den Augen angesehen hatte. Alena, die ihm alles geben würde, worum er sie bat. Nun, da hatte er wieder den Beweis. Sie
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