Kampf der Gefuehle
unerträglich. Wenn Gavin Blackford Sascha herausgefordert hatte, weil dieser irgendeine arrogante Bemerkung gemacht oder sich anmaßend verhalten hatte, dann war das eine Sache. Etwas anderes hingegen war es, wenn Sascha dem Engländer das Duell aufgezwungen hatte, um auf diese Weise ihrem Unterricht einen Riegel vorzuschieben. Er hatte keinen Anlass, eine solche Mission auf sich zu nehmen, hatte nicht das geringste Recht, sich einzumischen. Das konnte sie nicht dulden, nicht, wenn sie ihren Plan erfolgreich durchführen wollte. Sie musste etwas unternehmen.
Nachdem sie sich geräuspert hatte, weil sie aus unerfindlichen Gründen heiser war, fragte sie: »Wann, sagst du, soll dieses Duell stattfinden?«
»Darüber habe ich gar nichts gesagt«, erwiderte Maurelle.
»Morgen früh, nehme ich an?«
»Was hast du vor, ma chere ? Du kannst dich da nicht einmischen. Das darfst du nicht.«
»Nein, natürlich nicht«, gab sie zurück, während sie überlegte, ob es besser wäre, Sascha zur Rede zu stellen oder den Fechtmeister.
Gleich darauf kam ihr zu Bewusstsein, dass diese Frage sich von selbst beantwortete. Sascha war heute Abend hier, und offenbar hatte er das Bedürfnis, mit ihr zu sprechen. Zuvor war ihr schleierhaft gewesen, was er auf dem Herzen hatte. Jetzt konnte sie es sich denken. Und wenn sie annahm, dass Sascha ihren Argumenten gegen dieses Duell eher zugänglich sein würde als sein Gegner, dann brauchte sie das ja niemandem auf die Nase zu binden.
Um mit Sascha ins Gespräch zu kommen, war nichts als ein Lächeln in seine Richtung erforderlich, begleitet von einer winkenden Handbewegung. Nachdem sie in eine Fensternische getreten war, wo sie halbwegs ungestört waren, gesellte er sich zu ihr.
»Benötigen Sie etwas, madame ? Lassen Sie mich wissen, wie ich Ihnen zu Diensten sein kann.«
Seine demütigen Worte passten nicht recht zu seinem Gesichtsausdruck. Dieser Kontrast war ihr schon früher aufgefallen, aber jetzt beunruhigte er sie mehr als je zuvor.
»Mir ist eine heikle Angelegenheit zu Ohren gekommen«, sagte sie so gelassen, wie sie es vermochte. »Ich habe gehört, dass Sie die Absicht haben, sich mit dem Engländer auf dem Feld der Ehre zu treffen.«
»Nun, mon ange ...«, setzte er an, indem er die Stirn runzelte.
»Stimmt das?«
»Solche Angelegenheiten sind kein passendes Gesprächsthema für schöne Frauen wie Sie.«
Brennender Zorn loderte in ihr auf. »Lassen Sie solche langweiligen Bemerkungen, Sascha. Ich fürchte, Sie haben dem Gentleman aus Sorge um mich einen Streit aufgezwungen. Oder täusche ich mich da?«
»Der Gentleman, wie Sie ihn nennen, hat, auch ohne dass man Sie ins Spiel bringen müsste, Anlass genug gegeben, um ein Treffen zu rechtfertigen.«
»Gefällt Ihnen sein Verhalten Ihnen gegenüber nicht? Sind Sie der Ansicht, er müsste respektvoller sein?« Diese Vermutung lag nahe, standen nach Saschas Dafürhalten die meisten Männer doch weit unter ihm.
»Er ist in jeder Hinsicht viel zu dreist.«
»Kommen Sie, Sascha. Geben Sie zu, dass seine Weigerung, Ihren Anweisungen Folge zu leisten, Sie erzürnt hat. Deshalb sind Sie zu ihm gegangen und haben ihn gezwungen, Sie zum Duell herauszufordern, damit Sie ihn in einem Kampf besiegen können, bei dem Sie im Vorteil sind. Ein Duell zu Pferde und mit Säbeln - das ist doch entsetzlich!«
»Was das angeht, so hat man mir erzählt, er stamme aus dem englischen Landadel. Folglich müsste er imstande sein zu reiten. Er meint, er sei mir ebenbürtig. Dann soll er es beweisen.«
Sie ballte die Faust um den Fächer, den sie in der Hand hielt. »Soviel ich weiß, hat er keine militärische Ausbildung absolviert. Verraten Sie mir bitte einmal, warum Sie so entschlossen sind, ihn loszuwerden.«
»Ich habe bereits erklärt...«
»Lassen Sie das, wenn ich bitten darf. So dumm bin ich nicht. Sie mischen sich in mein Leben ein, und das werde ich nicht zulassen. Sie müssen dieses Duell absagen.«
»Ich bin die herausgeforderte Partei, ma chere. Es ist Monsieur Blackford, der Genugtuung verlangt, deshalb kann allein er einen Rückzieher machen, ohne dass ihm daraus ein Nachteil erwächst. Ich kann es ihm lediglich ermöglichen, dass er sich Genugtuung verschafft. Falls er dazu in der Lage ist.«
»Sie haben ihn zu diesem Verhalten gezwungen, dessen bin ich mir sicher. Was haben Sie gesagt?«
Sascha wurde knallrot im Gesicht, so dass die Narbe auf seiner Wange sich purpurn färbte. »Warum sind Sie so sicher, dass den
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