Kat und der heißblütige Spanier
Vergangenheit zu liegen schien …
„So ist es. Meine Hazienda“, erwiderte Carlos fast zärtlich.
Fasziniert und mit irritierendem Herzklopfen stand Kat auf der Schwelle des wunderschönen, liebevoll restaurierten alten Gebäudes mit der umlaufenden, schattenspendenden Veranda, die von blühenden Blumen und grünem Blattwerk eingerahmt war. Von dort aus bot sich ihr ein fantastischer Blick über Andalusiens unberührt wirkender Natur. In einigem Abstand zum Haus lagen Carlos’ eigene Orangen- und Zitronenhaine, von denen ein süßer, verführerischer Duft zu ihnen herüber wehte. Auf der anderen Seite befanden sich die Weiden, wo seine geliebten Andalusier grasten. Pferdeliebhaber aus der ganzen Welt kamen hierher, um diese Prachttiere zu erwerben.
Trotz ihrer widerstreitenden Emotionen dachte Kat, dass sie in ihrem Leben nie einen schöneren Ort gesehen hatte. Alles schien so solide und real, so weit weg vom Rummel und Stress der Großstädte. Wieder spürte sie dieses seltsame Gefühl in ihrem Herzen. Wie kann man angesichts eines Lebens, das man nie geführt hat und wahrscheinlich auch nie selbst verwirklichen könnte, so eine grenzenlose Wehmut verspüren? fragte sie sich erstaunt.
„Na, was hältst du von meinem Heim?“, fragte Carlos, der aus dem Haus kam und Kat immer noch wie gebannt an der gleichen Stelle stehend antraf. Er machte sich langsam Sorgen um sie, weil sie im Flieger nicht mehr als einen Tee und eine Handvoll Obst zu sich genommen hatte. Inzwischen war es Nachmittag.
„Es ist einfach bezaubernd“, bekannte sie ehrlich.
„Warum dann der bekümmerte Blick?“
Kat versteifte sich. War dieser Mann denn völlig instinkt- und gefühllos? Oder besaß auch er diese praktische Fähigkeit vieler seiner Geschlechtsgenossen, unbequeme Wahrheiten aus seinem Bewusstsein auszuschließen?
Hinter ihrer betont gelassenen Fassade brach Kat fast zusammen unter dem ständig wechselnden Ansturm widerstreitender Emotionen. Carlos hingegen war offenbar wirklich so ruhig und unberührt von Zweifeln und Unsicherheiten ihre Zukunft betreffend, wie es den äußeren Anschein hatte.
Beneidenswert! dachte sie in der einen Sekunde … Mistkerl! in der nächsten.
„Ach, es ist nur alles ein bisschen viel auf einmal“, sagte sie laut. „Die Neuigkeit mit dem Baby, die spontane Reise hierher. Dann die Frage, was wir den Leuten sagen sollen, und wann …“
Wenn jetzt keine adäquate Reaktion von ihm kam …
Carlos schaute in ihre blauen Augen, sah die Anspannung in ihrem Blick und fragte sich, ob sie irgendwann wieder verschwinden würde. Er sehnte sich nach der strahlenden Kat zurück, die ihn neckte und wie Wachs in der Sonne schmolz, wenn sie in seinen Armen lag.
„Wir werden gar nichts unternehmen, solange du dich nicht entspannt hast“, sagte er freundlich. „Das war einer der Gründe, warum ich dich ausgerechnet hierher bringen wollte.“
Zu gern hätte Kat ihn nach den anderen Beweggründen gefragt, doch das wagte sie nicht – aus Angst vor einer weiteren Enttäuschung. „Und was ist mit dir, Carlos? Was wirst du hier tun? Dich auch entspannen – oder wieder den ganzen Tag auf deinem Laptop tippen wie gewohnt?“
Hörte er da so etwas wie einen unterschwelligen Vorwurf heraus oder täuschte er sich? „Ich denke, ein wenig Erholung könnte mir auch ganz gut tun“, entgegnete er bedächtig. „Zumal es hier einen fantastischen Pool gibt, in dem ich schon länger als ein Jahr nicht mehr geschwommen bin.“
Und es gab in der Tat einen Pool ! Kat blinzelte ungläubig, als Carlos ihr den riesigen Naturpool zeigte, dessen glitzernde Wasseroberfläche sich bis zu der Bergkette auszuweiten schien, die man in der Ferne sah.
Gleich am nächsten Morgen, nach einem späten, leichten Frühstück, schlug Carlos vor, sich in einer halben Stunde am Pool zum gemeinsamen Sonnenbaden zu treffen. Er formulierte es wie eine geschäftliche Verabredung, aber für Kat hatte seine Aufforderung – oder besser Einladung – etwas ungeheuer Intimes. Schon weil man sich am Pool nicht in offizieller Festgarderobe traf, sondern zumeist mit kaum etwas am Leib …
Die erste Nacht auf der Hazienda hatten sie in getrennten Schlafzimmern verbracht. Natürlich! Schließlich war Carlos ja nicht mehr an ihr interessiert. Zumindest nicht auf diese Weise. Sonst hätte er sie doch bestimmt irgendwann berührt, und wenn auch nur wie zufällig. Aber es hatte keine kurze, tröstende Umarmung geben, als Kat ihm von dem Baby erzählt
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