JULIA FESTIVAL EXTRA Band 03
sicher, du bildest es dir nicht nur ein?“
„Nein, ich bilde es mir nicht nur ein!“, fauchte sie. „Aber wenn du dich auf ihre Seite schlagen willst, lassen wir das Thema am besten.“
„Wieso soll ich eigentlich irgendeine Partei ergreifen?“ Nun war er böse. „Wieso liegst du immer quer mit meiner Familie?“
„Weil sie dich nicht loslassen wollen!“, rief sie. „Und du willst du es eigentlich auch nicht.“
„Unsinn. Du verstehst es nur nicht. Wir nennen es Familienverbundenheit.“
„Du hast mir einmal groß erzählt, wie sehr du deine Unabhängigkeit schätztest und deswegen von zu Haus fortgingst und deine Firma kauftest. Aber mit dem Herzen bist du immer noch dort.“
„Ich liebe meine Familie. Ich kann nicht anders. Und ich will nicht in die Lage geraten, mich für oder gegen sie entscheiden zu müssen.“
Wann hatte sie beschlossen zu gehen? Sonia wusste es nicht mehr.
„Ich brauche ein wenig Zeit für mich allein“, hatte sie eines Tages zu ihm gesagt. „Lass mich einfach für eine Weile nach England fahren – dann sehen wir weiter.“
Er hatte keine Einwände gehabt. Aber nach einem Monat war er ihr gefolgt und hatte schlichtweg ihre Rückkehr verlangt. Die Folge war ein heftiger Streit gewesen. Selbst der hätte anders enden können, wenn er nicht den Fehler begangen hätte, zu sagen: „Ich dachte, inzwischen wärst du wieder zu Verstand gekommen.“
Sie starrte ihn an. „Du hast absolut nicht begriffen, was ich gesagt habe, stimmt’s? Du meinst, ich wollte ein bisschen schmollen und dann da weitermachen, wo wir aufgehört haben, nicht wahr?“
„Nun, ist es nicht so?“
Der Streit spitzte sich zu, und Francesco verließ schließlich wutentbrannt Sonias Wohnung. Am nächsten Tag musste sie feststellen, dass sie diesmal wirklich schwanger war. Von Francesco hörte und sah sie nichts mehr.
Als sie runder wurde, nahm sie sich vor, eine Entscheidung zu treffen, schob diese aber immer wieder vor sich her. Nun war ihr der Entschluss aufgezwungen worden, und sie versuchte sich einzureden, dass sie froh darüber war.
„Wollen wir?“, fragte Francesco, mit den Tellern in den Händen, und riss sie damit aus ihren Gedanken.
Sein Essen war vorzüglich und ausgewogen.
„Etwas Leichtes, denn du sollst ja deinen Magen jetzt nicht überfrachten“, meinte er.
„Wie viele angehende Mütter hast du denn schon bekocht?“
„Unmengen. Alle meine Schwägerinnen. Mamma hat mich hervorragend darauf vorbereitet.“
Francesco hatte schon immer gern gekocht, erinnerte sie sich. Besonders für sie. Er war einer der wenigen Männer, die sich rührend um ihre Frau kümmerten, wenn sie krank war.
Nach dem Essen, als er ihr einen Tee einschenkte, erkundigte er sich nach ihrem Alltag in London. „Hast du wieder für deine alte Firma gearbeitet?“
„Als Teilzeitkraft. Jetzt habe ich Mutterschaftsurlaub, aber sie halten mir meine Stelle frei, bis das Baby da ist. In der Zwischenzeit schreibe ich ein Buch über die Geschichte der Glasherstellung.“
„Und wie kommst du dabei mit dem Thema Venezianisches Glas zurecht?“, fragte er trocken.
„Gibt es überhaupt anderes Glas?“, spottete sie schlagfertig.
„Du kennst doch meine Einstellung dazu. Kann ich dir denn helfen?“
„Du könntest meine Manuskriptseiten über venezianisches Glas lesen und mir sagen, was du darüber denkst.“
„Schön, schick sie mir zu – wenn du zurück bist.“
„Ich habe eine bessere Idee“, hatte sie plötzlich einen Einfall. „Wenn ich deinen Computer benutzen kann, habe ich Zugriff auf meinen.“
Ein paar Minuten später hatte sie ihre Datei auf den Bildschirm von Francescos Computer geholt. Er stellte seinen Drucker an, und die Blätter flatterten in den Ablagekorb, während Sonia und Francesco weiteraßen.
„Hat es geschmeckt?“, fragte er schließlich.
„Ja, es war köstlich.“
„Du solltest ein Nickerchen machen. Sicher strengt dich dies alles sehr an.“
Sein sanfter Ton war gefährlich für sie. Er erinnerte sie daran, wie schön es sein könnte, wieder mit ihm zusammenzuleben, ließ sie Dinge vergessen, an die sie sich besser erinnerte.
„Ich werde ins Hotel zurückfahren“, murmelte sie.
„Bitte, Sonia, ich möchte mich wenigstens ein bisschen um dich und unser Kind kümmern.“
„Na schön. Danke.“
Er reichte ihr den Arm und führte sie ins Schlafzimmer, half ihr, sich aufs Bett zu setzen, und wollte die Fensterläden schließen.
„Nein, lass sie offen“, bat
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