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Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
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Verbrennung veranstaltet wurde. Noch heute hörte sie die kreischenden Schreie der Alten, als sie langsam in der Feuerglut zu Asche zerfiel. Nach dem Tod ihrer Schwester Elisa hatte Martha die beiden Jungen, Christan und August, zu sich genommen. Sie waren wie leibliche Söhne für sie. Die optische Ähnlichkeit mit Elisa gab ihr das Gefühl, dass ihre Schwester in ihnen weiterlebte. Christan war genauso sanft und liebevoll wie seine Mutter, während August wild und ungestüm war. Aber das störte sie nicht.
    Christan, der sich eben aus dem Wirrwarr gelöst hatte, blickte sie immer noch an. Martha lächelte und winkte ihm zu. Er grinste und drehte sich wieder zu seinem Bruder um. August wälzte sich noch immer eng verschlungen mit dem Hundewelpen auf der Erde. Es war ein Schäferhund, der auf dem Rücken liegend nach August schnappte. Der Junge hatte seine Knie und Ellenbogen in die Seiten des Tieres geschlagen und versuchte mit kräftigem Druck seiner beiden Hände die Kehle des Hundes zuzuschnüren. Der Widerstand des Welpen wurde zunehmend schwächer, doch August ließ nicht von ihm ab. Ein flehender Laut aus der Kehle des gequälten Tieres brachte Christan zum Handeln. Er riss seinen Bruder von dem Welpen weg. August war nicht sonderlich erfreut über Christans Eingreifen und boxte ihm kräftig in die Seite.
    »Verdammt, was tust du, Christan. Ich hatte ihn fast so weit!«
    »Was soll das heißen, du hattest ihn so weit?«, keuchte Christan, die Hände vor Schmerzen in seine Taille gepresst. »Wolltest du ihn zu Tode quälen und ersticken?«
    »Ja, lieber Bruder, genau das hatte ich vor!«
    »Mutter beobachtet uns. Sieh doch selbst!«
    August warf einen Blick über die Schulter und sah, dass Martha sie nicht aus den Augen ließ.
    »Verdammt«, fluchte er und ließ von seinem Bruder ab. »Warum muss sie ständig hinter uns herschnüffeln? Wir sind keine Kinder mehr!«
    »Sie ist unsere Mutter, August. Sei doch froh, dass sie sich um uns sorgt. Denk nur an den armen Bernhart, der letzte Woche erst von seinem Vater vom Hof gejagt wurde.«
    »Ach, so hör doch auf von Bernhart zu sprechen. Er ist ein elender Schwächling. Taugt zu nichts. Was sonst hätte der Alte mit ihm tun sollen, wo doch noch sechs weitere hungrige Mäuler an seinem Tisch warten?«
    »Du bist so gemein. Denkst du nicht einmal darüber nach, wovon der Ärmste jetzt leben soll?«
    »Oh je, er kann sich doch in der Stadt als Knecht verdingen. In Köln suchen sie jede Menge davon. Er wird schon keinen Hunger darben.«
    Christan schüttelte heftig den Kopf: »Er ist der Erstgeborene. Ihm gebührt der Hof seines Vaters.«
    »Christan, er hat keinen Funken Verstand in seinem Kopf.« August machte eine abfällige Handbewegung. »Ich kann den Alten verstehen.«
    Wütend stieß Christan seinen Bruder fort und stürmte vom Hof. Der kleine Welpe folgte ihm auf dem Fuß. Martha schüttelte den Kopf, freute sich jedoch über die Flausen ihrer beiden Halbwüchsigen. Dann drehte sie sich um und wandte sich wieder ihrer Küchenarbeit zu. Nur August blieb wie versteinert im Hof stehen. Seine Augen waren zu engen Schlitzen zusammengekniffen und seine Mundwinkel verzogen sich nach unten. Er hasste seinen Bruder für dessen gutes Herz. Er selbst konnte keine Güte in sich fühlen, während Christan erfüllt davon war. Irgendwo musste er jetzt seine Energie loswerden. Sein Hass wollte sich einen Weg nach draußen bahnen. Wie von Sinnen rannte er los.
     
     
    ...
     
     
    Bastian Mühlenberg von der Zonser Stadtwache traute seinen Augen nicht. Bereits zum zweiten Mal in diesem Monat wurde er zum Krötschenturm gerufen. Der Turm war einer von vier großen Türmen, die jeweils die Ecken der Stadtmauer von Zons verstärkten. In Kriegszeiten dienten alle Türme als Wehrtürme zur Verteidigung der Stadt, aber in Friedenszeiten wurden sie für andere Zwecke genutzt.
    Der Krötschenturm, der sich an der nordwestlichen Seite befand, beherbergte Kranke und Schwache. Immer wieder brachen Seuchen aus und die Stadtherren achteten streng darauf, Kranke mit ansteckenden Leiden bis zur Genesung oder schlimmstenfalls bis zu ihrem Tod in den Krötschenturm zu verbannen. Erst vor zwei Wochen waren zerstückelte Tierreste, vermutlich von Hühnern, in einer Ecke neben dem Krötschenturm gefunden worden. Da Bastian als Mitglied der Zonser Stadtwache seit nunmehr über einem Jahr für kriminelles Gesindel sowie Mord und Betrug verantwortlich war, wurde er in solchen Fällen stets zu Hilfe

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