Kantaki 02 - Der Metamorph
Elf und eine kleine, zarte, geflügelte Fee.
Lutor lächelte erneut, diesmal weniger grimmig, und stellte eine Verbindung zum globalen Netzwerk von Kerberos her. »Geht hinaus«, sagte er zu den kleinen Gestalten. »Macht euch auf die Suche.«
Die Symbole tanzten und verschwanden. Lutor hatte die Programmierung der mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Späher den ihm bekannten Gegebenheiten auf Kerberos angepasst. Sie sollten in den planetaren Aufzeichnungen und Datenbanken nach Spuren suchen, die auf den Metamorph hindeuteten, nach besonderen Vorkommnissen, aus denen sich eventuell Muster ableiten ließen. Die KI-Programme waren schon mehr als zwanzigmal zu diesem Zweck eingesetzt worden, und sie lernten jedes Mal dazu. Lutor rechnete in zwei oder drei Stunden mit ersten konkreten Resultaten – immerhin waren die Datennetze auf Kerberos nicht sehr komplex und das Datenvolumen entsprechend begrenzt.
Lutor lehnte sich zurück, blickte in den leeren Darstellungsbereich und fragte sich, wie er die Wartezeit am besten nutzen konnte.
Er lächelte zum dritten Mal, diesmal voller Vorfreude.
Fünf Minuten später, im Anderswelten-Zimmer der Suite, streckte er sich in einem Ruhesessel aus und ließ sich vom Medo-Servo bestätigen, dass alle biometrischen Überwachungsfunktionen aktiviert waren. Der AW-Datenservo hatte Programme und Daten eines privaten Speichermoduls geladen, und ein sensitives Kabel verband ihn mit dem Bio-Servo dicht unter Lutors Nacken.
»Programm starten und letzten Merkpunkt aktivieren«, sagte Lutor und wurde zu Kordun.
Er hob die rechte Hand, ballte sie langsam zur Faust und fühlte Kraft. Der Körper der Kriegers aus dem Nordland fühlte sich wundervoll an: dicke Muskeln, feste Knochen, widerstandsfähige Sehnen. Er schüttelte den Kopf, warf das schulterlange blonde Haar zurück und lachte voller Selbstbewusstsein. »Ich komme, Echna«, sagte er, und der Wind, ein kalter Wind, wehte seine Stimme fort, vielleicht dem Gebieter der Schattenwelt entgegen.
Der Sumpf der Verlorenen Seelen lag hinter ihm, und der an seinem Gürtel baumelnde Zweihänder hatte ihm mehr als einmal gute Dienste geleistet. Vor ihm erstreckte sich ein Wald nicht aus Bäumen, sondern aus seltsamen braunschwarzen Säulen, die Abstände zwischen ihnen mal klein, mal groß. Im Licht der aufgegangenen Sonne sah Lutor dünne, fadenartige Gebilde, die sich hier und dort zwischen den Säulen spannten, und manchmal huschte etwas darüber weg. Vorsichtig, die rechte Hand auf dem Knauf des Schwerts, näherte er sich der ersten Säule und achtete dabei genau darauf, wohin er den Fuß setzte. In einem Abstand, den er für sicher hielt, blieb er stehen und betrachtete die Säule.
Sie bestand aus zahllosen handtellergroßen Käfern.
Sollte er wagen, durch diesen Wald zu gehen? Oder war es besser, einen Umweg zu machen? Lutor dachte einige Sekunden darüber nach und erinnerte sich dann an den Ratgeber. Er nahm den Rucksack ab, holte den kleinen Käfig mit dem Kuiki und eine Makai-Nuss hervor. Er zeigte sie dem greisenhaften Männchen. »Hier, die bekommst du, wenn du mir noch einmal einen Rat gibst.«
Etwas stimmte nicht. Der Kuiki saß zusammengekauert in einer Ecke des Käfigs, die Beine angezogen, die Arme um die Knie geschlungen. Er hob kurz den Kopf und ließ ihn wieder sinken.
»Was ist los mit dir?«, fragte Lutor mit der tiefen Stimme des Kriegers.
Der Kuiki zitterte. »Dies ist nicht… richtig.«
»Was soll nicht richtig sein?«
Der Ratgeber deutete kurz zum Wald und versuchte dann, sich noch tiefer in die Ecke zu drücken. »Es ist jemand da. Jemand, der… nicht hierher gehört.«
Nur ein kleiner Trick der Programmierer, vermutete Lutor. Gute Anderswelt-Programme steckten voller Überraschungen.
»Na schön. Wie komme ich durch den Wald: Gib mir Antwort, und du bekommst die Nuss.«
»Geh nicht hinein. Mach einen Umweg. Oder kehr zurück. Er ist dort.«
»Ein neuer Gegner?« Interesse erwachte in Lutor. Bisher war er auf niemanden gestoßen, der es mit ihm aufnehmen konnte. Vielleicht begann hier eine neue Schwierigkeitsstufe; er hoffte es.
»Nein«, antwortete der Kuiki. » Er. Der nicht hierher gehört.« Dann schien sich das Männchen an seinen Magen zu erinnern und rief: »Nuss, will Nuss!«
Lutor gab sie ihm und blickte neugierig in den Wald. Die letzten Nebelschwaden lösten sich auf, als die Sonne am Himmel emporkletterte. Es war völlig still; selbst der Wind hielt inne, schien den Atem
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