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Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Schädel ist voller Sand«, sagte derjenige, der zuerst gesprochen hatte.
    »Sollten wir vielleicht den Kollegen von der Kripo Bescheid sagen?«, fragte der andere nachdenklich.
    »Sind nicht die meisten von denen gerade in Amerika?«, fragte sein Kollege zurück und blickte zum Himmel. »Auf so einer internationalen Konferenz über Kriminalität.«
    Der andere Polizist nickte zustimmend. Die beiden standen wieder eine ganze Weile schweigend neben dem Skelett, bis der eine sich an sie wandte.
    »Wo ist eigentlich das ganze Wasser hin?«, fragte er.
    »Darüber gibt es die verschiedensten Theorien«, antwortete sie. »Was wollt ihr jetzt machen? Kann ich vielleicht nach Hause fahren?«
    Sie blickten einander an, notierten dann ihren Namen und bedankten sich bei ihr, entschuldigten sich jedoch nicht, dass sie so lange hatte warten müssen. Ihr war es egal. Sie hatte keine Eile. Es war ein schöner Tag am See, sie hätte ihren Kater hier nur wesentlich besser auskurieren können, wenn sie nicht auf das Skelett gestoßen wäre. Sie überlegte, ob der Mann mit den schwarzen Socken wohl das Weite gesucht hatte, und hoffte es inständig. Sie freute sich darauf, ein Video auszuleihen und sich am Abend vor dem Fernseher unter eine Decke zu kuscheln.
    Sie warf einen letzten Blick auf die Knochen und das Loch im Schädel.
    Vielleicht wäre ein guter Krimi angebracht.

Zwei
    Die Polizisten meldeten den Skelettfund auf dem Boden des Sees beim Polizeirevier in Hafnarfjörður, und sie brauchten einige Zeit, um den Tatbestand zu erklären, dass sie trockenen Fußes mitten im See stehen konnten. Der Hauptwachtmeister setzte sich telefonisch mit dem zuständigen Beamten beim Isländischen Landeskriminalamt in Verbindung, gab die Meldung über den Skelettfund weiter und wollte wissen, ob der Fall nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen würde.
    »Das ist ein Fall für die Identifizierungskommission«, erklärte der zuständige Beamte. »Ich glaube, ich weiß den richtigen Mann dafür.«
    »Und wer ist das?«
    »Wir mussten ihn zwingen, Urlaub zu nehmen. Soweit ich weiß, hat er fünf Jahre Urlaub angesammelt, aber ich bin mir sicher, dass er froh sein wird, etwas zu tun zu bekommen. Er ist spezialisiert auf Vermisstenfälle. So eine Kleinarbeit macht ihm Spaß.«
    Nachdem sich der Polizeikommissar von seinem Kollegen in Hafnarfjörður verabschiedet hatte, griff er wieder zum Telefon und veranlasste, dass Erlendur Sveinsson benachrichtigt und mitsamt seinem Team zum Kleifarvatn im Süden von Reykjavík geschickt wurde.

    Erlendur war in seine Lektüre vertieft, als das Telefon klingelte. Die schweren Vorhänge vor den Fenstern im Wohnzimmer waren zugezogen, denn Erlendur versuchte, die helle Maisonne, so gut es ging, auszusperren. Da es in der Küche keine richtigen Gardinen gab, hatte er die Tür dorthin zugemacht. Auf diese Weise war es im Wohnzimmer dunkel genug um ihn herum, dass er Grund hatte, seine Stehlampe beim Sessel anzuschalten.
    Erlendur kannte die Geschichte gut, denn er hatte sie schon mehrmals gelesen. Im Herbst 1868 hatten sich einige Männer aus dem Skaftártunga-Bezirk auf den Weg gemacht. Sie wollten in den Südwesten zur Halbinsel Reykjanes, um von dort aus zum Fischen hinauszurudern. Sie nahmen die kürzeste Strecke »Hinter den Bergen«, an der nördlichen Seite des Mýrdal-Gletschers entlang. Mit dabei war ein junger Bursche von 17 Jahren, der Davið hieß. Die Männer waren an solche Reisen gewöhnt, und sie kannten die Strecke, aber bald nachdem sie in die Berge aufgebrochen waren, brach ein Unwetter herein, und sie kehrten nie wieder in bewohnte Gebiete zurück. Eine umfangreiche Suche nach ihnen wurde eingeleitet, aber man fand nicht die geringste Spur. Erst zehn Jahre später wurden ihre Knochen aus purem Zufall bei einer großen Sanddüne südlich von Kaldaklof entdeckt. Sie hatten eine Plane über sich gebreitet und lagen dicht nebeneinander.
    Erlendur blickte im dämmrigen Licht hoch und sah im Geiste den jungen Burschen in der Gruppe vor sich, besorgt und ängstlich. Vor der Abreise schien er zu spüren, worauf es hinauslaufen würde; die ganze Gegend sprach darüber, dass er seine alten Spielsachen an seine Geschwister verteilt und gesagt hatte, dass er sie nicht wieder zurückfordern werde.
    Erlendur legte das Buch weg, stand mit steifen Gliedern auf und nahm den Hörer ab. Es war Elínborg.
    »Du kommst doch, oder?«, war ihre erste Frage.
    »Mir bleibt wohl nichts anderes übrig«, sagte

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