Julia Extra Band 365
soll ich das wissen? Sie sind ein Gast hier. Ich weiß nichts von Ihnen, abgesehen von dem, was meine Freundin mir erzählt hat.“
„Ihre Freundin hat gelogen“, erklärte Navarre fest.
Nach zwei angespannten Minuten völligen Schweigens erklang ein leises Klopfen, und Julie trat ein. Sie wirkte ungewöhnlich unterwürfig. „Wie kann ich Ihnen helfen, Mr Cazier?“
„Julie …“ , platzte Tawny dazwischen. „Ich möchte, dass du Mr Cazier erklärst, warum du mich gebeten hast, den Laptop an mich zu nehmen …“
„Welcher Laptop? Von wessen Laptop redest du?“, fragte Julie scharf und riss die Augen weit auf. „Welche Anschuldigungen bringst du hier gegen mich vor?“
Tawny starrte ihre Freundin konsterniert an. Mit einem derart aggressiven Angriff hatte sie nicht gerechnet. Sie spürte, wie das Blut aus ihren Wangen wich und Übelkeit sich in ihrem Magen ausbreitete. „Julie, bitte erklär das alles … ich weiß gar nicht, was hier vor sich geht. Du und Mr Cazier, ihr kennt euch …“
Julie hob eine Augenbraue. „Wenn du damit meinst, dass Mr Cazier ein regelmäßiger und gern gesehener Gast ist …“
„Du hast mir gesagt, dass er Fotos von dir gemacht hat …“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Fotos? Es tut mir leid, Mr Cazier. Vielleicht hat diese Mitarbeiterin getrunken, denn sie redet Unsinn. Ich sollte die Penthouse-Managerin anrufen, damit sie diese Angelegenheit regelt.“
„Vielen Dank, Miss Chivers, aber das wird nicht nötig sein. Sie können gehen“, erklärte Navarre ungeduldig. „Ich habe genug gehört.“
Navarre winkte seinen Sicherheitschef mit dem Finger zu sich und sprach den älteren Mann leise an.
Völlig fassungslos beobachtete Tawny, wie ihre ehemalige Freundin hoch erhobenen Hauptes die Suite verließ. Julie hatte gelogen. Tawny hatte nicht nur Mühe, den Verrat zu verdauen, sie war auch nicht länger überzeugt, dass Julie überhaupt die Nacht mit Navarre Cazier verbracht hatte. Doch wenn es so war, warum hatte Julie ihr dann den ganzen Mist über die angeblichen Nacktfotos erzählt? Wieso wollte sie unbedingt Zugang zum Computer des Industriellen haben? Was hatte sie dort finden wollen und wofür?
Als Tawny ganz weiß wurde und zu taumeln begann, dachte Navarre für einen Moment, sie würde in Ohnmacht fallen. Stattdessen bewies sie eine erstaunliche innere Stärke für so eine junge Frau, indem sie sich gegen die Wand lehnte und langsam und tief einatmete. Dennoch hegte er keinerlei Mitleid mit ihr. Wenn jemand versuchte, ihm zu schaden, schlug er erbarmungslos zurück.
Doch wenn er die Polizei einschaltete, welche Entschädigung bekam er dann für das mögliche Verbrechen, das sie gegen ihn begangen hatte? Es gab keinerlei Garantie, dass das Zimmermädchen überhaupt bestraft wurde, und dann konnte sie eine Kopie seiner Festplatte entweder an einen geschäftlichen Konkurrenten verkaufen oder an irgendwelche Paparazzi, die schon seit Langem nach einem Beweis suchten für seine Beziehung zu Tia. Beide Möglichkeiten waren absolut inakzeptabel. Er war es Tia schuldig, dass er sie beschützte. Insofern wäre es das Vernünftigste, wenn er das Zimmermädchen, das ein Namensschild mit der Aufschrift Tawny Baxter trug, vorläufig isolierte.
Und wenn er diese Frau in seiner Nähe hielt, konnte er ihre Anwesenheit genauso gut nutzen, entschied Navarre nachdenklich. Sie war jung und schön. Außerdem wusste er bereits, dass sie käuflich war. Warum sollte er sie nicht dafür bezahlen, dass sie die Rolle ausfüllte, die zurzeit vakant war?
Mit einer knappen Handbewegung entließ er Jacques und seinen Begleiter. Der ältere Mann verließ die Suite mit sichtlichem Widerwillen.
Tawny warf Navarre Cazier einen angespannten Blick zu. „Ich habe wirklich nicht versucht, Sie zu bestehlen …“
„Die Kameraaufzeichnung in dieser Suite wird den Beweis erbringen“, versetzte er völlig emotionslos.
„Hier gibt es Kameras?“, fragte sie entsetzt, denn ihr war sofort klar, dass er damit unwiderlegbare Beweise gegen sie in der Hand haben würde.
„Mein Sicherheitsteam bringt an jedem Ort, an dem ich übernachte, routinemäßig Kameras an“, entgegnete er glatt. „Das heißt, dass ich für Ihren Diebstahl einen visuellen Beweis habe.“
Ihre Schultern sackten zusammen. Sie schämte sich fürchterlich. Was auch immer ihre Motivation gewesen sein mochte, Diebstahl war immer noch Diebstahl, und weder die Polizei noch den Richter würde es kümmern, warum
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