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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Kapitel 1
    Ich hatte den Werbespot im April gedreht   – also bevor alles passiert war   – und anschließend fast wieder vergessen. Doch seit einigen Wochen lief er im Fernsehen. Und plötzlich gab es mich überall.
    Auf den Bildschirmen, die über den Laufbändern und Crosstrainern im Fitnesscenter hingen. Auf dem Monitor in der Post, der einen davon ablenken soll, wie lange man schon in der Schlange wartet. Und ich flimmerte über den Fernsehbildschirm in meinem Zimmer   – jetzt, hier. Ich sitze auf der Bettkante, presse die Fingernägel in meine Handflächen und nehme mühsam Anlauf: Aufstehen, losgehen   …
    »Wie jedes Jahr hat die Herbstsaison begonnen   …«
    Ich starrte mich selbst   – beziehungsweise eine fünf Monate jüngere Version meiner selbst   – an und suchte nach den kleinsten Anzeichen von Veränderungen, nach irgendeinem sichtbaren Beweis für das, was mir seitdem passiert war. Doch vor allem haute mich um, wie seltsam es sich anfühlte, mich selbst auf diese Weise zu sehen, also nicht in einem Spiegel oder auf einem Foto. Gewöhnt habe ich mich daran übrigens bis heute nicht.
    »Im Stadion«, hörte und sah ich mich selbst sagen. Ich trug ein babyblaues Cheerleader-Outfit, meine Haare warenzu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden und in der Hand hielt ich eines dieser altmodischen Megafone, die heutzutage kein Mensch mehr benutzt; ein K war darauf eingraviert.
    »In der Schule.« Schnitt auf mich, in seriösem Faltenrock und kurzem braunen Pullover, der gekratzt hatte, das wusste ich noch genau. Außerdem hatte es sich merkwürdig angefühlt, das Teil exakt zu einer Zeit anziehen zu müssen, als es draußen endlich warm wurde.
    »Und auf Partys.« Ich beugte mich ein wenig vor, während ich mich selbst auf dem Fernseher anstarrte. In dieser Einstellung trug ich ein Glitzershirt zu Jeans, saß auf einer Bank und wandte mich über die Rücklehne zur Kamera um, während ich sprach. Im Hintergrund: eine Gruppe Mädchen, die lautlos miteinander schwatzten.
    Der Regisseur, ein Milchbubi frisch von der Filmakademie, hatte mir das Konzept dieses seines Werks erläutert: »Das Mädchen, das alles hat!« Beim Sprechen hatte er mit den Händen einen kleinen, runden Kreis in die Luft gemalt, als ließe sich etwas so Ungeheures, um nicht zu sagen Unglaubliches, in eine einzige Geste fassen. Auf jeden Fall bedeutete es offenbar, ein Megafon, immer die angesagtesten Klamotten sowie einen Haufen Freunde zu haben. Doch bevor ich die Chance hatte, über die feine Ironie von Letzterem nachzudenken, fuhr mein Bildschirm-Ich bereits fort.
    »Die Ereignisse des kommenden Schuljahrs werfen ihre Schatten voraus«, verkündete ich, angetan mit einem rosafarbenen Abendkleid; auf einer quer darüber drapierten Schärpe stand BALLKÖNIGIN.   Ein Junge im Smoking trat neben mich, reichte mir den Arm. Strahlend hakte ich mich bei ihm ein. Er studierte an der Uni in unserer Stadt,drittes Semester, und war während der Dreharbeiten eher zurückhaltend gewesen, obwohl   – gerade fiel es mir wieder ein: Am Ende, bevor wir alle auseinandergingen, hatte er mich nach meiner Nummer gefragt. Wie hatte ich das bloß vergessen können?
    »Die schönste Zeit in deinem Leben«, sagte mein Bildschirm-Ich gerade. »Die schönsten Erinnerungen. Und das passende Outfit für jede Gelegenheit   – im
Kaufhaus Kopf

    Die Kamera zoomte immer dichter an mich heran, bis nur noch mein Gesicht zu sehen und der Rest des Bildes völlig verschwommen war. Der Dreh hatte vor dem Abend stattgefunden, an dem das mit Sophie geschehen war, vor dem langen, einsamen Sommer der Geheimnisse und des Schweigens, der hinter mir lag. Ich war am Ende, aber dem Mädchen dort auf dem Fernsehschirm ging es gut. Man sah es ihr an, erkannte es an der selbstbewussten Art und Weise, mit der sie mich und die übrige Welt anblickte und ihren Mund öffnete, um weiterzusprechen.
    »Sorg dafür, dass dieses Jahr dein bisher bestes wird«, sagte sie; ich merkte, dass ich beim Warten die Luft anhielt, beim Warten auf den nächsten Satz, den letzten, den einzigen, der tatsächlich der Wahrheit entsprach, auch und gerade jetzt, hier, in der Gegenwart: »Die Schule hat wieder angefangen. Auf geht’s.«
    Und
Freeze
! Neben meinem nun stocksteif-stillen Ebenbild wurde das
Kopf
-Logo eingeblendet, das allerdings in kürzester Zeit von einem Werbespot für Eiswaffeln oder der neuesten Wettervorhersage abgelöst werden würde. Fünfzehn Sekunden folgten

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