Julia Saison Band 01
glücklichste Frau der Welt, denn sie besaß das Kostbarste, was es im Leben gibt – eine Familie.
„Komm, Adam“, sagte sie, „ich gehe schon mal mit dir nach oben.“
Die plötzliche Bewegung ließ Lilian zusammenfahren. Gerade hatte sie noch von ihrem Fruchtcocktail getrunken und mit dem Paar neben ihr an der Bar geplaudert. Und jetzt war der Pier schon ganz weit weg.
So, das war’s. Das Schiff hatte ohne Carter abgelegt.
Sie war nicht sonderlich überrascht, denn sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass er es noch schaffte. Es war auch nicht das erste Mal, dass er etwas versprochen und dann nicht gehalten hatte.
Kein Grund, sich deswegen gleich im Stich gelassen zu fühlen.
Doch im tiefsten Grunde ihres Herzens vermisste sie ihren Vater. Sie hatte die fünf Jahre Stillschweigen zwischen ihnen nicht gewollt. Aber sie hatte auch nicht zusehen können, wie er von neuem in sein Unglück rannte.
Das erste Mal war es am schlimmsten gewesen. Da war Lilian eine dünne, blasse Dreizehnjährige, die ein Jahr zuvor ihre Mutter verloren hatte. Die anderen Male war es ihr schon etwas leichter gefallen, sich an die wechselnden Stiefmütter zu gewöhnen.
Die mit viel Pomp geschlossenen Ehen waren alle bald zur Katastrophe geworden. Auf die Streits und Feindseligkeiten folgte die Scheidung, danach gab es ein paar ruhige Monate, bis ihr Vater erneut einer Frau schöne Augen machte und das Ganze von vorne losging.
Beim letzten Mal vor fünf Jahren, da war sie zweiundzwanzig gewesen, hatte Lilian nicht mehr mitgespielt. Sie hatte ihrem Vater deutlich die Meinung gesagt, und das hatte Carter ihr sehr übel genommen.
Inzwischen war auch diese Ehe gescheitert, und bisher gab es noch keine Gerüchte über eine neue Mrs. Hayes. Vielleicht hatte Carter jetzt, mit sechzig und nach vier Scheidungen, ja beschlossen, eine Ruhepause einzulegen. Als er Lilian vor ein paar Wochen, an einem heißen Augustmorgen, anrief, wäre ihr beinahe der Hörer aus der Hand gefallen. Komm mit mir auf eine Kreuzfahrt. Wir werden bestimmt viel Spaß haben.
Lilian hatte sich vorgestellt, dass das eine Chance sein könnte, sich miteinander auszusöhnen.
Sie trank ihren Cocktail aus und stand auf.
„Wolltest du nicht Champagner bestellen?“, fragte plötzlich eine Stimme hinter ihr.
Freudig überrascht drehte Lilian sich um. Zum ersten Mal seit fünf Jahren stand sie ihrem Vater gegenüber.
Er hat sich kein bisschen verändert, stellte sie verwundert fest. Vielleicht ein oder zwei Kilo mehr und ein bisschen weniger Haare, aber immer noch sprang ihm die Lebensfreude förmlich aus den Augen, und seine Bewegungen waren so energiegeladen wie eh und je. Carter Hayes war vielleicht älter geworden, aber alt war er auf keinen Fall.
Er schloss sie in die Arme.
„Ich dachte schon, du hättest das Schiff verpasst“, murmelte sie an seiner Schulter.
„Aber ich habe doch gesagt, dass ich es schaffe. Du solltest irgendwann mal lernen, mir zu vertrauen.“ Bevor er sie losließ, drückte er sie noch mal kurz an sich. „So“, sagte er dann energisch und ließ sich in einen Sessel sinken. „Wo ist der Schampus?“
„Wahnsinn, so viel Platz“, sagte Christopher, als er die Suite seines Cousins Gabriel betrat. „Da würde meine Kabine ja mindestens dreimal reinpassen.“
„Ich weiß eben, was richtiger Lebensstil ist“, erwiderte Gabriel, der gerade von der Terrasse hereinkam.
„Das ist keine Frage von Wissen“, erwiderte Christopher.
„Ist deine Kabine denn so klein?“, fragte Gabriel.
„Nein, es geht. Sie ist mindestens so groß wie dein Bad.“
„Tja, mehr ist für einen Angestellten im öffentlichen Dienst eben nicht drin.“ Gabriel hatte Christophers Kabine eigentlich für seinen Bruder Nick gebucht, der Feuerwehrmann war. Weil Nicks Frau wegen ihrer Schwangerschaft nicht mitkommen konnte und Nick sie nicht allein lassen wollte, war Christopher für ihn eingesprungen.
„Wie geht es Sloane eigentlich?“
„Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, ist sie mittlerweile rund wie eine Tonne. Na ja, mit Zwillingen.“
Sie traten beide hinaus auf die Terrasse.
„Hi, Christopher“, sagte Gabriels Frau Hadley, die mit ihren Söhnen Keegan und Kelsey an der Reling stand. Hadley war schlank und zierlich und sehr energiegeladen. Gerade wies sie begeistert auf die baumbestandenen Inseln gegenüber. „Habt ihr schon mal etwas so Schönes gesehen?“, fragte sie.
Gabriel trat zu ihr und küsste sie. „Ja, dich.“
Sie
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