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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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berichtet habe, und auch nicht, wer mein Vater und meine Mutter waren, und so hieße es nur, nutzlos vom Thema abzuschweifen, wenn ich hier davon sprechen wollte.
    Meine gute Zigeunermutter wurde, zweifellos wegen einiger ihrer würdigen Taten, schließlich gehängt, und da sich dies zu früh ergab, als daß ich bereits das Gewerbe des Herumstro lchens beherrscht hätte, nahm sich die Pfarrgemeinde, in der ich zurückgeblieben war und an die ich mich beim besten Willen nicht erinnern kann, meiner einigermaßen an, denn das erste, worauf ich mich danach zu besinnen vermag, ist, daß ich eine Pfarrschule besuchte und der Pfarrer der Gemeinde mich zu ermahnen pflegte, ich solle ein braves Kind sein und ich könne, obgleich ich nur ein armer Junge sei, doch zu einem guten Menschen aufwachsen, wenn ich mich an die Bibel hielte und Gott diente.
    Ich glaube, ich wurde häufig von einer Ortschaft in die andere geschafft, vielleicht, weil sich die Gemeinden über den letzten Wohnsitz der Frau stritten, die sie für meine Mutter hielten. Ob sie mich nun wegen dieser oder anderer Gründe hin und her schickten, weiß ich nicht, aber die Stadt, in der man mich schließlich behielt, wie sie auch heißen mochte, konnte nicht weit vom Meer entfernt liegen, denn ein Schiffskapitän, der Gefallen an mir fand, nahm mich mit an einen nicht weit von Southampton gelegenen Ort, der, wie ich später erfuhr, Bussleton war, und dort ging ich den Zimmerleuten und Handwerkern, die beauftragt waren, ein Schiff für ihn zu bauen, zur Hand. Als es fertig war, nahm er mich, obgleich ich erst zwölf Jahre alt war, mit auf See, zu einer Fahrt nach Neufundland.
    Ich lebte recht gut und gefiel meinem Herrn so, daß er mich seinen Jungen nannte, und ich hätte ihn Vater gerufen, aber das wollte er mir nicht erlauben, denn er hätte eigene Kinder. Ich begleitete ihn auf drei oder vier Fahrten und wuchs zu einem großen, kräftigen Burschen heran; da kaperte uns auf der Heimfahrt von der Neufundlandbank ein algerischer Seeräuber oder ein Kriegsschiff. Das war, wenn meine Berechnung stimmt, um das Jahr 1695, denn selbstverständlich führte ich kein Tagebuch.
    Ich war von dem Unglück nicht sehr betroffen, obwohl ich sah, wie die Türken meinen Herrn, nachdem ihn während des Gefechts ein Splitter am Kopf verwundet hatte, sehr grausam behandelten; ich war also nicht sehr davon betroffen, bis sie mich auf irgendeine unglückselige Äußerung hin, die ich, wie ich mich erinnere, darüber machte, daß sie meinen Herrn mißhandelten, packten und mir mit einem flachen Stock erbarmungslos auf die Fußsohlen schlugen, so daß ich mehrere Tage lang weder gehen noch stehen konnte.
    Mein Glück stand mir jedoch diesmal bei; denn als sie mit unserem Schiff als Beute am Schlepptau auf die Meerenge zu davonsegelten und in Sichtweite des Golfes von Cadiz gelangten, griff ein großes portugiesisches Kriegsschiff den türkischen Seeräuber an, kaperte ihn und brachte ihn nach Lissabon.
    Da ich mir über meine Gefangenschaft nicht viel Sorgen gemacht hatte, denn ich begriff die Folgen nicht, die sich bei längerer Dauer daraus ergeben hätten, freute ich mich auch nicht gebührend über meine Befreiung. Freilich war es für mich auch nicht so sehr eine Befreiung, wie sie es unter anderen Umständen gewesen wäre, denn mein Herr, der einzige Freund, den ich auf der Welt hatte, starb in Lissabon an seiner Verwundung, und so war ich fast wieder in meinen Ausgangszustand, nämlich den des Hungerleiders, zurückversetzt, und dazu noch in einem fremden Land, wo ich niema nden kannte und kein Wort der Sprache beherrschte. Es ging mir dort jedoch wider Erwarten besser, denn als nun alle unsere Leute frei waren und gehen konnten, wohin es ihnen beliebte, blieb ich, der ich nicht wußte, wohin ich mich wenden sollte, noch mehrere Tage lang auf dem Schiff, bis mich schließlich einer der Offiziere erblickte und sich erkundigte, was denn dieser junge englische Hund dort tue und warum man ihn nicht an Land gesetzt habe.
    Ich hörte ihn und verstand so ziemlich, was er meinte, wenn auch nicht, was er sagte, und begann mich sehr zu fürchten, denn ich wußte nicht, woher ich ein Stück Brot nehmen sollte; da kam der Steuermann des Schiffs, ein alter Seebär, der sah, wie trübselig ich war, auf mich zu, sprach mich in gebrochenem Englisch an und erklärte mir, ich müsse von dort fortgehen. „Wohin muß ich denn gehen?“ fragte ich. „Wohin du willst“, sagte er, „nach Hause in

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