Julia Sommerliebe 0023
war an dem Tag gestorben, an dem sie ihn in Daniela Garzas Armen ertappt hatte. Oder etwa nicht?
Claire musterte sein Gesicht, und ihr Herz schlug höher, als er sie mit seinen dunklen Augen ansah.
Schon den ganzen Abend über spürte sie einen beunruhigenden Zauberbann zwischen ihnen. Jedes Mal, wenn sich ihre Blicke begegneten, fühlte sie sich zu Antonio hingezogen – ungewollt, beinahe widerwillig, aber es war deshalb nicht weniger eindeutig und ganz entschieden nicht einseitig.
Ihr Körper kannte ihn als ihren Freudenspender. Weder vor noch nach ihm hatte sie ein vergleichbar überwältigendes Entzücken erlebt.
Und obwohl sie sich mit der Vorstellung quälte, dass Antonio bei vielen anderen Frauen körperliche Befriedigung erfahren hatte, war sie sich seines anhaltenden Verlangens nach ihr überdeutlich bewusst. Sie sah es in seinen Augen, wenn er ihren Blick einige Sekunden länger als nötig gefangen hielt. Sie spürte es an seinen Fingern, die er immer mal wieder besitzergreifend um ihre schloss und deren Wärme ihre Kälte durchdrang.
Sehr lebhaft konnte sie sich vorstellen, was geschehen würde, wenn er sie irgendwann küssen sollte. Beinahe spürte sie schon den sanften, aber festen Druck seines Mundes auf ihrem; sie strich sich mit der Zunge über die Lippen, um den Eindruck wegzuwischen.
Sie wollte sich nicht ins Gedächtnis rufen, was sie in seinen Armen empfunden hatte. Diese Erinnerungen hatte sie in den hintersten Winkel verdrängt. Sie waren zu schmerzlich, um wieder hervorgeholt zu werden, und viel zu gefährlich für ihren Seelenfrieden.
„Bist du fertig damit, mit deinem Essen zu spielen?“, fragte Antonio.
Sie legte die Gabel nieder, mit der sie das Meeresfrüchte-Risotto auf ihrem Teller herumgeschoben hatte. „Ich bin wohl doch nicht so hungrig, wie ich dachte“, erklärte sie seufzend.
Er holte seine Brieftasche heraus, signalisierte dem Kellner, dass er zahlen wollte, und legte eine Kreditkarte auf den Tisch.
„Ich gebe dir noch eine Frist“, eröffnete er. „Geh nach Hause und schlaf dich richtig aus. Wenn du mir einen Ersatzschlüssel für deine Wohnung gibst, schicke ich morgen im Laufe des Tages jemanden vorbei, der deine Sachen abholt und in meine Suite im Hotel bringt. Mach dir keine Gedanken über die Miete für die nächsten drei Monate. Ich werde mich darum kümmern. Du kannst dich ganz darauf konzentrieren, in deine Rolle als meine Ehefrau zurückzufinden.“
Er lässt es so einfach klingen, dachte Claire, während sie kurz darauf zu ihrer Wohnung fuhr. Ich muss bloß ein paar Sachen packen und in sein Leben zurückkehren, als wäre ich nie weg gewesen.
Doch für sie war die Situation alles andere als leicht. Eine Frage beschäftigte sie ganz besonders: Wie viele Nächte lässt er wohl verstreichen, bevor er von mir verlangt, dass ich auch in sein Bett zurückkehre?
5. KAPITEL
Am folgenden Tag war der Salon voll ausgebucht; jeder einzelne Kunde von Claire schien die Pressemitteilung über ihre Versöhnung mit Antonio Marcolini gelesen zu haben.
Alle Leute wollten ihr zu ihrem neuen Glück gratulieren. Lächelnd nahm sie die überschwänglichen Glückwünsche entgegen und hoffte, dass niemand hinter die zerbrechliche Fassade zu schauen vermochte.
Zumindest vorläufig sah sie davon ab, Rebecca die näheren Details über die Versöhnung mit Antonio mitzuteilen. Wie hätte sie ihrer besten Freundin auch beibringen sollen, dass ihr Noch-Ehemann sie mehr oder weniger gezwungen hatte, für die nächsten drei Monate an seine Seite zurückzukehren?
Doch Rebecca musste irgendeinen Verdacht geschöpft haben, denn sie neigte den Kopf zur Seite und musterte Claire durchdringend. „Bist du sicher, dass du das Richtige tust?“, fragte sie besorgt. „Ich meine, in den Zeitungen steht, dass er nur für begrenzte Zeit hier ist. Was passiert, wenn er Ende August abreist? Erwartet er, dass du mit ihm nach Italien zurückgehst?“
Claire wandte sich ab, um den Wasserkessel in der kleinen Küche hinter dem Salon zu füllen. „Bis jetzt sind wir noch nicht dazu gekommen, über solche Details zu sprechen. Wir gehen es einfach Schritt für Schritt an, um zu sehen, wie es zwischen uns klappt.“
Rebecca verschränkte die Arme vor der Brust und bemerkte zynisch: „Also kann er jederzeit einfach sagen: Es ist vorbei, ich will die Scheidung. Läuten da keine Alarmglocken bei dir im Kopf?“
„Ich weiß ja selbst, dass es etwas heikel wirkt, aber er – das heißt, wir beide
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