Julia Extra Band 357
unsicher.
„Völlig verrückt“, stimmte sie zu. Trotzdem schmeichelte es ihr, dass er ausgerechnet sie für diese Rolle ausgesucht hatte.
„Wozu eigentlich?“, fragte sie schließlich, als sie sich vom ersten Schock erholt hatte.
Er wurde ernst. „Bevor ich darauf eingehe, möchte ich zunächst klarstellen, dass ich keinen Gefallen von Ihnen erwarte. Ich dachte eher an eine Vereinbarung in beiderseitigem Interesse. Sie spielen meine Zukünftige und ich lege von meinem Privatkonto noch einmal die gleiche Summe für Ihren Verein drauf, die ich vom Firmenkonto der Waverly Enterprises überweisen werde. Damit dürfte der Gründung ihrer Stiftung nichts mehr im Weg stehen.“
Elizabeth war so verblüfft, dass sie erst einmal einen Schluck Wasser trinken musste. Mit so einer großzügigen Spende hätte sie niemals gerechnet. Das Geld für die Stiftung wurde ihr ja praktisch auf dem Silbertablett serviert. Und zwar vom begehrtesten Junggesellen der Stadt! Hoffentlich war das alles nicht nur ein Traum. „Verraten Sie mir jetzt den Grund?“, fragte sie schließlich.
„Sicher.“ Er musste sich mit einem Schluck Wein Mut antrinken, dann sah er auf. „Ich habe meiner Großmutter erzählt, ich hätte eine feste Beziehung.“
„Fest im Sinne von: Die Hochzeitsglocken läuten bald.“
„Genau. Das Problem ist nur, dass ich gar keine feste Freundin habe, meine Großmutter aber erwartet, sie dieses Wochenende kennenzulernen.“
Das lange Feiertagswochenende stand praktisch vor der Tür. Elizabeth hatte geplant, ihren Eltern einen Kurzbesuch zum traditionellen vegetarischen Grillfest abzustatten. Doch das konnte sie noch absagen. Das Geschäft ging vor. Es wäre wunderbar, das Geld für die Stiftung auf einen Schlag zusammenzuhaben. Eine Sache ging ihr jedoch gegen den Strich. „Sie haben Ihre Großmutter belogen?“, fragte sie streng.
Der Mann mochte ja wirklich heiß sein, aber seine eigene Großmutter zu belügen … Nein, das ging zu weit! Jemandem, der dazu imstande war, konnte man nicht über den Weg trauen. Elizabeth zog die Serviette vom Schoß, legte sie neben den Teller und machte Anstalten, sich zu erheben.
Thomas kam ihr zuvor. „Bitte bleiben Sie und hören Sie mir zu!“ Bittend sah er sie an.
„Sie haben Ihre Großmutter belogen“, wiederholte sie vorwurfsvoll.
„Ich weiß selbst, wie schrecklich das klingt.“ Er setzte sich wieder hin.
„Allerdings.“ Sie musterte ihn kritisch. Er sah tatsächlich schuldbewusst aus. Trotzdem ließ sie ihn noch etwas zappeln, nahm dann aber wieder Platz und wartete gespannt auf Thomas’ Rechtfertigung.
„Vielleicht sollte ich Ihnen zunächst ein paar Hintergrundinformationen geben, bevor Sie mich verurteilen. Thomas sah sie bittend an. „Meine Großmutter hat behauptet, sie hätte nicht mehr lange zu leben. Ihr letzter Wunsch ist, mich in einer glücklichen Beziehung zu sehen. Ich dachte, ich könnte sie von ihren Schmerzen ablenken, wenn ich ihr diesen Wunsch erfülle.“
„Liegt Ihre Großmutter im Sterben?“
„Ihr Hausarzt sagt Nein, aber sie ist sich sicher. Und sie kann ziemlich stur sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Es ist schrecklich, dass sie sich das einredet. Zumal es völlig unnötig ist, sich um mich Sorgen zu machen. Ich bin glücklich, so wie ich bin. Nur dass ich eben nicht verheiratet bin und keine Urenkel in die Welt setze, die sie verwöhnen kann.“
„Dann haben Sie sie also belogen, um sie zu beschützen?“
„Ja. Ich hasse es zu lügen, aber ich wusste keinen anderen Ausweg. Wenn meine Großmutter glaubt, dass ich bald heiraten werde, kann sie sich beruhigt entspannen und ihr Leben wieder genießen, wie sie es verdient.“
„Das ist … rührend.“ Sein unorthodoxer Vorschlag beruhte also nicht auf reinem Egoismus, sondern auf Fürsorge. Trotzdem war die Idee verrückt. Noch verrückter war allerdings, dass Elizabeth sich allen Ernstes mit dem Gedanken trug, darauf einzugehen.
„Würde Ihre Großmutter uns die Scharade überhaupt abnehmen?“, fragte Elizabeth zweifelnd. „Ich bin doch gar nicht Ihr Typ, oder?“
Sie war nicht auf Komplimente aus und erwartete gar nicht, dass er behauptete, sie wäre schön und attraktiv. Aber gehofft hatte sie es insgeheim wohl doch, denn seine ehrliche Antwort versetzte ihrem Herzen einen Stich.
„Sie sind tatsächlich überhaupt nicht mein Typ. Gerade deshalb sind Sie so perfekt für diese Rolle. Meine Großmutter kennt meinen bevorzugten Frauentyp. Da die
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