Julia Extra Band 366
Vergnügen ist, dir dabei zuzusehen, wie du die Dinge vorauszuberechnen versuchst? Was glaubst du?“
Sophie lächelte. Seltsamerweise war es befreiend, sich nicht darauf vorbereiten zu können, was sie unternahmen. Es nicht erst überdenken zu können. Die fehlende Planung passte zu der ganzen Affäre, die an sich natürlich schon völlig ungeplant war. Unlogisch. Und nicht gerade vernünftig.
Es war die erste unkluge Entscheidung, die sie bewusst getroffen hatte. Jedenfalls wenn man bedachte, dass die verschwendeten Jahre mit Rick damals nicht nach einer unklugen Entscheidung ausgesehen hatten.
Sie hatte das Sophie-Projekt nicht über Bord geworfen. Keineswegs! Aber Dan sorgte für eine herrliche Unordnung in ihrem durch Tabellen und Checklisten kontrollierten Tagesablauf.
Am dritten Abend hatte Dan tatsächlich für sie gekocht, um zu beweisen, dass er es konnte. Am vierten war Sophie dran mit der Abendplanung. Und sie bat Dan, zu dem Strand zu fahren, an dem sie sich das erste Mal geküsst hatten. Unterwegs hielten sie an und kauften Fish and Chips. Am Strand saßen sie auf bunten Handtüchern und beobachteten den Sonnenuntergang.
Eine einsame Seemöwe fraß die Reste von Dans Pommes frites. Sophie musterte ihn, während er zum rot glühenden Horizont blickte. Sie hatten den ganzen Abend lang geredet – über Dans Bar, ihren alten Job in Sydney, alles Mögliche eigentlich. Jetzt saßen sie schweigend nebeneinander; es war eine angenehme, gelassene Stille. Einfach nur mit Dan zusammen zu sein fiel ihr so leicht.
Das Schrillen seines Handys störte die Möwe. Mit einem Kreischen und wütenden Flügelschlägen zog sie sich zurück.
Er sah auf dem Display nach, wer der Anrufer war, und meldete sich. „Hi, Mum!“, sagte er, stand auf und ging ein paar Meter weg.
Sophie umfasste ihre Knie und drückte die Zehen in den Sand. Bei ihrer Affäre mit Dan erlebte sie die besten Seiten einer neuen Beziehung ohne die Unsicherheit und die Komplikationen. Weil sie wusste, dass sie einen Stichtag hatten, sehnte sie sich dauernd danach, Zeit mit Dan zu verbringen. Ohne dass sie fürchtete, zu interessiert oder zu verzweifelt zu wirken.
Das Telefon wieder in der Hosentasche, kam er zurück zu ihr und zog sie auf die Füße. „Wollen wir?“
„Ja.“ Sophie war so damit beschäftigt gewesen, ihn zu beobachten, dass sie nicht bemerkt hatte, wie dunkel es geworden war.
Schnell packten sie zusammen und gingen zum Auto.
„Wir können uns morgen nicht sehen“, sagte Dan.
Sie tat unbekümmert, fest entschlossen, ihre Enttäuschung zu ignorieren und nicht nach dem Grund zu fragen.
„Familienessen. Meine Mutter wollte wissen, was sie für mich kochen soll.“
„Oh, das ist schön.“ Sophie war erleichtert, dass er es ihr erzählt hatte. Warum? Ging es sie wirklich etwas an, wo er war, wenn sie sich nicht trafen?
Natürlich nicht.
„Und? Was esst ihr?“, fragte sie, um sich abzulenken, als sie ins Auto stiegen. Hatte sie nicht gerade festgestellt, dass diese Kurzaffäre fantastisch war? Jetzt dachte sie schon wieder zu viel nach. Warum konnte sie die Zeit mit Dan nicht einfach genießen?
Während sie zu ihm nach Hause fuhren, schilderte er ihr das Menü für den nächsten Abend: mariniertes Rindfleisch mit Gnocchi und danach Spinat mit Unmengen von Kartoffeln, Knoblauch und Salz.
„Das klingt ja lecker.“
„Ist es. Meine Mutter würde es lieben, für dich zu kochen. Eines Tages sollte ich dich einmal mitneh…“
Mitten im Wort verstummte Dan, und sie schwiegen betreten.
Lange Minuten konzentrierte sich Sophie darauf, die naive Hoffnung zu unterdrücken, die in ihr aufgekeimt war. Sie wusste, dass er das nicht hatte sagen wollen. Er meinte es nicht ernst.
Schließlich kamen sie bei ihm zu Hause an, und Sophie stieg ratlos aus. Sollte sie sich ein Taxi rufen? Es war, als hätte Dan eine Mauer zwischen ihnen hochgezogen und würde sie mit jeder verstreichenden Sekunde höher bauen.
„Hör mal, Dan, wie wäre es, wenn ich …?“
Aber dann war er bei ihr und drängte sie ans Auto. „Sophie“, flüsterte er heiser und küsste sie.
Ihr war klar, was er tat. Er löschte aus, was er gesagt hatte, und stellte wieder her, was sie hatten.
Etwas unglaublich Sinnliches und Wunderbares.
Und Vorübergehendes.
Dan war vor Sophie wach, noch vor Tagesanbruch. Er wollte nicht die Fehler wiederholen, die er an jenem ersten Morgen gemacht hatte. Deshalb stand er nun immer früh auf, um zu schwimmen, und verbrachte
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