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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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sich jetzt in Träumereien zu verlieren. Zwei von ihnen stiegen bereits auf den Sarkophag, um herauszufinden, welche Art Werkzeuge sie benötigten, um der Skulptur die Augen auszustechen. Schließlich kamen die beiden zu dem Ergebnis, dass sie eine bestimmte Art von Bohrer brauchten, und sobald sie die Werkzeuge zur Hand hatten, wandten sie sich wieder der Skulptur zu - der eine Mann Giulietta, der andere Romeo -, um mit ihrem Zerstörungswerk zu beginnen.
    Als Bruder Lorenzo - der bis zu diesem Moment völlig ruhig geblieben war - sie die Bohrer ansetzen sah, stürmte er plötzlich vor und versuchte die Männer zum Einhalten zu bewegen, indem er sie anflehte, die Skulptur nicht zu entweihen. Für ihn ging es dabei nicht nur um die Schändung eines Kunstwerks. Vielmehr schien der Mönch felsenfest davon überzeugt zu sein, dass durch den Raub der Augen irgendein unaussprechliches Übel freigesetzt würde und unser aller Schicksal damit besiegelt wäre. Doch Cocco hatte genug von Bruder Lorenzos abergläubischen Rätseln. Er schob den Mönch brutal zur Seite und wies die Männer an fortzufahren.
    Der Lärm beim Einreißen der Wand war schon schlimm genug gewesen, doch das Kreischen der Metallbohrer entpuppte sich als absolut höllisch. Die Hände fest auf die Ohren gepresst, wichen Janice und ich erschrocken zurück. Uns beiden war nur allzu bewusst, dass das bittere Ende unserer Schatzsuche rasch näher rückte.
    Nachdem wir erneut den Kopf eingezogen hatten und durch das Loch in der Wand in den zentralen Bereich der Krypta zurückgekehrt waren - einen sichtlich bekümmerten Bruder Lorenzo im Schlepptau -, sahen wir sofort, dass der ganze Raum im wahrsten Sinne des Wortes auseinanderfiel. Sowohl an den Gipswänden als auch am Gewölbe klafften bereits lange Risse und bildeten Spinnwebmuster, die nur noch eine klitzekleine Erschütterung brauchten, um sich in alle Richtungen auszubreiten.
    »Ich würde vorschlagen, wir treten den Rückzug an«, sagte Janice, während sie sich nervös umblickte. »In der anderen Höhle müssen wir uns wenigstens nur mit Toten herumschlagen.«
    »Und dann?«, fragte ich. »Sollen wir uns unter das Loch in der Decke setzen und warten, bis diese ... Herren uns hinaufhelfen?«
    »Nein«, antwortete sie und rieb über eine Stelle an ihrem Arm, wo ein Stern sie gestreift hatte, »aber eine von uns könnte der anderen hinaushelfen, und diese andere könnte dann durch den Tunnel zurückkriechen und Hilfe holen.«
    Verblüfft starrte ich sie an. Ich begriff, dass sie recht hatte und ich eine Idiotin gewesen war, weil ich nicht an diese Möglichkeit gedacht hatte. »Und wer«, fragte ich zögernd, »soll gehen?«
    Janice lächelte sarkastisch. »Du natürlich. Immerhin bist du diejenige, die etwas zu verlieren hat ...« Etwas selbstgefälliger fügte sie hinzu: »Außerdem weiß nur ich, wie man mit der Cocco-Nuss richtig umgeht.«
    Einen Moment sahen wir uns bloß an. Dann bemerkte ich aus dem Augenwinkel Bruder Lorenzo, der vor den geplünderten Steintischen kniete und zu einem Gott betete, der längst nicht mehr da war.
    »Ich kann das nicht«, flüsterte ich. »Ich kann dich doch nicht einfach hier zurücklassen.«
    »Du musst«, erklärte Janice entschieden. »Wenn du nicht gehst, tue ich es.«
    »Gut«, antwortete ich, »dann tu es. Bitte geh.«
    »O Jules!« Sie warf mir die Arme um den Hals. »Warum musst du immer die Heldin spielen?«
    Wir hätten uns diesen aufwühlenden Streit um die Märtyrerrolle sparen können, denn inzwischen waren die Metallbohrer verstummt. Die Männer strömten lachend und über ihre Beute scherzend aus der Seitenkapelle und warfen die vier walnuss-großen Edelsteine immer wieder zwischen sich hin und her. Der Letzte, der herauskam, war Umberto. Ich sah ihm an, dass er sich das Gleiche fragte wie wir: War unser Geschäft mit Cocco und seiner Bande aus Neapel damit abgeschlossen, oder würden sie zu dem Ergebnis kommen, dass sie noch mehr wollten?
    Als könnten sie unsere Gedanken lesen, brachen die Männer ihr übermütiges Spiel plötzlich ab und musterten Janice und mich eingehend - und das ausgerechnet, während wir so innig aneinandergeschmiegt dastanden. Insbesondere Cocco schien unseren Anblick sehr zu genießen. Der höhnische Ausdruck auf seinem Gesicht ließ keinen Zweifel daran, dass er genau wusste, auf welche Weise wir seinem Geschäftserfolg noch einen zusätzlichen Reiz verleihen könnten. Doch nachdem er Janice mit seinen Blicken ausgezogen hatte

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