Julia Festival ext.Weihnachten Band 05
nicht wert, die gleiche Luft zu atmen wie du“, unterbrach Ethan sie.
„Von wem sprichst du?“, fragte sie irritiert.
„Vielleicht von deinem verheirateten Liebhaber, der, wie du hoffst, angerufen und dir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hat?“
„Verheirateten …!“ Sie starrte ihn fassungslos an. „Was soll das denn heißen?“, wollte sie wissen. Wie um alles in der Welt kam er auf so absurde Gedanken? Der einzige Mensch, der ihr eine Antwort hinterlassen hatte, als sie heute Morgen außer Haus gewesen war, war Dennis Carter. Und der war weder verheiratet noch ihr Liebhaber!
Ethan sah sie aufmerksam an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe mich immer über dich gewundert, Olivia. Darüber, dass du allein lebst, kaum Besuch bekommst und von Männern schon gar nicht. Je mehr ich in den letzten Tagen über dich nachdachte, desto deutlicher wurde mir bewusst, dass es das klassische Verhalten einer Frau ist, die ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann hat.“
Olivia stand da wie vor den Kopf geschlagen. Nicht nur, weil seine Vermutung völliger Quatsch war, sondern auch, dass er überhaupt so viel über sie nachdachte. Von sich konnte sie nicht behaupten, dass sie sich so stark für sein Privatleben interessiert hatte! Aber das lag wohl daran, dass es wie ein offenes Buch dalag. Zumindest hatte sie das bis jetzt geglaubt …
Es war unglaublich. Sie hatte die letzten zehn Jahre ihr ruhiges, vielleicht sogar zurückgezogenes Leben gelebt, niemanden belästigt und war von niemandem belästigt worden. Und doch sah es so aus, als hätten Menschen Vermutungen über sie angestellt, Schlüsse gezogen … und Ethan diese ganz besondere Schlussfolgerung.
„Statistiken belegen, dass solche Männer ihre Frauen wegen der Geliebten so gut wie nie verlassen“, fuhr Ethan mit sanfter Stimme fort.
Sie blickte ihn schockiert an. Die ganze Zeit über hatte er gedacht, geglaubt … „Vielleicht ist es in diesem Fall genau andersherum, Ethan. Vielleicht bin ich es, die gar nicht will, dass er seine Frau verlässt!“, schlug sie ihm ihre Antwort um die Ohren.
„Wie ich schon sagte, wer auch immer er sein mag, er ist deiner nicht wert“, erwiderte er gepresst.
Olivia bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. „Ich werde deinen Rat im Kopf behalten“, sagte sie kurz angebunden. „Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich jetzt gehen und nachsehen, ob jemand etwas auf Band gesprochen hat!“
„Du hast fünf Minuten“, erinnerte er sie.
Olivia war so wütend, dass sie nicht einmal Andrews und Shelleys Lächeln erwiderte, als sie durchs Wohnzimmer zur Haustür und hinaus marschierte.
Noch immer leicht benommen verließ sie den Fahrstuhl wieder und betrat ihr Apartment.
Zum ersten Mal bot ihr die eigene Wohnung nicht den Frieden und die Zuflucht wie sonst, wenn sie nach Hause kam. Unwillkürlich verglich sie ihr Heim mit Ethans Räumen, in denen behagliche Weihnachtsstimmung sich mit dem köstlichen Duft eines Festmahls mischte. Ihre Einrichtung erschien ihr plötzlich steril und kühl. Tiefe Niedergeschlagenheit packte sie. Olivia sank in einen Sessel und schlug die Hände vors Gesicht.
Was hatte Ethan die ganze Zeit über sie gedacht …
Während er fürsorglich und nett zu ihr gewesen war, sie geküsst hatte, hatte er geglaubt, dass sie einem verheirateten Mann verfallen war!
Ihr Leben, so wie er es beschrieben hatte – all das schien so kalt und leer im Vergleich zu der Wärme und dem Lachen, das sie mit Ethan in den letzten Stunden erlebt hatte. Nach diesen Küssen in den letzten zwei Tagen …
Beim nächsten Gedanken wurde sie blass. Olivia richtete sich auf und starrte vor sich hin. Sie hatte nicht nur Ethans Gesellschaft und seine Küsse genossen – sie hatte sich in ihn verliebt!
Ja, dachte Faith, als sie Olivias fassungsloses Gesicht sah. Ja, ja, ja! Endlich öffnete Olivia sich, ließ Gefühle zu.
Faith schaute sich nach Mrs. Heavenly um, um ihre Euphorie zu teilen. Aber zum ersten Mal war diese nicht da, um sie zu ermutigen. Oder zu gratulieren.
Faith runzelte die Stirn, als Olivia steif wie ein Roboter aufstand und mit hölzernen Bewegungen ins Schlafzimmer hinüberging, die Schublade ihres Nachtschränkchens aufzog und eine Fotografie herausnahm. Dann drückte sie das Bild gegen die Brust und begann herzzerreißend zu weinen.
Da wurde ihr klar, warum Mrs. Heavenly nicht zum Gratulieren gekommen war. Ihr Auftrag war noch längst nicht erledigt …
9.
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