Nachts
STEPHEN
KING
Nachts
bitland
2001.12.02 21:35:41 +
01‘00’
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
BandNr. 41/30
Titel der Originalausgabe
THE LIBRARY POLICEMAN und THE SUN DOG
aus: FOUR FAST MIDNIGHT
Aus dem Amerikanischen übersetzt
von Joachim Körber
Der erste Teil des Buches ist unter
dem Titel »Langoliers« mit der BandNr. 41/26
bereits erschienen.
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
6. Auflage
Copyright © 1990 by Stephen King
Copyright © der deutschen Ausgabe 1991
by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Printed in Germany 1994
Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München Gesamtherstellung: Ebner Ulm
ISBN 3453050606
In der Wüste
Sah ich ein Geschöpf, nackt, bestialisch, Welches, am Boden kauernd,
Sein Herz in Händen hielt
Und davon aß.
Ich sagte: »Ist es gut, Freund?«
»Es ist bitterbitter«, antwortete er;
»Aber ich mag es,
Weil es bitter ist,
Und weil es mein Herz ist.«
Stephen Crane
I’mgonna kissyou,girl, andholdya,
I’mgonna do all the things Itoldya
In the midnight hour.
Wilson Pickett
KURZ VOR MITTERNACHT
Eine Vorbemerkung
Nun, sieh einer an wir sind alle da. Wir haben es wieder einmal geschafft. Ich hoffe, Sie freuen sich nur halb so sehr darüber, wieder hier zu sein, wie ich. Allein das zu sagen, erinnert mich an eine Geschichte, und da ich Geschichten erzähle, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen (und nicht den Verstand zu verlieren), möchte ich sie weitergeben.
Anfang dieses Jahres ich schreibe dies Ende Juli 1989 saß ich vor der Glotze und sah das Spiel der Boston Red Sox gegen die Milwaukee Brewers. Robin Yunt von den Brewers trat aufs Schlagmal, und die Berichterstatter aus Boston fingen an, über die Tatsache zu staunen, daß Yount erst Anfang Dreißig ist. »Manchmal scheint es, als hätte Yount schon Abner Doubleday geholfen, die allerersten FoulLinien zu ziehen«, sagte Ned Martin, während Yount in die Box trat und sich Roger Clemens stellte.
»Jawoll«, stimmte Joe Castiglione zu. »Ich glaube, er kam gleich nach der Schule zu den Brewers er spielt seit 1974 für sie.«
Ich richtete mich so schnell auf, daß ich fast eine Dose PepsiCola verschüttete. Moment mal!dachte ich. Einen verdammten Moment mal!
1974 habe ich mein erstes Buch veröffentlicht! So lange ist das noch nicht her! Was soll der Mist von wegen Abner Doubleday helfen, die ersten FoulLinien zu ziehen?
Dann fiel mir auf, daß die Wahrnehmung, wie die Zeit verrinnt
ein Thema, das in den nachfolgenden Geschichten immer wieder auftaucht , eine höchst individuelle Angelegenheit ist. Es stimmt, die Veröffentlichung von Carrie im Frühjahr 1974 (das Buch wurde tatsächlich zwei Tage vor Beginn der BaseballSpielzeit veröffentlicht, als ein Teenager namens Robin Yount sein erstes Spiel für die Milwaukee Brewers ausfocht) scheint mir selbst noch nicht lange her zu sein kaum mehr als ein rascher Blick zurück über die Schulter , aber es gibt andere Möglichkeiten, die Jahre zu zählen, und manche sprechen dafür, daß fünfzehn Jahre wahrhaftig eine lange Zeit sein können.
1974 war Gerald Ford Präsident, und der Schah hatte im Iran noch das Sagen. John Lennon lebte noch, ebenso Elvis Presley.
Donny Osmond sang mit hoher Säuselstimme mit seinen Brüdern und Schwestern. Videorecorder waren bereits erfunden, aber nur in einigen wenigen Geschäften erhältlich. Fachleute sagten voraus, daß Sonys BetaMaschinen binnen kürzester Zeit das als VHS bekannte Konkurrenzsystem in Grund und Boden stampfen würden.
Es war noch unvorstellbar, daß die Leute einmal Filme ausleihen könnten, wie sie früher Romane in öffentlichen Bibliotheken ausgeliehen hatten. Die Benzinpreise waren geklettert: elf Cent pro Liter Normalbenzin, dreizehn für bleifreien Sprit.
Die ersten weißen Haare auf meinem Kopf und in meinem Bart waren noch nicht da. Meine Tochter, die mittlerweile das College besucht, war vier. Mein ältester Sohn, der inzwischen größer ist als ich, BluesHarp spielt und wallende, schulterlange SammyHagarLocken trägt, war gerade von Windeln zu normalen Höschen übergewechselt. Und mein jüngster Sohn, der heute als Werfer und erster Schläger für eine JugendligaMannschaft spielt, sollte erst drei Jahre später geboren werden. Die Zeit hat so eine seltsame Plastikeigenschaft, und alles, was geht, kommt wieder. Wenn man in den Bus steigt, denkt man, daß er einen nicht weit bringt vielleicht quer durch die Stadt, nicht weiter , und auf einmal ist man schon auf dem
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