JULIA FESTIVAL Band 95
ertragen. Dennoch wusste sie, dass sie das gern in Kauf nahm, wenn sie daran dachte, dass Isolation und Einsamkeit die Alternativen zu Fürsorge und Liebe waren.
„Manchmal läuft alles ganz gut. Aber an anderen Tagen denke ich, er kommt nachts in mein Zimmer und erwürgt mich.“
„Dann hast du ja wenigstens keine Langeweile.“
„Stimmt.“ Elissa lächelte. „Langweilig ist es wirklich nicht.“
„Und wenn er tatsächlich in dein Zimmer kommt, wird es dir ja wohl kaum schwerfallen, ihn davon zu überzeugen, dass es amüsantere Dinge gibt, als dich zu erwürgen.“
„Klar.“ Elissa wollte nicht darüber nachdenken, dass sie wahrscheinlich die letzte Frau war, für die Cole sexuelles Interesse empfand. „Ich wollte nur, er wäre freundlicher. Er scheint nur darauf zu warten, dass ich einen Fehler mache.“
„Überrascht dich das?“
„Irgendwie schon. Insgeheim habe ich mir vorgestellt, er würde mich mit offenen Armen empfangen. Ganz schön blöd, was?“
„Träume sind nie blöd, Kleines. Aber Cole ist wirklich nicht gerade der sanfte Typ, der alles sofort verzeiht. Und immerhin warst du diejenige, die ihn verlassen hat, auch wenn er es hundertmal verdiente. Was bezweckst du eigentlich überhaupt mit diesem Unternehmen. Willst du dich mit ihm versöhnen? Oder willst du einen endgültigen Schlussstrich ziehen?“
„Wenn ich das wüsste?“, seufzte Elissa. „Ich dachte, wenn ich ihn sehe, fällt mir die Entscheidung leichter. Aber so ist es nicht. Einerseits bewundere ich ihn immer noch, andererseits macht mich sein Verhalten verrückt.“
„Pass auf dich auf“, warnte Fallon sie besorgt. „Er hat dir schon einmal großen Kummer bereitet. Du warst völlig niedergeschmettert, nachdem du ihn verlassen hattest.“
Elissa erinnerte sich sehr gut an diese Zeit. Ihre Schwestern waren feinfühlig genug gewesen, keine Fragen zu stellen, und Elissa war ihnen dankbar. Auch heute war sie nicht bereit, über ihre damaligen Probleme mit Cole zu reden. „Was macht denn unsere glückliche Braut?“, wechselte sie deshalb hastig das Thema.
„Die schwebt immer noch im siebten Himmel. Sie fängt schon an zu jubilieren, wenn du nur den Namen ihres Mannes aussprichst. Warum hat sie eigentlich nicht eher gemerkt, wie toll er ist? Schließlich hat sie jahrelang für ihn gearbeitet.“
„Wie kannst du so nüchtern über Herzensdinge reden? Gefühle lassen sich nicht logisch erklären.“
„Dann sei bloß vorsichtig. Du begibst dich in große Gefahr.“
„Du hast recht. Aber ich werde aufpassen.“
3. KAPITEL
Cole verließ gerade das Verwaltungsgebäude, um zum Haupttrakt hinüberzugehen, und blieb verdutzt stehen. Der Boden unter seinen Füßen erbebte, weil ein riesiger Lastwagen die Auffahrt herauf- und dicht vor ihm zum Halten kam.
„Sind Sie Cole Stephenson?“ Ein langhaariger junger Mann schwang sich aus dem Führerhaus und lächelte Cole freundlich an.
Cole nickte. Er wusste immer noch nicht, wie ihm geschah. In der Regel informierte Millie ihn, wenn größere Lieferungen erwartet wurden.
„Na, super. Dann unterschreiben Sie mal eben, damit wir mit dem Abladen anfangen können.“
Fassungslos starrte Cole auf den Computerauszug, den der Mann ihm vor die Nase hielt. Es war eine Aufstellung der verschiedenartigsten Sportgeräte. „Das habe ich nicht bestellt.“
„Dann hat es eben jemand anders bestellt und bezahlt“, entgegnete der Langhaarige achselzuckend. „Mein Job besteht nur darin, das alles abzuladen. Den edlen Spender müssen Sie schon selbst suchen. Wo sollen die Sachen denn hin?“
Der Beifahrer hatte die Tür des Anhängers bereits geöffnet, und mehrere Kinder standen staunend um ihn herum und sahen in das Wageninnere. Cole wandte sich wieder dem Lieferschein zu. „Warten Sie noch mit dem Abladen. Ich will erst im Büro nachfragen.“
„Wie Sie wünschen. Aber ich garantiere Ihnen, es hat alles seine Richtigkeit. Wir beliefern selten Waisenhäuser. Und wo sonst sollte man an Spiel- und Sportgeräten interessiert sein? Im Altenheim vielleicht?“
Kopfschüttelnd lief Cole ins Verwaltungsgebäude zurück.
Millie und Elissa kamen ihm schon auf der Treppe entgegen.
„Was ist denn los?“, fragte Millie.
„Hast du Sportgeräte bestellt?“
„Bei unserem Budget?“ Sie sah ihn verständnislos an. „Und ohne deine Einwilligung?“ Dann lächelte sie ihn an. „Nimm es doch einfach als ein Geschenk des Himmels. Es ist wundervoll. Komm, Elissa, wir wollen beim Abladen
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