Kammerdiener gesucht
Castor und Pollux sich ausgerechnet immer auf die Füße meiner Sekretärin legten, als wäre dies eh und je ihr Platz, und ich weiß auch, daß Gertraude Gleichen mich liebt. So - nun kannst du wieder reden.« Er nahm sie sehr herzlich in seine Arme, strich ihr über den gesenkten Kopf und drückte sie an sich. »Nun, ist es so schwer, zu reden?«
Zögernd und leise fragte sie ihn: »Achim, kannst du es denn verwinden, daß wir geschwindelt haben?«
»Hielte ich dich sonst hier in meinen Armen? Gertraude, ich liebe dich doch, da ist alles andere unwichtig. Du bist wieder in
Gleichen, welches nun auf dem Umweg über deinen Chef wieder dein eigen werden soll, Baronesse von Gleichen.« Er bog ihren Kopf zurück und küßte sie innig. »So, und nun meine ich, werde ich sehr viel mehr Aufmerksamkeit für meine Arbeit haben als bisher, da ich dauernd überlegte, wie ich wohl dieses Fräulein Horn für immer in Gleichen festhalten könnte.«
Nicht anders konnte man die Abendmahlzeit bezeichnen als turbulent; denn was da nun alles gesagt, erklärt, gestanden und verstanden wurde, brauchte Stunden, zumal Kammerdiener Kuno trotz allem treu seines Amtes waltete und erklärte, bis der neue Diener engagiert wäre, bliebe er der Kammerdiener, denn so hätte es die gütige Vorsehung bestimmt. Schuld an allem sei aber ausnahmslos Herr Professor Bergemann, sein verehrter Schwager mit seinen drei aufregenden Annoncen gewesen: Kammerdiener gesucht - Sekretärin gesucht - zwei männliche Dackel gesucht! Und alles sei bestens geliefert worden, dazu noch eine nette Tante.
Schwer zu sagen, welches Paar froher und glücklicher war an diesem Abend, der noch so vieles klärte aus der Vergangenheit und für die Zukunft.
Michel meldete sich dann auch noch, nachdem er ruhig abgewartet hatte, bis sich die Wogen des ersten frohen Glückes gelegt hatten. Er berichtete, es sei ihm am späten Nachmittag endlich geglückt, den unteren Boden der Götzenstatuette, in welcher man das feine Geräusch gehört habe, zu lösen.
»Na, und -? Spanne uns nicht auf die Folter, Michel!«
»Du bestimmtest neulich, daß deinem Kammerdiener Kuno ein Finderlohn zustehe, und das finde ich richtig. Denn hätte er die Holzstatuette nicht fallen lassen -«
»Dieser Dussel von einem komischen Kammerdiener!« mußte Schirin schnell einwerfen.
»- so hätte sich die noch unerforschte Masse nicht gelöst, welche die in dem Hohlraum eingedrückten kostbaren Edelsteine festhielt. Verstehe ich nur etwas von solchen Dingen, so birgt dieser Götze ein Vermögen, und dieser arme Kerl, den damals Peter Schlamm ermordete, hat die Wahrheit gewußt. Das Wie, Woher und so weiter bedeutet uns ja heute nichts mehr. So, nun kann der Besitzer der Statuette entscheiden.« Michel holte die Figur herbei und löste vorsichtig alle Teile, die im Hohlraum eingebettet waren: schöne farbige, ziemlich roh geschliffene Edelsteine, deren unerforschte Herkunft ihren Wert noch vergrößern würde.
Achim bestimmte später, als man alles in Ruhe durchsprach, daß er den Inhalt der Götzenfigur mit Kuno teilen würde. So sei allen geholfen, und Kuno brauche keine neue Stellung als Kammerdiener anzunehmen, meinte er lächelnd.
In späteren Wochen innigster Glückseligkeit erstand aus dem Erlös von Kunos Anteil ein wunderschöner Anbau an das alte Torhaus, und dies bezog Baron Kuno Gleichen mit seiner Frau. Er nahm sich der sehr verkommenen Landwirtschaft an und machte Gleichen wieder zu einem Musterbetrieb, während im Schlössel Achim mit seiner Frau Gertraude lebte, das Nebengebäude aber für Michel und Tante Schirin zwei wundernette Appartements ergab und das Personal in einem Neubau untergebracht wurde. Also waren die Gleichens wieder alle beisammen, dazu Rübezahl und die Dackelhunde, die alles wie einen ihnen zustehenden Tribut ansahen, da sie nun reihum die besten Happen bekamen und ihre Gunst verteilten, wo die Happen am prächtigsten waren.
Aus der häßlichen Tragödie um die Götzenstatuetten erblühte schöner Friede, Liebe und Freundschaft im alten Torhaus Gleichen.
Kuno aber hatte sich die bewußte Annonce einrahmen lassen. Sie hing in seinem Arbeitszimmer, und schmunzelnd las er sie sehr oft: »Kammerdiener gesucht!«
Achims Buch, an welchem er sehr ernst unter Hilfe seiner geliebten »Sekretärin« arbeitete, wurde ein großer Erfolg. Er gab Gertraude das erste Exemplar lächelnd und bat sie, die für sie bestimmte Widmung zu lesen.
Nach einem innigen Blick tiefer
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